38| i am always right.

3.1K 108 9
                                    

[ich habe immer recht.]

»Darling, hey!«

Geschickt wich ich der Hand von Jayden, die nach meinem Arm griff aus und schlängelte mich durch die schwere Hintertür nach draußen an die frische Luft. Es gab eine Menge an Tatsachen und Geschehnissen, die ich erst verarbeiten musste.

Die Hitze in Venedig war unerträglich ohne Wind. Meine Stirn überzog direkt ein dünner Schweißfilm.

»Maya!«

Abrupt blieb ich stehen und drehte mich um. Jayden der knapp hinter mir war, legte eine Vollbremsung ein, um zu verhindern in mich hinein zu rennen.

»Carina. Mein echter Name lautet: Carina. Himmel! Ich lüge nur. Ich bin in so was eine Maschine und dich scheint es noch nicht mal ansatzweise zu kümmern! Warum ist es dir egal, dass ich dich am laufenden Band ständig anlüge?«, fuhr es mehr ungewollt als gewollt aus mir heraus.

Jaydens Augen weiteten sich bei meinem Ausbruch. Unabsichtlich war er in ein Fettnäpfchen von mir getreten, – von dem ich bis eben noch gar nicht wusste, das es mich fürchterlich störte.

»Okaaay.«, setzte Jayden langsam an und umschloss mit seinen großen Händen sanft meine Oberarme. »Carina. Darling. Es stört mich, wenn ich ehrlich bin, schon das du mich bei so vielen Dingen angelogen hast, aber gleichzeitig darf ich als derjenige, der dich entführt hat, auch nicht zu sehr an gute Moral appellieren. Im Endeffekt wären wir vermutlich gar nicht hier wärst du nicht du und ich nicht ich.« Seine warmen Hände fuhren meine Arme hinauf zu meinem Kiefer. »Dazu haben wir ab heute noch genug Zeit, uns komplett nackt und ohne lästige Lügen kennenzulernen.«

Jaydens Finger fuhren mit sanften Druck über meinen Kiefer zu meinem leicht geöffneten Mund. »Ist das komplette Nackt-Sein eine Metapher dafür, unsere Seelen vollständig zu entblößen und uns gegenseitig unserer dunkelsten Gedanken anzuvertrauen oder gegenseitig nackt all unsere Lügen aufzudecken?«

»Das überlegen wir uns spontan. Einverstanden?«

Ein leichtes Grinsen schlich sich auf meine Lippen, das sich bei Jayden spiegelte. »Einverstanden, Brummbär.«

»Darling.« Er beugte sich zu mir herunter und streifte spielerisch meine Lippen.

»Brummbär.«, flüsterte ich und lächelte ihn glücklich an.

»Halt einfach die Klappe!«

Ich setzte an, zu protestieren, da nahmen mich schon die weichen Lippen von Jayden in Beschlag. Er lächelte ebenfalls in den Kuss, das spürte ich. Meine Hände verschränkten sich in seinem Nacken und drückten ihn näher an meinen heißen Körper.

Die Welt um uns verblasste, den einzigen bunten Farbklecks bildeten Jayden und ich aus einem Meer aus Grau.

***

Sam, Jayden und ich waren noch am selben Nachmittag abgereist und hatten die letzten zwei Tage in Rom verbracht. In Rom hatte ich mich mit 000 in Kontakt gesetzt.

Offiziell war ich gefeuert geworden wegen meiner Beihilfe für die Freilassung von Jayden Bourne. Inoffiziell war ich noch immer Agentin im Außendienst des MI9. Keiner wollte es verantworten, dass dem MI9 nach der Verhandlung die beste Agentin flöten ging. Ein Vorteil meiner hervorragenden Arbeit, den ich gerne in Anspruch nahm.

Sam wollte natürlich wissen, wie ich an seine Nummer gekommen bin, obwohl ich zu der Zeit unter Beobachtung vom Secret Service stand. Ich hatte daraufhin nur gefragt, ob ihn überhaupt noch etwas in Bezug auf mich wunderte. Was er verneinte. Außerdem war es sehr unspektakulär, dass ich mir seine Nummer schlicht gemerkt hatte.

Jayden überlegte dagegen seit dem Tag der Verhandlung seinen Posten als gefährlichsten Mann Amerikas aufzugeben und jemanden anderem zu überlassen. Die Frage war, nur wer dafür in Frage kommen wurde. Er hatte mir nach einer langen Pause erzählt, dass seine ältere Schwester vor ein paar Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen war und er keine weiteren Geschwister hatte.

»Sie hätte dich bestimmt unfassbar cool gefunden.« »Echt? Ich bin tödlich, aber nicht cool.«

Ein Kuss auf meinem Scheitel und Sam's plötzliches Auftauchen in meinem Blickfeld rissen mich aus meinen Gedanken. »Ich habe meinen Nachfolger, Darling.«, verkündigte Jayden, legte seinen Arm um meine Schulter und setzte sich auf den Stuhl neben mich.

Sam nickt mir knapp zu und winkte dann den Kellner an unseren kleinen Tisch in der untergehenden Sonne.

»Und?«, hakte ich interessiert nach und drehte mein Gesicht Jayden zu.

»Sam.«

Meine Augenbrauen rutschten nach oben. »Sam?«

»Sam, die überdurchschnittlich attraktive zweite Hand von deinem Freund.«, fuhr benannter dazwischen und zwinkerte mir provokant zu.

»Ach so. Du meinst diesen total eingebildet und von sich selbst eingenommen Typen, der dir immer wie ein treu doofer Hund hinter her dackelt?« Die Frage war zwar an Jayden gerichtet, aber ich schaute dabei Sam direkt in die dunklen Augen.

Er antwortet mit einem gefälschten Lächeln und setzte sich dann an einen freien Tisch im Schatten.

»Er bekommt von mir ein Startkapital und den Rest muss er dann von alleine schaffen.«, sagte Jayden und ignorierte gekonnt den Wortwechsel zwischen Sam und mir.

»Warum ich, Jayden?«, setzte ich zu der Frage, an die mir schon seit längerer Zeit im Kopf herum schwirrte.

Jayden schenkte mir einen kurzen Seitenblick, ehe er seinen Arm von meiner Schulter nahm und sich zu mir drehte. »War ja klar, dass du das irgendwann wissen willst.«

»Also?«

»Ich wollte dich!«

Meine Augenbrauen rutschten erneut nach oben. »Du wolltest mich?«

»Ich wollte dich und keine andere!«, erwiderte er und grinste mich verschmitzt an, ehe er von mir abwendete.

Mehr würde ich nicht bekommen, oder?, fragte ich mich selbst still in meinen Gedanken.

Ich lehnte mich grinsend zu ihm und drückte ihm zärtlich meine Lippen auf seine stoppelige Wange. Seit seiner Festnahme vom MI9 hatte er sich nicht mehr rasiert und auch wenn es ungewohnt war, einen Bart an ihm zu sehen, so mochte ich auch diese unbeschwerte Seite an ihm.

»Ich denke, wir hatten einen gelungen Abstecher in Rom.«, setzte er an und wandt mir sein Gesicht zu. »Darling, mach ein Foto das halt länger.«

Lächelnd rollte ich mit meinen Augen. »Warum? Du bleibst doch so oder so an meiner Seite.«

»Hmm.«, er tippte sich an sein Kinn und tat als würde er über meine Worte genaustens nachdenken müssen. »Du hast recht. Ein Foto von mir wird der Realität ja auch nicht gerecht.«

»Ich habe immer recht!«, gab ich gespielt entrüstet von mir.

Jayden lächelte mich breit an, ehe er sich vor beugte und meiner Nasenspitze einen zärtlichen Kuss gab.

Sie und ErWhere stories live. Discover now