Kapitel 1 🍀

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Ganz langsam öffnete ich meine Augen. Keine Ahnung, wie lange ich bewusstlos war oder was passiert ist. Aber ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mehrere Meter tief gefallen bin. Das war aber auch schon alles. Jegliches Bild davor war ein einziges schwarzes Nichts.
Ich rappelte mich vom kalten Boden auf und sah mich um. Meine Beine schmerzten stark. Ich konnte mich kaum aufrecht halten.
Was war dies nur für ein Ort? Es kam mir so vor, als wäre ich in einer vollkommen fremden Welt. Eine Welt, in die ich nicht gehörte. Um mich herum roch es nach frischem Gras. Ich sah nach oben in den Himmel. Die Sonne schien auf mich herab und schenkte mir Wärme. Es kam mir vor wie ein Traum. Ein Traum, aus dem ich einfach gerissen wurde. Ich stützte mich an einem Baum ab und atmete schwer. Mein Herz raste wie wild. Doch bevor ich mich um meine Gesundheit kümmern konnte, musste ich Hilfe suchen. Ich wusste nicht, wo ich war und alleine würde ich nicht zurecht kommen.
In der Ferne sah ich Lichter brennen. Mit meinen letzten Kräften bewegte ich mich darauf zu. Dabei bemerkte ich einen Druck auf meinen Ohren. Als hätte ich etwas im Gehörgang. Doch als ich dies prüfen wollte, stellte ich nichts fest. Mein Gehörgang war frei. Dann lag es vielleicht nur daran, dass ich höllische Kopfschmerzen hatte. Meine Beine bewegten sich weiter auf das Licht zu. Es schien nicht zu weit weg zu sein. Dennoch legte ich einen Gang zu. Nach einiger Zeit kamen mir dann Menschen entgegen. Sie sahen mich an, als wäre ich irgendeine merkwürdige Attraktion in einem Zirkus. Als sich die Menge schließlich vergrößerte, blieb ich stehen und bekam Panik. Um mich herum standen jetzt so viele Menschen. Sie starrten mich an, richteten Geräte auf mich. Ein Gewitter von Blitzlichtern stürzte herab. Der Schwarm von Menschen wurde immer größer. Sie beglotzten mich, tuschelten miteinander und das Blitzlichtgewitter wurde immer heller. Voller Angst kauerte ich mich zusammen und verdeckte meine Augen. "Bitte hört auf damit.", wimmerte ich. Doch niemand schien mich zu hören. Sie begafften mich weiter mit ihren blitzenden Kisten. Meine Panik wurde immer schlimmer. Mein Körper zitterte wie verrückt und ich fing an zu weinen. Auch die Geräusche wurden immer lauter. Als ich dachte, dass es vorbei mit mir wäre, packte mich jemand am Handgelenk und zog mich vom Boden auf. "Komm mit. Ich bringe dich in Sicherheit.", sagte eine Stimme. Weich und hell. Wie die Stimme eines Engels. War ich etwa im Himmel? Ich sah zu der Person. Dieser Junge rannte mit mir von der Menschenmenge weg und überquerte die Straße. Ich humpelte neben ihm her, da ich keine Kraft mehr in den Beinen hatte. Auch war mir schwindelig und übel. Ich drehte mich noch einmal um und sah die Menge an Menschen hinter mir, die mir nachschaute und tuschelte. Was war nur los mit mir?

Schließlich war ich mit dem fremden Jungen weit genug von der Menge weg. Er setzte mich auf einer Bank in einem Park ab. Mein Kopf schien sich immer noch im Kreis zu drehen, als würde ich vor einer Ohnmacht stehen. "Achtung. Bleib hier. Kipp jetzt nicht um.", sagte die Stimme des Jungen. Ich konnte nur die Umrisse seines Gesichtes sehen. Doch seine Stimme konnte ich glasklar hören. Sie war ruhig und sanft wie der Klang eines Klaviers. "Wer ... wer bist du?", murmelte ich. "Keine Angst. Ich will dir nicht wehtun. Mein Name ist Hyunjin. Ich habe dich aus der Menschenmenge rausgezogen. Du hast scheinbar eine Panikattacke erlitten und bist beinahe ohnmächtig geworden. Ich möchte dir nur helfen. Wie ist denn dein Name?" Ich fragte mich im Ernst, ob ich diesem Menschen vertrauen konnte. Er kannte mich doch gar nicht und ich kannte ihn auch nicht. Zögernd antwortete ich: "Ich ... bin Felix." Der Junge lächelte mich an. "Freut mich. Was hast du eigentlich in der Menge gemacht?" "Das ... weiß ich nicht. Ich bin ... hier wach geworden und dann habe ich diese ganzen Leute gesehen." Meine Hände zitterten immer noch wie verrückt. Was war hier nur los? "Du stehst immer noch unter Schock. Komm. Wir gehen ein Stück und dann lade zum Kaffee ein." "Oh. Das ist lieb von dir. Vielen Dank."
Hyunjin half mir auf und wir liefen nebeneinander her. Ich nahm ein paar Schritte Abstand von ihm, da ich ihn ja nicht kannte. Doch etwas sagte mir, dass ich ihm vertrauen konnte. "Wieso hast du mir eigentlich geholfen?", fragte ich. Hyunjin kickte einen Stein vor sich her. "Du sahst aus, als würdest du Hilfe brauchen. Ich habe gar nicht erst nachgedacht und bin sofort auf dich zugegangen. Aber du musst dich dafür nicht revangieren. Ich helfe gerne." Ich spürte, dass Hyunjin eine freundliche Aura hatte. "Aber was hast du da in der Menschenmenge eigentlich gemacht?" Ein Seufzer verließ meine Lippen. "Wenn ich das nur wüsste. Es kommt mir so vor, als hätte ich etwas Wichtiges vergessen. So sehr ich mich auch anstrenge, ich kann mich nicht erinnern." Der noch fremde Junge lächelte. "Immerhin weißt du, wie du heißt. Das ist doch schon gut. Dann muss ich mir keine Sorgen machen und dich eventuell noch zum Arzt bringen."
Was in aller Welt ist ein Arzt? Das Wort habe ich noch nie in meinem Leben gehört. Doch ich wollte Hyunjin damit nicht noch auf die Nerven gehen oder zur Last fallen.
Hyunjin führte die Unterhaltung fort: "Wenn du dich nicht erinnerst, was du dort auf dem Platz gemacht hast, weißt du denn, wo du herkommst? Ich komme aus Seoul. In dieser Stadt sind wir auch gerade." Mein Blick wanderte an den Häusern entlang. So sehr ich mich auch anstrengte, ich hatte keine Erinnerungen an meine Vergangenheit. "Zu meinem Bedauern weiß ich gar nichts mehr. Alles, woran ich mich erinnere ist mein Name, mein Alter und dass ich auf diesem Marktplatz wach geworden bin. Und dann habe ich auch schon dich getroffen. Man könnte auch sagen, dass du im Augenblick meine einzige Erinnerung bist."
"Okay. Hast du ein Telefon? Dann kann ich dir meine Nummer geben." Ich sah Hyunjin an. "Nein. Nicht, .... dass ich wüsste. Aber schreib deine Nummer doch einfach auf meinen Unterarm." Ich zog den Ärmel meines Pullis hoch, damit Hyunjin darauf schreiben kann. Er schaute erst sehr verwirrt, doch lächelte dann. "Gut. Dann mach ich es so." Er zog einen Stift aus seiner Jackentasche und schrieb seine Nummer auf meinen Unterarm.
"So. Bitteschön. Weißt du denn überhaupt, wo du heute Nacht schlafen kannst?" Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Ich wollte Hyunjin nicht zur Last fallen, also zog ich mir einfach was aus dem Ärmel. "Ich suche mir schon was. Mach dir darum keine Sorgen. Aber ... ich würde mich freuen, dich die Tage wieder zu treffen." "Okay. Ich kümmere mich dann darum, dass du ein Handy bekommst, wenn wir uns wiedersehen. Vielleicht können wir zwei was essen oder trinken gehen. Wo ich es gerade anspreche. Hast du Hunger? Ich werde dich auch einladen."
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich den ganzen Tag noch nichts zu Essen hatte. Auch mein Magen schien das zu merken, denn er brummte so laut, dass Hyunjin es hören konnte.
"Wo willst du denn essen gehen?", fragte ich. Hyunjin deutete auf ein chinesisches Restaurant. "Lass uns dort was essen, in Ordnung?" Ich nickte zustimmend und folgte ihm.

(words: 1216)

Deadly Destiny {HyunLix}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt