Kapitel 10 ~ Planänderung

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PoV Wrench

Ich hatte drei Stunden geschlafen und seit vier Stunden bewegten wir uns jetzt schon am Krater entlang. Wir würden also zuerst Richtung Meer gehen, da der Krater uns zwang in den Norden zu laufen.
Gerade machten wir eine Pause, die Sonne knallte gnadenlos auf uns herab und fast jeder der dreiunvierzig Stammesmitglieder zog einen Karren hinter sich her, drei weitere wurden von Pferden und einem Esel gezogen.
Lyn saß einige Meter neben mir und las das Buch, welches ich ihm gegeben hatte.
Wie alle anderen auch, war er verschwitzt und die blonden Haare klebten an seiner Stirn. Also stand ich auf und ging die wenigen Schritte zu ihm, reichte ihm meine Flasche mit Wasser. Dankbar nahm er sie entgegen und trank ein paar Schlucke.
"Wo ist Lena?" fragte er dann und sah sich kurz um.
"Sie streitet mit Ivan darüber welche Route wir nehmen. Sie läuft ganz vorne mit." Lyn nickte ein wenig enttäuscht.
"Wie geht es dir?" Wenn ich richtig rechnete wirkte seine Pille seit fünf Stunden nicht mehr und langsam aber sicher müssten erste Gefühle durchsickern, bei den meisten kam die Wut oder die Angst zuerst.
"Ich bin erschöpft. Hungrig. Mein Tagesablauf ist normalerweise etwas geregelter." Lyn strich sich den Schweiß aus der Stirn.
"Das ist vermutlich nicht das, was die dir erhofft hattest. Aber sobald wir einen schönen Ort gefunden haben, bleiben wir auch mehrere Monate dort, manchmal sogar über ein Jahr. Dann hast du genug Zeit, dich mit allem auseinanderzusetzen." Lyn nickte und stand auf. Allerdings war er wohl schwächer als er zugeben wollte und fiel fast direkt wieder zu Boden.
Reflexartig packte ich ihn und half ihm auf die Füße.
"Tut mir leid, Wrench." Ich schüttelte nur den Kopf und machte einen Schritt nach hinten.
"Alles in Ordnung. Du bist das nicht gewöhnt. Komm mal mit." Lyn klappte das Buch zu und folgte mir zu meinem Karren. Vorsichtig schob ich die Schlafsachen etwas zur Seite.
"Hier. Du kannst dich dahin setzten." Lyn sag mich erschrocken an.
"Nein auf keinen Fall. Alle anderen schaffen das doch auch. Außerdem ist der Karren sicherlich schon schwer genug." Ich lachte leise.
"Lyn, du wiegst doch nichts. Und es ist keinem geholfen, wenn du zusammen klappst. Also hoch da." Gerade als Lyn sich hinsetzen wollte, kamen Ivan und Lena auf uns zu.
"Planänderung." Ich verdrehte die Augen. Schon wieder?
"Das ist ja was ganz neues." sagte Blaze enthusiastisch und sah zu Lena und Ivan.
"Es ist zu heiß. Wir haben fast 45 Grad und das Wasser wird knapp. Wenn wir jetzt nach Westen gehen, etwa zwei Stunden von hier, gibt es einen Wald, da können wir Wasser finden und warten, bis sich die Hitzewelle gelegt hat. Rita ist schon ohnmächtig geworden." Blaze runzelte besorgt die Stirn und stand auf.
"Das klingt nicht gut. Wir sind hier auch ziemlich fertig. Ich sage den anderen Bescheid." Mit diesen Worten ging Blaze zu den Leuten, die noch hinter uns hergingen, um ihnen von den Neuigkeiten zu erzählen. Ivan machte sich wieder auf den Weg an die Spitze des Marschs und Lena setzte sich zu ihrem Bruder.
"Merkst du schon was? Die Wirkung der Pille müsste nachlassen." Lyn sah kurz auf den Boden.
"Ich weiß nicht. Es fühlt sich komisch an." Lena nickte verständnisvoll und strich ihm über den Rücken.

PoV Lyn

Ich hatte keine Worte für das, was in mir vorging. Abgesehen von der Hitze, dem Hunger und dem Durst war da noch etwas in mir. Das Bedürfnis zu schreien und um mich zu schlagen, völlig ohne Grund.
Und da war noch etwas. Ich verstand Wrenchs Buch nicht.
Nicht, dass ich die wissenschaftlichen Erklärungen nicht verstand, aber wie sollte so ein funktionierender Mensch entstehen, wenn Gene vollkommen zufällig und willkürlich zusammengeworfen werden?
Das klang nach höherer Wissenschaft, als das, was wir im Labor taten.
Als ich wieder aufsah, fiel mir etwas auf. Ich  hatte die beiden sonst nie zusammen gesehen und darauf geachtet, aber jetzt sprang es mir fast ins Gesicht.
Wrench hatte schöne, dunkle, schwarze Haare und Moosgrüne Augen.
Genau wie Lena. Sogar ihre Nase war dieselbe.
Aber das war unmöglich.
Wrench war ein Wilder und meine Schwester Utopier. Sie konnten nicht verwandt sein.
Esseiden einer von beiden log.

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