Kapitel 1 ~ Utopia

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PoV Lyn

Um Punkt halb sieben stand ich auf, wie jeden Morgen. Wecken musste mich keiner, mein Körper war darauf eingestelle, immerhin wachte jeder um diese Uhrzeit auf. So gab es genug Zeit sich frisch zu machen und zu seinem Arbeitsplatz zu kommen. Oder eben zur Schule.
Im Badezimmer stellte ich mich unter die Dusche und ich hörte, wie der Timer ansprang. Nach genau zehn Minuten würde sich das Wasser abstellen, genug Zeit um mich zu waschen, aber nicht zu lange um kein Wasser zu verschwenden.
Während ich meine Haare befeuchtete, hielt ich eine Hand unter den angebrachten Seifenspender. Die passende Menge Seife wurde ausgegeben, genug, dass es zum waschen reichte, nicht zu viel, um der Haut nicht zu schaden.
Noch bevor der Timer ablief, trat ich aus der Dusche und band mir eins der weißen Handtücher um die Hüfte.
Als ich meine Zahnbürste in die Hand nahm, sprang der zweite Timer an. Exakt drei Minuten zum Zähne putzen. Währenddessen öffnete sich eine kleine Luke an der Wand und offenbarte mir meine heutige Kleidung. Eine hellbraune Hose und ein weißes Hemd. Ein weißes Teil war immer dabei und ich war immer froh wenn es das Hemd war. Weiße Hosen wurden so schnell schmutzig und mit schmutzigen Klamotten lief man nicht draußen herum.
Nachdem ich mich angekleidet hatte, ging ich die Treppe hinunter in die Küche. Meine Eltern saßen dort schon und lächelten mich an, ebenso meine kleine Schwester Lina.
"Guten Morgen, Lyn. Setzt dich." Ich nickte dankend und nahm Platz.
"Guten morgen, zusammen."
Das Frühstück stand schon vor mir an meinem Platz.
Eine Schale Obst, heute waren es Erdbeeren, etwas Haferflocken, eine Scheibe Braunbrot mit Käse, ein Glas Milch und ein Glas Wasser.
Ein leckeres und gesundes Frühstück für einen guten Start in den Tag. Was wollte man mehr?
Das Frühstück lief wie immer schweigend ab, aber was hätten wir uns auch erzählen sollen? Unser kompletter Tagesablauf wurde dokumentiert und abends an unsere Eltern geschickt. Sie wussten, wann wir wo gewesen waren und was wir dort getan haben. Aber sie waren unsere Eltern, also ging das selbstverständlich in Ordnung.
"Lina, dein Vater bringt dich gleich zum Lernhof." Dort kamen die Kinder hin, die noch nicht zur Schule gingen, also die unter sechsjährigen. Dort lernten sie den korrekten Umgang innerhalb er Gesellschaft.
"Lyn, du fährst mit dem Fahrrad zur Schule." Das hätte sie nicht sagen müssen, das tat ich jeden Morgen. Zwar war die Schule nur wenige Straßen entfernt, aber Fahrradfahren am Morgen half dem Kreislauf in Schwung zu kommen. So konnten wir uns in der Schule besser konzentrieren.
Ich ging auf eine naturwissenschaftliche Schule, wo ich hauptsächlich in Biologie, Chemie und Mathe unterrichtet wurde. Später sollte ich im Fortpflanzungslabor arbeiten und die genetischen Informationen für die neuen Babys herstellen. Da durften natürlich keine Fehler passieren. Meine zukünftige Frau Anne arbeitete auch dort.
In Gedanken öffnete ich die kleine Dose, die ebenfalls jeden morgen auf unserem Frühstücksteller lag. Die kleine Tablette darin war wichtig, um uns gegen Krankheiten von außen zu schütten, falls es mal ein Problem mit der Mauer oder der Glaskuppel geben sollte. Ich schluckte sie herunter.
Damit nichts von draußen in unsere Stadt reinkam, wurde diese Kuppel errichtet. Sie war technisch sehr weit entwickelt, das Licht welches sie abgab, war dem der echten Sonne gleich, sie konnte Regen und Wolken simulieren. Wirklich beeindruckend. Zudem konnte das gezielt kontrolliert werden, sodass wir nicht den Launen der Natur ausgesetzt waren. Es wurde immer um sechs Uhr hell und um neun dunkel. Drei Mal in der Woche regnete es für zwei Stunden und um zehn Uhr begann die Ausgangssperre. Diese ist erst vor wenigen Jahren eingeführt wurden, als Menschen von den Anarchisten entführt wurden, aber mittlerweile wurde das weniger.
Ein Glück. Wer weiß, was diese Tiere mit uns anstellten.
Gerüchten zufolge sollen sie nicht mal richtig denken, geschweige denn reden und handeln können wie wir.
Hoffentlich würde ich das nie herausfinden.
Jetzt war es erstmal Zeit für die Schule.
Eine Bestrafung für das zu spät kommen gab es nicht.
Denn es kam niemand zu spät.

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