Kapitel 11 ~ Sonnenbrand

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PoV Lyn

Ich saß mit einigen anderen im kühlen Schatten eines Baumes. Obwohl kühl eher relativ war, die Hitze war immer noch mehr als alles, was ich je erlebt hatte, aber dennoch war es schön nicht mehr der prallen Sonne ausgeliefert zu sein.
Während einige Leute des Stammes Zelte aufschlugen und Wrenchs Wasserrohre verlegten und zusammenfügten, nahm ich mir einen Moment Zeit meine Umgebung wahrzunehmen. Der Geruch des Waldes war wunderschön und entspannend, das Moos unter meinen Händen weich, trotz der starken Hitze und ich hörte sogar Vögel zwitschern.
Mein Blick fiel auf Wrench, der gerade einen der anderen erklärte, wo sie am besten die Feuerstelle aufstellten, um nicht den ganzen Wald anzuzünden. Die meisten Männer, so auch Wrench, hatten ihre Shirts ausgezogen und liefen oben ohne herum. Erst war ich wie vor den Kopf gestoßen, wie konnten sie sich einfach vor allen anderen ausziehen? Aber scheinbar schien das hier niemanden zu stören, ja schon fast normal zu sein. Deswegen betrachtete ich die Arbeiten jetzt mit Neugierde. Ich hatte noch nie einen anderen Menschen so spärlich bekleidet gesehen und es hatte etwas faszinierendes, wie unterschiedlich das selbe Konstrukt sein konnte. Alle Menschen waren gleich aufgebaut und denoch glich keiner dem Anderen.
Mein Blick wanderte automatisch wieder zu Wrench. Er baute gerade sein und Blazes Zelt auf und man sah, dass er wusste, was er tat. Seine Schultern waren von der Sonne etwas gerötet, es wirkte noch nicht bedenklich, aber man sollte sich trotzdem darum kümmern.
Also stand ich auf und ging zu Wrenchs Rucksack. Er bemerkte es natürlich sofort und sah mich nur fragend an, protestierte aber nicht.
Viele bei uns in den Utopien bekamen Sonnenbrand, weil ihre Haut zu bleich war und das obwohl unsere Sonne künstlich erzeugt wurde. Meine kleine Schwester hatte dieses Problem auch.
Komischerweise verspürte ich einen leichten Druck auf der Brust bei dem Gedanken an sie, den ich nicht einordnen konnte.
"Du bekommst Sonnenbrand auf den Schultern. Du solltest das eincremen." sagte ich und durchsuchte Wrenchs Tasche aufmerksam. Aber dieser hörte mir gar nicht zu, sondern befestigte das Zelt am Boden.
"Kokosöl." ertönte Wrenchs Stimme auf einmal und fast erschrak ich.
"In der vorderen kleinen Tasche ist eine Flasche mit Kokosöl. Was besseres habe ich nicht. Ist nicht mein erster Sonnenbrand." Er sah mich nicht an, während er das sagte, sondern betrachtete den Himmel.
"Heute Nacht wird es regnen, darauf müssen wir vorbereitet sein." nuschelte er dann und wollte offenbar gehen. Aber schnell sprang ich auf und griff nach seinem Oberarm.
"Noch nicht." Ich öffnete das kleine Fläschchen und schüttete ein bisschen von dem Öl über meine Hand. Es roch lecker. Ich hatte noch nie Kokos gegessen oder gerochen, aber es war etwas, was ich probieren wollte.
Ohne auf Wrenchs Einwilligung zu warten, stellte ich mich hinter ihn und fing an das Öl auf die Schultern aufzutragen.
Dabei überspielte ich geschickt den kurze Schock, den ich beim Anblick seines Rückens hatte. Mir war schon aufgefallen, dass die Haut der Leute hier draußen nicht so rein und makellos war, wie die der Utopier. Aber es schien mir schier unbegreifbar, wie solche Narben entstehen konnten. Hatte Wrenchs gegen ein wildes Tier gekämpft? Es sah beinahe so aus, wie Kratzer einer Klaue, von der linken Schulter bis zur rechten Seite der Hüfte. Eine solche Verletzung konnte doch nur von einem Tier stammen. Oder?
Wrenchs Haut war heiß und trotz Öl würde er wohl nicht ohne leichte Verbrennungen davon kommen. Wahrscheinlich hatte er jetzt schon leichte Schmerzen, er hatte eine leichte Gänsehaut an den Armen.
"Wrench! Wir brauchen deine Hilfe hier!" ertönte plötzlich eine Frauenstimme und ohne ein Wort zu sagen, riss Wrench sich los und ließ mich stehen.

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