34.

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Pia's P.o.V.

Erschrocken drehe ich mich zum Wärter um. Er kann schon wieder richtig reden?
"Ja, aber wie geht's dir?", beginne ich und sehe, dass er schon wieder neben dem Bett steht. "Du kannst doch noch nicht stehen, du musst dich schonen!", rufe ich deshalb sofort aus. Wieso steht er schon wieder alleine? Er sollte sich lieber wieder hinlegen, denn wenn er hinfällt, kriege ich ihn bestimmt nicht mehr auf's Bett.
"Nein, bei mir ist alles gut, dank dir. Ich möchte dir ausdrücklich danken für deine Hilfe, das war nicht selbstverständlich.", versucht er mich mit besorgtem Gesicht zu beruhigen. Auch seine Stimme hat wieder ihren normalen Klang angenommen. Oder wohl eher den sachlichen Klang. Beruhigen kann er mich damit aber nicht.

"Strapazier's aber bitte nicht über, ja? Setz dich doch einfach hin.", nimmt wieder der fürsorgliche Teil in mir die Führung und ich rücke ein Stück zur Seite.
Zögerlich setzt sich der Wächter neben mich und eine angespannte Stille entsteht. Scheiße, ich sitze hier mit einem meiner Entführer!, schießt mir ein weiterer Gedanke durch den Kopf. Aber wirklich gefährlich ist er doch nicht, ich habe keine Angst vor ihm. Warum, weiß ich auch nicht.
Nach einiger Stille bricht er schließlich das Schweigen und hält mir den Tampon hin: "Brauchst du es noch?"
"Ähm, ja danke", nehme ich den Tampon vorsichtig aus seiner rauen Hand und stecke ihn in meine Hosentasche. " Wie heißt du eigentlich?", fällt mir auf, dass ich noch nicht einmal seinen Namen kenne, als ich mich bedanken will. Während ich das sage, überfliegen meine Blicke immer wieder seinen Körper und meine Augen sind bestimmt verwundert aufgerissen. Durch die ganzen Stofffetzen sind keine, absolut keine, Wunden mehr zu sehen. Da ist keine einzige Wunde! Er ist komplett gesund. Einen Moment glaube ich nicht mehr, dass das eben wirklich passiert ist, aber die Blutspuren auf unserer Kleidung zeugen von der Wahrheit.
Apropos Kleidung, ich hab oben nur einen BH an!

Erschrocken halte ich mir meine Hände vor die Brust und schaue ihn fragend an. Hat er was gesehen? Ja, hoffentlich nicht. Immernoch geschockt von meiner Blöße, bemerke ich seine Bewegung erst, als sie endet. So schnell, wie er aufgestanden und zum Kleiderschrank gegangen ist, konnte ich gar nicht schauen. Dankend nehme ich aber das Shirt an, das er mir hin hält, und streife es mir schnell über.
"Ich heiße Xamin. Du bist Pia, richtig?", stellt er sich vor und ich antworte nickend, betrachte dabei aber das Shirt. Gar nicht mal so übel, stelle ich erfreut fest bis mein Blick bei der Hose ankommt. Voller Blut, von uns beiden wahrschienlich. Das ist übel.
Soll ich mich jetzt schon umziehen gehen? Wäre wahrscheinlich besser, aber ich habe noch so viele Fragen. Zuerst die Fragen, dann umziehen, entscheide ich schließlich, da er mich sowieso schon gesehen hat.
"Darf ich dich was fragen?", wage ich mich vorsichtig aus der Deckung und schaue ihm in die Augen. Sie sind braun, ganz normal braun. Ob er wohl auch eine Fledermaus ist? Oder doch nur ein Mensch, wenn er so zugerichtet wird? Vielleicht ist er nur sowas wie ein Sklave. Wer weiß, wie die magische Welt so tickt...

"Klar, aber möchtest du dich nicht zuerst umziehen?", erwiedert er mit einem nachsichtigen Lächeln auf meine Hose. Sag mal, kann der Gedankenlesen? Verwundert stimme ich zu und mache mich doch auf den Weg zum Kleiderschrank. Es ist wohl eher eine Komode, aber dort müssen wohl die Kleidungsstücke für mich drinnen sein, vermute ich und gehe auf ihn zu. Immerhin zittern meine Beine nicht mehr, da das Adrenalin langsam verschwindet. Dafür aber überkommt mich die Neugierde und schnell schnappe ich mir die erstbeste, schwarze Hose aus dem Kleiderschrank, um dann im Beadezimmer zu verschwinden. In Höchstgeschwindigkeit wasche und ziehe ich mich um und stürme sofort wieder ins Zimmer.
Beruhigt, da er immernoch dort sitzt, wo er zuvor auch schon gessesen ist, ignoriere ich es einfach mal, dass er jetzt was anderes an hat, und stelle aufgeregt die erste Frage.
"Wie konnten deine Wunden so schnell heilen?"
"Das, was du mir gegeben hast, ist soetwas, wie ein Zaubertrank. Danke nochmals dafür, ich sehe das echt nicht als selbstverständlich und stehe in deiner Schuld.", antwortet er ruhig, was mich gleich zu meiner nächsten Frage bringt.
"Wärst du gestorben?", platze ich heraus. Wäre er? Ich weiß es wirklich nicht.
"Man kann es so sagen: Mein Überleben wäre nicht sicher gewesen."
"Du darfst gerne normal mit mir reden und nicht so geschwollen.", teile ich ihm mit einem Schmunzeln mit. Denn irgendwie hört sich das bei ihm immer an wie im Mittelalter. Nach seinem erleichterten Nicken fahre ich fort mit meiner Fragestunde:
"Wer oder was hat dich so verletzt?"
Ich sehe, wie sich sein Gesicht verzieht, in eine ängstliche oder auch schmerzvolle Grimasse? Ich hätte die Frage nicht stellen sollen, bestimmt erinnert er sich wieder an die Schmerzen. Aber nein, ich war mal wieder total taktlos. Schon fast will ich meine Frage wieder zurückziehen, aber dann antwortet er doch noch.
"Ich sag es dir, okay? Weil du mich gerettet hast. Aber eigentlich darf ich es nicht, darum musst du mir versprechen kein Wort davon zu erwähnen, ja?"
Ich nicke zuerst nur, spreche es auf seinen nachdrücklichen Blick aber doch noch aus. "Ja, ich versprech's."
"Danke. Wie du vielleicht schon vermutet hast, bin ich eine Werfledermaus. Ich gehöre dabei zu der Art der Breitfledermäuse, eine sehr gewöhnliche Art. Unser Anführer dagegen ist ein Weißflügelvampir, eine Art, die eigentlich nur in Amerika lebt und sich ausschließlich von Blut ernährt. Aber er ist vor einigen Jahren hierhin ausgewandert und somit einzigartig. Das hat er wohl dann zum Anlass genommen, um sich zum Anführer zu machen. Seitdem herrscht hier eine Schreckensherrschaft. Die Wenigsten trauen sich, sich gegen ihn zu stellen, da er auch in menschlicher Gestalt Blut trinkt und dann auch gerne mehr. Er ist sehr, sagen wir mal, emotional und als ich ihm eben begnet bin, war er wohl gerade sehr wütend. Daher hab ich es dann wohl abbekommen. Aber keine Sorge, mir geht es jetzt wieder gut.", informiert er mich und schockt mich  zugleich. Er wollte mich nicht entführen oder dichte ich das jetzt rein? Hat er nur auf den Anführer gehört?
"Wieso ist es denn eine Schreckensherrschaft?", mache ich meiner Wissbegierde weiter Platz.

Just my LunaWhere stories live. Discover now