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Mein Blick haftete in dem schwarzen Zwischenraum der roten Zahlen des Weckers, der auf dem kleinem Nachttischs stand. 16:45 Uhr zeigte der Wecker blinkend an.

»17 Uhr an der Rezeption. Mein Hotel ist nicht weit entfernt.« Sams tiefe Stimme hallte in meinen Gedanken wieder. »Maya ... mach keine Dummheiten mit dem Zeug! Ich vertraue dir nicht ... nicht wirklich.«

»Warum überlässt du mir dann diese wichtigen Dokumente?«

»Weil ... Scheiße! Weil ich darauf vertraute, dass dir Jayden mehr als dein Job und die Mission bedeute. Dumm, ich weiß. Hoffentlich bedeutet diese Aussage mit den drei Küssen was Großes.«

»Du wirst es bald erfahren.« Hatte ich schlicht erwiderte und dann aufgelegt.

Mich wunderte es nicht im Geringsten, dass er mir kein Vertrauen entgegenbrachte. Warums sollte er auch? Es gab nichts in der Vergangenheit, das ihm hätte zeigen können, das er mir vertrauen könnte.

Selbst schuld, brummte mein Teufel leise.

Lass sie, zischte der Himmelsbote und rammte ihren Ellbogen in die Rippen des Teufels. Du solltest deinen Plan umsetzen, Maya.

16:54 Uhr blinkte mir entgegen. Langsam ließ ich meinen Hals kreisen, bis es knackste.

Showtime!, schmunzelnd rieb sich der Teufel in meinem Kopf die Hände und erhob sich von dem dunkellila Sofa.

In dem mittelgroßen, luxuriösen Badezimmer angekommen, öffnete ich meinen Bademantel, der schon seit einer kleinen Ewigkeit meinen Körper umschmeichelte. Zum Vorschein kam der nachtschwarze Bikini, den ich schon vor Jahren mal in meinen Notfall Koffer gepackt hatte.

Ich hätte nie gedacht, mein Notfall Koffer wurde jemals zum Einsatz kommen, dachte ich, als ich unter die Dusche stieg und das Wasser anließ. Wenige Sekunden später war ich komplett nass und schraubte mit meinen Händen geschickt den Duschkopf ab. Einen kurzen, gespielten Schrei und einem geräuschvollen Knall daraufhin lag der Duschkopf mit einer kleinen Kerbe in den weißen Fliesen vor meinen Füßen.

»Miss Swan, alles okay bei Ihnen?«, begleitet von einer Anzahl von Klopfen drang Andrés Stimme in meine Ohren.

Zügig trocknete ich meine Haare ab und schlüpfe in meinen Bademantel.

»Miss Swan, was war das für ein Geräusch? Alles in Ordnung bei Ihnen?« André stand angespannt in voller Größe vor meiner Zimmertür und lugt aufmerksam in das Zimmer, ehe ihm meine nasse Erscheinung ins Auge fiel.

»Mir ist der Duschkopf beinah auf den Kopf gefallen.«, sagte ich ruhig und wischte mir über meine feuchte Stirn. »Ich würde das gerne bei der Rezeption melden.«

»Sie haben doch ein Telefon in Ihrem Zimmer.«, entgegnete er und versuchte erneut in mein Zimmer zu schauen.

Nach einem kurzen Räuspern stellte ich mich vor ihn und stierte in seine dunklen Augen. »Genau. Eigentlich schon, aber das MI9 hat es allem Anschein nach aus Sicherheitsgründen aus meinem Zimmer entfernen lassen.« Unter meinen felsenfesten Blick spürte ich, wie André immer kleiner wurde. »Melden Sie die Situation bitte unten an der Rezeption. Ich würde gerne an dem Tag meiner Anhörung frisch geduscht im Hauptquartier erscheinen.«

Der junge Mann nickte kurz und machte sich dann hoffentlich lang genug auf dem Weg zur Rezeption. Als er aus meinem Blickfeld war, drehte ich auf meinen Fersen um und hetzte zu dem schwarzen Kabeltelefon.

»Zimmer 442.«, teilte ich Sam, der seit mehreren Minuten am Ende der Leitung hing mit.

Ich bekam als Antwort das Piepen nach seinem Auflegen. Nicht mal eine Minute später klopfte es an meiner Tür. Bitte kein André. Ein gefälschtes Lächeln breitete sich auf meinen Mund aus, falls die Person auf der anderen Seite der Tür nicht derjenige war, den ich mir erhoffte. Bitte! Ich drückte die Klinke herunter und meine Maske fiel mit dem Anblick von Sams steinharter Miene.

»Maya.«

»Sam.«

»Mach kein Scheiß!« Er zog einen braunen Umschlag aus seiner Windjacke.

Beinah wäre mir ein ›niemals‹ entflohen. Das, dass die nächste Lüge gewesen wäre, war sogar meinem innerlichen Engel bis auf die Knochen bewusst.

»Danke.«, entwich es mir trotzdem leise, als ich den dicken Umschlag entgegennahm.

»Ich hoffe, dir ist bewusst, dass man nicht mit der Mafia spielt.«

Ich rollte mit meinen Augen. »Ich hoffe, dir ist bewusst, das du gerade mit Maya Swan redest und sie ganz genau weiß, mit wem sie spielt und mit wem nicht!«, wendete ich gelangweilt ein und schlug ihm dann die Tür vor der Nase zu.

Leg dich nicht mit der Mafia an. Blah, blah, Blah! Langweiliger ging es echt nicht.

Mit der Mafia hast du vielleicht doch ein wenig über die Stränge geschlagen, kritisierte der Himmelsbote meine Gedanken.

Sie kann damit schon umgehen. Keine Panik auf dem sinkenden Schiff, warf der Dämon locker ein.

Ein erneutes Klopfen riss mich aus meinem überholten Vorhaben, alle Unterlagen auf meinem Bett auszubreiten. Ah, scheiße! Eilig verstaute ich den Umschlag unter der Matratze und öffnete die Tür. André und ein weiterer Mann standen im Hotelflur.

»Miss Swan, hier ist ein Handwerker wegen der Dusche.«, informierte André mich.

Ich nahm die beiden genauer unter die Lupe und zog dann eine unzufriedene Schnute. »Komisch. Einer Ihrer Leute war gerade eben schon hier und hat die Dusche bereits repariert.«

»Das kann gar nicht sein.«, wendete der Mann mittleren Alters neben André ein.

»Wollen Sie mir sagen, ich habe einen völlig fremden in mein Zimmer gelassen? Ich dachte, Sie wären ein anschauliches Hotel in Venedig! Wie kann es dann sein, dass fremde Personen Zugang zu den Zimmern haben?« Ich hätte das ganze noch weiter ausführen können, doch konnte ich meinem Gegenüber dabei zusehen, wie er bei jedem Wort blasser um die Sommersprossen gesprenkelte Nase wurde.

»Wir werden Ihnen eine Entschädigung zukomme lassen, Miss Swan. Wollen Sie ihr Zimmer wechseln?«, fragte mich der Handwerker aufrichtig.

»Nein. Danke für das Angebot.«, erwiderte ich und schlug endgültig für heute die Tür zu meinem Zimmer zu und schloss doppelt ab.

Sie und ErWo Geschichten leben. Entdecke jetzt