Worte in der Kälte

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Remus Sicht

Mir kam es so vor, als würden die Wochen dahin rasen. Die Tage verschwommen ineinander. Jeder Tag war gleich. Jedes Wochenende war gleich. Die Zeit bis zur Bekanntgabe der Verlobung von Bella und Lestrange wurde immer knapper. Wäre sie erst einmal ausgesprochen, war es sicher, dass die beiden den Bund der Ehe eingehen würden. Danach konnte sie ihre Entscheidung nicht mehr ändern. Höchste Zeit, meinen Plan in die Tat umzuwandeln. Die Weihnachtsferien begannen in zwei Tagen und wenn ich bis dahin nichts unternahm, war es zu spät. Die Bäume hatten schon lange keine Blätter mehr und es hatte geschneit. Hogwarts war zu einer verträumten Schneelandschaft geworden. Am ersten Schneetag waren alle Schüler herausgerannt und hatten Schneezauberer gebaut und Schneeengel gemacht. An solchen Tagen vergaßen wir, dass draußen der Krieg wartete. Dass wir in ein paar Monaten die sicheren Mauern Hogwarts, verlassen mussten. Trotzdem freuten sich die meisten Bewohner des Schlosses auf die Ferien, Weihnachten und Silvester. Für mich würden es bloß zwei endlose lange Wochen alleine im Schloss werden. James hatte mich zwar ebenfalls zu sich nach Hause eingeladen, aber ich hatte dankend abgelehnt. Seine Eltern wollten sicher nicht einen Werwolf bei sich im Haus haben, wo sie doch schon Sirius aufgenommen hatten. Lily würde James zu Silvester besuchen. Niemand von meinen Freunden würde über Weihnachten im Schloss bleiben. Das bedeutete, dass ich sehr viel Zeit in der Bibliothek verbringen würde.

Ich betrat das Innere des Schlosses und atmete die warme Luft ein. Der Weihnachtsbaum wurde letzte Woche aufgestellt und geschmückt. Hier schrie alles förmlich nach weihnachtlicher Stimmung, doch in mir wollte die Vorfreude einfach nicht aufkommen. Die Hauselfen arbeiteten schon fleißig an dem großen Festessen. Ich hatte noch kein einziges Geschenk besorgt und hatte auch nicht vor welche zu kaufen. Ich würde hier sowieso alleine feiern. Feiern konnte man das nicht nennen. Eine Person ging mir die ganze Zeit nicht aus dem Kopf. Eine gewisse Person, mit schwarzen Locken und der Lieblingsfarbe dunkelgrün. War das überhaupt ihre Lieblingsfarbe oder war das nur ein weiteres Vorurteil von mir? Ich sollte sie einfach mal fragen.

Ich musste es versuchen. Ich musste es noch ein weiteres Mal versuchen, sie davon zu überzeugen, diese Schlange nicht zu heiraten. Selbst hatte ich nichts zu verlieren, aber sie eine Menge. Sie sollte sich das nicht antun müssen. Ich musste Bellatrix finden. Ich musste sie jetzt finden und ich sollte ihr außerdem sagen, was ich für sie empfand. Seit dem Kuss auf dem Ball hatte sie kein einziges Wort mit mir gewechselt. Und wenn ich ehrlich war, kam es mir vor, als würde sie es auch nie wieder tun. Immer, wenn ich sie anguckte, dann wendete sie sich von mir ab, warf mir einen genervten Blick zu oder zischte "Immer diese Gryffindors." Lily hatte recht gehabt. Ich hätte mir keine Hoffnungen machen dürfen. Fieberhaft durchkämmte ich das gesamte Schloss auf der Suche nach ihr. Ich wurde immer verzweifelter, bis ich mich einfach auf einer Treppenstufe niederließ. Die Treppe wechselte ihre Richtung. Ich durfte jetzt nicht aufgeben. Ich stand wieder auf und lief die restlichen Stufen nach oben, die zum Astronomieturm führten. 

Es war kalt und es hatte wieder angefangen zu schneien. Meine Zielperson war alleine und stand am Geländer. Aufgrund meiner lauten Schritte drehte sie sich zu mir um. Sie sah durcheinander aus. Bella rannte auf mich zu und fiel mir in die Arme. Ich hob sie leicht an und drehte mich mit ihr auf der Stelle. Mich durchflute eine Welle von Glück. So musste sich der Felix Felices anfühlen. "Ich habe dich so vermisst", flüsterte sie mir ins Ohr. Ich setzte sie wieder auf dem Boden ab und trat einen Schritt zurück, damit ich sie genau betrachten konnte. Sie trug anstatt ihrer Schulkleidung Freizeitkleidung, sprich einen grauen Pullover und eine Jeans Hose. "Was machst du hier? Und ist das nicht ein bisschen kalt, was du da anhast?" "Wärmezauber. Ich habe das alles nicht mehr ausgehalten. Ich musste von Lestrange Abstand bekommen. Wie ich das später mit ihm aushalten soll, ist mir ein Rätsel." Betrübt senkte ich meinen Blick auf den Boden.

"Du müsstest es nicht aushalten, wenn du einfach Nein sagen würdest." "Ich weiß. Weißt du noch, der Abend des Balls?" Natürlich erinnerte ich mich noch genau daran. "Ich muss jeden Tag daran denken." Ich blickte vom Boden wieder auf und lächelte sie an. "Ich auch." Und plötzlich sagte niemand mehr etwas. Sie kam auf mich zu und ich auf sie. "Das hätten wir schon vor langer Zeit tun sollen." "Wie immer sagst du zu viel." Ihre Lippen berührten meine und augenblicklich verschob sich wieder alles um mich herum. Es fühlte sich wunderbar an. Mein Gehirn schaltete sich vollständig aus, ich vergaß, dass ich ein Werwolf war, dass sie einem anderen versprochen war, dass uns jeder sehen könnte, dass es falsch war. Ich stoppte und lehnte meine Stirn an ihrer an. "Es ist falsch." "Kann sich etwas Falsches denn so gut anfühlen?" Sie hauchte ihr erneut einen kleinen Kuss auf die Lippen. Ich verstärkte meine Umarmung. 

"Du weißt was ich meine. Bin ich einfach nur eine Art Ersatz für dich, wenn es mit Lestrange mal nicht so gut läuft?" "Du bist so viel mehr für mich, als er es je sein könnte." Überrumpelt schluckte ich. "Trotzdem änderst du nichts an deiner Entscheidung." "Wir haben doch schon mehrfach darüber diskutiert. Ich würde von meiner Familie verstoßen werden." "Du hast doch mich." Eine Träne stahl sich ihre Wange herunter. Ich gab ihr einen weiteren Kuss. Dieser schmeckte salzig, da eine weitere Träne schon ihre Lippen erreicht hatte. "Süße, bitte hör auf zu weinen." Sie schniefte: "Es ist einfach alles so schrecklich." Ich löste meine Stirn von ihrer und wischte vorsichtig ihre Tränen weg. "Du bist nicht der für mich, mit dem ich hinter der Ecke im Gang knutsche. Du bist der für mich, der für immer bleiben könnte. Der eine." Und in diesem Moment wusste ich es. Bellatrix Black war die Frau meines Lebens. Ich hatte mich über beide Ohren in sie verliebt.

Die Todesserin und IchWhere stories live. Discover now