41.

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Lian's P.o.V.

"Das ist eine weise Entscheidung.", entgegnet die Fee besonnen und ruhig, "Ich werde dir helfen."
Diese innere Ruhe bei ihm hält mich die ganze Zeit über nervös, auch wenn die Anspannung durch das Versprechen ein bisschen abfällt. Aber das ist nur der Anfang. Ich muss Pia nicht nur finden, sondern auch da raus holen!

Leader! Ich bekomme jetzt von der Fee Hilfe. Haltet euch daher bereit, damit wir so schnell wie möglich los können, wenn wir wissen, wo meine Mate ist. Lasst zusätzlich weitere Gruppenmitgleider einfliegen. Je mehr, desto besser! Ich melde mich, wenn es wieder Neuigkeiten gibt.

Okay!, kommt es vielfach zurück und ich konzentriere mich wieder auf den bärtigen Mann vor mir. Seine roten Haare haben wirklich etwas feenhaftes an sich.
"Ich würde vorschlagen, dass wir jetzt gleich beginnen. Da ich nur die Umwelt beeinflussen kann, muss ich dir aber jetzt schon sagen, dass ich nichts weiter tun kann, als dir den Standort zu sagen und den Weg zu erleichtern.", beginnt er behutsam. Und langsam.

"Geht klar", entgegne ich nervös und warte auf den Beginn, unter dem ich mir noch gar nichts vorstellen kann. Muss er in seine Kugel schauen oder irgendetwas zaubern?

"Ich werde als körperloser Teil in dein Wesen eindringen, um über das Mate-Band zu deiner Mate zu gelangen. Anschließend werde ich dort herausgehen und auf der Suche nach Anzeichen für den Ort schauen. Wenn ich welche gefunden habe, werde ich zurückkommen. Allerdings weiß ich nicht, wie lange das dauert. Damit wäre alles erklärt. Können wir beginnen?", erläutert er sein Vorhaben bedacht. In meinen Ohren klingt soweit alles gut, aber eine Frage bleibt offen. Kann er in der Zeit meinen Körper kontrollieren? Das wäre sehr risikoreich gegenüber meinem Rudel und als zukünftiger Alpha hätte ich die Pflicht mich vorher weitreichender zu informieren...

"Was kannst du in dieser Zeit alles mit meinem Körper machen?"

"Ich kann alle Strukturen und Informationen von dir sehen, kann dich aber nicht beherrschen, falls du das glaubst. Wir stammen auch von Gestaltwandlern ab, daher ist das nicht möglich."
Konzentriert höre ich ihm zu, um später die richtige Entscheidung treffen zu können. Dafür glaube ich ihm einfach mal, eine Fee lügt doch nicht. Seine Antwort erleichtert mich ein bisschen, da er nicht so viel Einfluss hat, wie angenommen. Aber trotzdem hat er dann Zugang zu allen Rudelgeheimnissen...
Ein Grund länger zu überlegen, ist das jedoch nicht für mich. Dann ist das eben so! Hauptsache ich kann Pia befreien!

"Okay, dann können wir loslegen.", versuche ich ihm die Gemächlichkeit ein bisschen auszutreiben. Mein Blick richtet sich augenblicklich auf die Kugel, die immer heller zu strahlen beginnt. Die Stimme der Fee höre ich nur noch leise im Hintergrund: "Richte deine Konzentration bitte ganz auf die Kugel, ich nutze sie, um meine Kräfte zu bündeln."
Ich schaue weiterhin auf den leuchtenden Ball und merke, wie meine Gedankengänge immer unklarer werden. Ich glaube, spüren zu können, wie etwas Unbekanntes in mich eindringt. Aber es fühlt sich nicht gefährlich an, deswegen lasse ich es zu. Meine Gedanken scheinen aber nicht mehr so privat zu sein, wie zuvor. Jemand hört mit. Ein kurzer Schmerz lässt mich zusammenfahren, aber ich rühre mich nicht. Bestimmt gehört es dazu, weil er zwischen mir und meiner Mate ist.
Gespannt warte ich in meiner schutzlosen Umgebung ohne irgendeine Art von Druck zu verspüren. Wir machen es so schnell wie es geht, da muss man nicht noch mehr stressen!, schießt ein Gedanke mir durch den Kopf.
Es ist unverständlich für mich, weshalb ich eben noch so gestresst war.
Ja, ich will Pia unbedingt wieder zurück, aber wenn man alles kuddel-muddel und schnell macht, dann bringt einen das auch nicht weiter.

Nachdem einige Zeit vergangen ist, spüre ich abermals diesen kurzen, stechenden Schmerz. Allerdings hört er sofort wieder auf und ich bemerke, wie mein Kopf freier wird. Die Fee muss wieder draußen sein.
Das Pulsieren der Kugel tritt wieder in den Vordergrund meines Sichtfelds und ich schüttel mich einmal, um wieder in der Realität zu landen.
Sofort spüre ich den Zeitdruck, die Sorge und die Angst um Pia wieder. Wie konnte ich das eben nur ausblenden und einfach so hinnehmen? Lag es daran, dass die Fee in meinen Gedanken war? Verhält er sich darum auch so ruhig?
Ich richte meinen Blick nachdenklich auf ihn. Was er wohl jetzt alles über mich weiß? Da ist nur zu hoffen, dass ich nicht die falsche Entscheidung getroffen habe.

"Wo ist sie?", frage ich ihn drängend. Sein Gesichtausdruck verrät auf jeden Fall, dass er etwas erfahren hat. Und das ist anscheinend nicht ganz so gut. Nervös knete ich wieder unbewusst meine Hände und ziehe die Luft abgehackt ein. Wo halten die sie nur fest?
Automatisch kontrolliere ich das Mate-Band. Ist noch alles in Ordnung oder hat die Fee aus Versehen etwas beschädigt? Aber es erscheint alles ruhig. Sie schläft also noch.

"Sie befindet sich nicht weit von hier. Diese Werfledermäuse suche ich zufälligerweise.", erklärt er mit nachdrücklicher Stimmer und zeigt dabei auf eine Waldgegend auf GoogleMaps. Seine bisher so entspannte Miene verzieht sich dabei wütend und der plötzliche Hass ist bis zu mir zu spüren.
Wenn eine Fee andere sucht, dann ist das was Ernstes, denke ich beängstigt.
Das ist ganz und gar nicht gut!
"Ich werde dir helfen, deine Mate zurückzuholen. Du scheinst einer der Guten zu sein.", schließt er ab und fährt dann auf.
"Lenda, es ist einer der Anführer der Desertores!", ruft er laut durch die Wohnung, woraufhin Lenda sofort herbeigeeilt kommt. "Was?", ruft auch sie außer sich vor Unglauben. Gerade noch ahnungslos, löst der Name Erinnerungen in mir aus. Ich meine von dieser Gruppe schon einmal gehört zu haben, kann mich aber nicht mehr genau erinnern.

"Wer sind sie?", frage ich deshalb nach.

"Die Desertores sind die Abtrünnigen, wie du vielleicht schon einmal gehört hast. Sie missachten alle Gesetze der Menschenwelt, da sie die Menschheit versklaven wollen. In einem meiner letzten Fälle hatten wir bereits den Auftrag bekommen, sie zu suchen. Deshalb zogen wir auch hierher. Es war Glück, dass der Hauptverdächtigte genau jetzt bei deiner Mate war.", wandelt sich der Unglaube nun langsam zu Euphorie. Euphorie, die Täter gefunden zu haben. Bei mir stellt sich derweils aber eine ganz andere Frage. Wieso war er bei meiner Mate, wenn sie doch anscheinend gerade schläft?
Ich möchte den Gedanken am liebsten gar nicht genauer vertiefen, denn was kann ich jetzt schon ändern. Hauptsache wir können so schnell wie möglich zu ihr! Und wir bekommen Hilfe von der Fee.

Just my LunaWhere stories live. Discover now