12.

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Pia's P.o.V

Der Bus kommt jetzt endlich - übrigens sieben Minuten zu spät - und ich steige schnell ein.
Ich lasse mich auf einen freien Platz sinken, während ich auf seine Antwort warte.
Der Bus ruckelt wieder los.
Aber es kommt keine Antwort. Er sagt überhaupt nichts. Sorge kriecht in mir hoch und ich schaue unruhig aus dem Fenster hinaus.

War das eine so dumme Frage, dass er nicht antworten will?
Also wenn ihn das schon abgeschreckt hat, dann war es das mit uns, denke ich mit pochendem Herzen.
Ich will nicht, das es das mit uns war!
Aber einen Moment später wundere ich mich abermals, schon wieder denke ich an ein uns.
Aber das gibt es nicht.
Also noch nicht.
Genervt von mir selbst stöhne ich auf.
In dieser Angelegenheit will mein Herz einfach etwas ganz anderes als mein Kopf.

Wieso?
Warum passiert das jetzt in der eh schon so schweren Zeit, frage ich mich, als der Bus über eine rote Ampel fährt.
Der Busfahrer nimmt es ja mal wieder genau.

Bist du noch da, Lian?, frage ich, da Sorge in mir aufsteigt. Wieso antwortet er nicht?
Er ist doch angeblich der stärkste Werwolf! Was soll ihm passieren, dass er nicht antwortet?
Der Bus unterbricht meinen Gedankenfluss, als er hält. Schnell steige ich aus und stiefel auf die Schule zu.
Was soll ich dazu sagen?
Pissgelbe Fassade mal wieder.
Hier stehen sie wohl alle auf diese hässliche Färbung.

Ich verdränge meine Gedanken an Lian und gehe durch die große Tür, man könnte schon fast Tor sagen.
Gelbe, breite Gänge heißen mich willkommen und schon jetzt muss ich bei dem Gedanken an Latein stöhnen.
Schnell schaue ich auf meinen Informationszettel.

Spind: 274
Klassenzimmer: 103

Und wo ist 103 jetzt?, schießt es mir durch den Kopf. Einen Raumplan habe ich nämlich leider nicht.

Verwirrt laufe ich fast einmal durch die komplette Schule, aber Raum 103 ist nicht zu finden.
Und angesprochen, wie in den Filmen, werde ich natürlich auch nicht.
Verärgert beschließe ich selbst jemanden zu fragen und warte darauf, dass mir wer entgegenkommt.
Es ist ja nicht mal so, dass das Sekreteriat ausgeschildert ist.
Nach einigen endlosen Minuten des Wartens läuft mir schließlich eine Rothaarige entgegen.

Als sie an mir vorbeidrescht ergreife ich meine Chance und spreche sie an:
"Hey, könntest du mir sagen wo der ...", dann breche ich ab.
Die ist einfach weitergerannt. Leicht irritiert laufe ich ihr hinterher und folge ihr ins Klo.
Der Geruch ist widerlich, aber ich ignoriere es.
Denn jetzt sehe ich sie wieder. Sie hängt über der Kloschlüssel, Zeit die Tür zu zumachen hatte sie anscheinend keine. Dazu hört man genau die Geräusche, an die ich sofort denke.
Lecker.
Nicht.

Mein Mitleid überwiegt jedoch und ich bleibe. Vielleicht braucht sie danach ja Hilfe.
Zugucken tue ich allerding trotzdem nicht, lieber beobachte ich mich im Spiegel und probiere an etwas anderes zu denken.
Das klappt, ist allerdings auch nicht besser.
Denn wieder schweifen meine Gedanken sorgenvoll zu Lian. Geht es ihm gut?
Aber was soll schon passiert sein?

Allerdings habe ich nicht die Zeit zu grübeln, denn die Würgegeräusche lassen nach und ich drehe mich wieder zu dem Mädchen um.
Ich sehe, dass kein Klopapier an der Rolle hängt und gehe in die andere Kabine, um welches zu holen.
Dabei probiere ich möglichst nur durch dem Mund zu atmen, denn der Gestank ist immernoch widerlich. Als wären die Klos seit einem Jahr nicht geputzt worden.

Schnell ziehe ich die Rolle vom Stab und gehe wieder in ihre Kabine.
Vorsichtig mache ich mit einem, "Hey, hier ist ein bisschen Papier für dich.", auf mich aufmerksam und halte es ihr hin.
Sie nimmt es sofort dankend an, was mich ein bisschen wundert. Wusste sie schon, dass ich da bin?
Aber so schnell, wie der Gedanke kam, verschwindet er auch wieder und ich helfe ihr aufzustehen, da sie noch ein bisschen schwankt.

"Danke. Das ist nicht selbstverständlich.", wendet sie sich schließlich mit einem zarten Lächeln an mich.
"Gerne", antworte ich. Ob es so gemeint ist, vielleicht.
Eigentlich eher ungern, aber ich helfe nunmal immer.
Gemeinsam gehen wir zum Waschbecken und sie spült sich nocheinmal den Mund aus.
Endlich verlassen wir den Raum und entkommen dem Gestank. Ich traue mich wieder durch die Nase einzuatmen und stelle dann meine erleichtert eigentliche Frage, als wir stehen bleiben.
"Kannst du mir sagen, wo der Raum 103 ist?"
Sie dreht sich zu mir um und erst jetzt erkenne ich ihr Gesicht richtig.
Sie hat eine Stupsnase und ihre Augen liegen ungewöhnlich nah beieinander.
Ihre Iris ziehen aber vorallem meinen Blick auf sich.
Sie schimmern irgendwie golden.
Verwirrt schaue ich sie wieder an, aber das schimmern hat aufgehört.

Das ist doch nicht normal, oder? Vielleicht ist sie ein Werwolf?
Schimmern die Augen bei Werwölfen golden?, frage ich Lian und vergesse dabei ganz, dass er, warumauchimmer, nicht mehr antwortet.
Enttäuscht, aber auch neugierig schaue ich wieder zu ihr, da sie gerade ansetzt zu sprechen.

"Ja, kann ich dir zeigen. Ich bin übrigens Vulvia."
Ach ja, die Stelle, mit dem Vorstellen, haben wir ja voll vergessen, denke ich belustigt und stelle mich nun auch vor.
"Ich bin Pia."
"Auch schön", sagt sie ironisch und ich muss grinsen, denn ich habe ihr gar nicht gesagt, dass ich ihren Namen schön finden.
Schnell hole ich es nach: "Schöner Name", sie nickt daraufhin.

Daraufhin müssen wir beide lachen und ich freue mich für sie, da es ihr anscheinend schon wieder besser geht.
"Also ich war auch grad in 103. Wir können gemeinsam zurückgehen.", bietet sie mir an, nachdem wir uns so langsam beruhigt haben.
Sie ist in meiner Klasse? Juhu, dann kenne ich jetzt immerhin jemanden!, denke ich ein Stück Sorge fällt von mir ab.
Wir gehen ganz nach hinten in den zweiten Stock während wir über alles und nichts reden.
Die gelben Wände nerven mich immernoch, aber ich probiere es zu überspielen.
Wir biegen in eine kleine Nische ab, als sie mich gerade fragt, weshalb ich mitten im Schuljahr wechsle.
Mit einem, "wegen familiären Gründen", weiche ich ihr verzweifelt aus.
Ich glaube sie versteht es, denn sie nickt mir nur zu und sagt dann, "Also hier ist es. Wollen wir rein?"

Leicht panisch schüttel ich den Kopf. Jetzt komme ich an meinem ersten Schultag zu spät. Das kann was werden!
Und neben wem soll ich überhaupt sitzen? Ist neben Vulvia noch Platz?, überlege ich mit einem Blick gegen die graue Tür.

Just my LunaDär berättelser lever. Upptäck nu