Rote Abdrücke

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Bellatrix Sicht

Eingeengt zwischen meiner Schwester und Malfoy saß ich schweren Herzens im Hogwarts Express Richtung London. Wie gerne würde ich am Fenster sitzen, um die wunderschöne Landschaft Englands genießen zu können. In unserem Abteil war es so heiß, dass mein Gesicht rot glühen musste. Gepresst atmete ich aus, als ich versuchte mir ein bisschen Platz mit meinem Ellenbogen zu erkämpfen. Lucius zischte: "Lass das." Innerlich fluchend gab ich es auf und ließ meinen Kopf nach hinten gegen die Sitzbank fallen. Ich konnte Lestranges Blick auf mir spüren. Immer, wenn er mich beobachtete, kribbelte es unangenehm auf meiner Haut. Am liebsten würde ich ihm die Augen ausstechen, nur damit er aufhörte mich zu mustern. Ich konnte mir ganz genau vorstellen, was er gerade dachte. Er hatte mich schon des Öfteren belehrt, dass ich mich in der Öffentlichkeit nicht gehen, lassen sollte. Ihm gefiel es nicht, dass seine Zukünftige mit krummen Rücken und geschlossenen Augen auf der Sitzbank lümmelte. 

Bei ihm ging es immer nur um seinen Ruf, Disziplin und Ansehen in der Zauberergemeinschaft. Er war überall stets um seine Haltung bemüht, um kein negatives Aufsehen zu verursachen. Er gehörte zu den mächtigsten Reinblutfamilien und da war es Gesetz sich mustergültig aufzuführen. Den Fakt, dass wir nur mit unseren Freunden in dem Abteil saßen und niemand uns beobachte, minderte seine Versuche nicht, mich zu disziplinieren. Die ganze Zeit ließ er es mich spüren, dass er mein Verhalten nicht billigte, aber ich war nicht kleinzukriegen.

Um ihn zusätzlich zu provozieren, legte ich meine Füße neben ihn auf die gegenüberliegende Bank. Blitzschnell schob er meine Beine von seiner Sitzbank und sprang auf. "Was fällt dir eigentlich ein dich so aufzuführen! Setz dich gefälligst ordentlich hin, oder du bekommst meine Wut zu spüren." Ich setze mich aufrecht hin und funkelte ihn zornig an: "Wäre ja nicht das erste Mal." Er sprang auf und sah mich ärgerlich an: "Bellatrix, ich warne dich, treib es nicht zu weit. Gerade du solltest wissen, dass man es sich mit mir nicht verscherzen sollte." Er hatte recht. Ich hatte seine Wutausbrüche schon mehrmals am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Trotzig reckte ich mein Kinn in die Höhe, beließ es aber dabei und erwiderte nichts mehr. Schnaubend ließ sich Rudolphus wieder auf die Bank genau mir gegenüber sinken und bald darauf verschwand sein Kopf hinter der neusten Ausgabe des Tagespropheten. Gelangweilt starrte ich die Wand an und hoffte, dass die Fahrt schnell vorübergehen würde. 

Meine Gedanken wanderten zu Remus. Ich war mir ziemlich sicher, dass er den Zug nicht rechtzeitig erreicht, hatte. Seine Sachen waren auch noch nicht gepackt gewesen. Ich war ganz schön aus der Puste gewesen, als ich mit meinen Koffern den Hogwarts Express gerade noch so erwischt hatte. Doch komplett sicher war ich mir nicht. Zum Glück hatte niemand von meinen Freunden gefragte, warum ich so spät in Hogsmeade angekommen war, weil mir bestimmt keine plausible Ausrede eingefallen wäre.

Ich stand auf und wollte gerade die Tür aufschieben, als eine eiskalte Hand meinen Arm umschloss. "Was denkst du, was du machst?" Ich fauchte Rod an: "Ist es jetzt etwa schon verboten frische Luft schnappen zu dürfen?" Widerwillig ließ er meinen Arm los und ich flüchtete auf den Gang hinaus. Ich streifte im Zug umher ohne ein bestimmtes Ziel, doch es zog mich irgendwie zu den Abteilen de Gryffindors. Unauffällig warf ich in jedes Abteil kurz einen Blick und ich hatte recht gehabt, in keinem der Abteile konnte ich Remus ausmachen. Er saß jetzt die Ferien im Schloss fest und langweilte sich zu Tode. Ich wünschte, ich wäre bei ihm und wir könnten Tag und Nacht beieinander sein. Seine pure Anwesenheit ließ mich in höheren Sphären schweben und mich meine Zukunft vergessen. 

Ich drehte um und war auf dem Weg zurück zu unserem Abteil, als ich Rudolphus am Ende des Ganges entdeckte. Ich straffte meine Schultern und versuchte eine selbstbewusste Maske aufzusetzen. Doch innerlich zitterte ich vor Angst. Wütend stapfte er auf mich zu und versuchte erst gar nicht zu verstecken, wie erbost er war. "Was machst du bei den Gryffindor Abteilen?" Ich schwieg ihn an und blickte ihm unbekümmert direkt in seine Augen, welche einen leichten roten Schimmer aufwiesen. Er packte mich und drückte mich mit dem Rücken an die Wand. "Ich habe dich was gefragt. Antworte!", presste er gereizt hervor. Ich musste aufpassen den Bogen nicht zu überspannen. Fieberhaft überlegte ich, was als Ausrede geeignet wäre. Rod umfasste mit seiner Hand meinen Hals und drückte erbarmungslos zu. "Willst du mich zum Narren halten? Sprich endlich oder du wirst mich kennenlernen!" Ich bekam keine Luft und keuchte: "Ich hab mir nur ein bisschen die Beine vertreten." In meiner Brust machte sich ein Engegefühl breit. Würde Lestrange nicht bald seine Hand von meinem Hals nehmen, würde ich sterben. Panik durchflutete meinen Körper und ich versuchte verzweifelt seine Hand von meinem Hals zu zerren, doch sein Würgegriff verstärkte sich noch mehr. Eine Träne lief meine Wange herunter.

Mit meiner Hand verpasste ich ihm einen gewaltigen Schlag auf die rechte Wange. Doch er zuckte nicht mit der Wimper und starrte weiter auf mich herunter. Mein Gesicht musste schon blau angelaufen sein, denn er nahm endlich seine Hand von meinem Hals und ließ sie geräuschvoll knacken. Ich atmete erleichtert auf. Er hatte mich schon öfter gewürgt, aber noch nie hatte ich um mein Leben gebannt. Er presste mich weiter an die Wand. "Merk dir eins kleines Vögelchen, man spielt nicht mit einem Lestrange. Wenn du noch einmal versuchst meine Autorität vor den anderen zu untergraben, wird dir noch schlimmeres widerfahren, als gerade eben." Er lächelte mich kalt und berechnend an: "Und das willst du sicherlich nicht. Hab ich recht, Vögelchen?" Gehorsam nickte ich. Anpassung war die beste Verteidigung. Kalt und grausam drückte er mir einen Kuss auf den Mund, wandte sich ab und ging in die Richtung, aus der er gekommen war.

Ich stolperte zu den Toiletten und betrachtete sein Werk im Spiegel. Mein Hals wies rote Spuren von seiner Gewalteinwirkung auf und mein Gesicht war ganz weiß. Ich warf meine Haare nach vorne über meine Schulter in der Hoffnung wenigstens ein bisschen die dunkelroten Abdrücke zu verstecken. Ich atmete tief durch, blinzelte die aufkommenden Tränen weg und verließ die Mädchentoilette, um ebenfalls zu unserem Abteil zurückzukehren.

Die Todesserin und IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt