Kapitel 6 ~Geiseln

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PoV Wrench

Ich versuchte jetzt seit 2 Stunden einen Mittagsschlaf zu halten. Allerdings knallte die Sonne auf unser Zelt, es war sauwarm und draußen musste irgendwas explodiert sein, denn die Leuten liefen hektisch umher und redeten wild durcheinander. Gute Ohren waren eben nicht nur ein Vorteil.
"Wrench!" Jetzt war es komplett vorbei mit meiner Ruhe.
Genervt öffnete ich die Augen und sah Blaze an.
"Was?" fragte ich giftig nach und setzte mich auf.
"Sie haben es getan! Sie haben die Utopie überfallen." Ich seufzte genervt und ließ mich zurück ins Bett sinken.
"Und dafür nervst du mich? Ist doch toll für sie, dann haben sie für den Winter ausgesorgt." Ich wollte wieder die Augen schließen, aber Blaze packte meinen Arm und zog mich aus dem Bett.
"Das ist nicht das Problem. Sie haben Geiseln genommen, Wrench. Und wenn ich das richtig mitbekommen habe, wollen sie sie nicht freilassen. Sondern erschießen."
Ich strich mir durch die Haare.
"Nicht unser Problem." gab ich immernoch genervt von mir und Blaze schlug gegen meine Schulter.
"Ich wusste, du würdest das sagen. Darum habe ich das hier gemacht." Er hielt mir ein Foto hin. Blaze Kamera war sein ganzer Stolz und ich wollte auf keinen Fall die Person sein, die sie irgenwann kaputt machen würde.
Bei dem Bild, welches er mit zeigte wurde mir schlecht.
Diese schwarzen Haare würde ich überall wieder erkennen.
"Wieso ist sie hier? Sie sollte in Amsterdam sein. Nicht hier." Blaze zuckte mit den Schultern.
"Keine Ahnung. Aber ich denke Lena wirst du helfen wollen oder?"
Lena. Ich hatte diesen Namen seit Ewigkeiten nicht mehr gehört.
"Na schön. Retten wir die Geiseln. Aber wenn es zu einer Schießerei kommt, mach ich dich dafür verantwortlich." stimmte ich einerseits unzufrieden, andererseits besorgt zu.
Ich zog meine Kette aus und schloss mit dem Anhänger die Kiste unter meinem Bett auf.
"Wie viele Kugeln hast du noch?" fragte Blaze und ich öffnete das kleine Döschen.
"Drei. Das wird reichen, hoffe ich." Schnell nahm ich das Gewehr aus dem Koffer und lud nach. Das letzte Mal, dass ich geschossen hatte, war schon eine Weile her. Zumindest mit dieser Art von Waffe. Jagen ging ich mit dem Bogen, aber vor zwei Tagen war die Sehne gerissen und ich hatte es noch nicht geschafft, eine neue zu beschaffen.
"Sie wollten an den Krater. Dann müssen sie keine Leichen entsorgen." klärte Blaze mich bitter auf und ging voran. Der Krater war ein riesiger Riss im Boden, der sich vor etwa fünf Jahren bei einem sehr starken Erdbeben aufgetan hatte. Seine genaue Länge kannte ich nicht, aber laut Ivan war er mehrere hundert Kilometer lang. Besagtes Erdbeben hatte auch drei Utopien zerstört und viele weitere beschädigt.
Die Utopie München war bis heute noch nur noch eine Ruine. 

Jedenfalls machte dieser Krater das Reisen von Ost nach West nicht viel angenehmer, oft musste man große Umwege machen. 

"Wie viele Geiseln sind es?" fragte ich Blaze und folgte ihm durch den spärlich ausgestatteten Wald. 

"Fünf, soweit ich gesehen habe. Drei Männer, zwei Frauen. Und sie wirkten alle noch recht jung." klärte er mich auf und redete dabei leise. Wir mussten also gleich da sein. Nach wenigen Meter konnte ich schon eine Stimme reden hören, gefolgt von einem ekelhaften Lachen. Dystopie  oder nicht, Leute die sich an dem Leid anderer amüsierten waren krank. 

Kurz danach konnte man durch die Bäume hindurch drei Gestalten erkennen, die mit dem Rücken zu uns standen. Die fünf Geiseln knieten am Rande des Abgrunds, allesamt einen Knebel im Mund. Und obwohl wir keinen Mucks von uns gegeben hatten, fanden Lenas Augen meine und ich sah, wie sich ihr Körper entspannte. Jahre hatten wir uns nicht mehr gesehen, dennoch vertraute sie mir immer noch. Selbst in so einer Situation. 
"Ich lenke sie ab." flüsterte Blaze und verschwand. Währenddessen kletterte ich gekonnt auf den nächsten Baum und nahm den bewaffneten der drei Männer ins Visier. Ich wollte ihn nicht töten. Aber wenn er mir keine Wahl ließ, würde ich es tun. 
"Hey, Jungs!" ertönte Blaze Stimme aus einer anderen Richtung und ich verdrehte die Augen. So hatte ich mir das nicht  vorgestellt, jetzt musste ich noch darauf achten, dass er nicht ins Schussfeld geriet.
"Wolltet ihr nicht nur Vorräte klauen? Wieso solltet ihr die jetzt umbringen?" fragte Blaze und zwei der Männer wandten sich ihm zu. 
"Das ist nicht eure Angelegenheit. Ihr habt abgelehnt. Jetzt verschwinde, sonst knallen wir dich auch ab." drohte einer der Männer ihm und legte seine Hand an seine Waffe. Alarmiert richtete ich meine Waffe auf ihn. Wenn ich alle drei Männer ausschalten wollte, durfte ich nicht einmal daneben schießen. Blaze setzte wieder zum Sprechen an, aber offenbar waren die anderen nicht an einer Konversation interessiert, denn er zog die Waffe aus der Haltung und richtete sie auf Blaze. Ich wusste nicht, ob er ihm nur drohen wollte oder erschießen. Deswegen drückte ich Abzug. Die Kugel ging glatt durch seine Hand und mit einem scherzerfülltem Schrei, ließ der Mann die Waffe fallen. Die beiden anderen sahen alarmiert in meine Richtung und richteten diesmal ihre Waffen auf mich, hatten mich aber scheinbar noch nicht gesehen. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Blaze mit dem Angeschossenen rang, ihn aber letztendlich den Krater hinunter trat. Sein Todesurteil. Ich schloss kurz die Augen und wenn diese Welt nicht schon kaputt wäre, hätte ich gebetet und nach Vergebung gefragt. Stattdessen nutzte ich meine letzten zwei Kugeln um die Männer vor mir in die Hölle zu schicken. Ein Kopfschuss. Damit es schnell ging. Auch wenn das nichts an meinem schlechten Gewissen änderte. 
Ivan und Blaze würden mir einreden, dass mir vergeben werde würde, das Gott uns allen vergab. Aber ich glaubte nicht an einen Gott. Welcher Gott wurde so eine Welt zulassen? Und selbst wenn es einen gab, ich wollte keine Vergebung von einem Gott, der dieses Unheil zuließ. 

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