Einzelne Tränen

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Als Hinata sich Stunden nach dem Abendessen in den Gemeinschaftsraum schlich war nur noch wenig los.
Nur Sugawara, Daichi und Enoshita saßen auf einer Couch und unterhielten sich.
In einem Sessel erkannte er Tanaka der vor sich hindöste.
"Hey Hinata wo warst du so lange, die anderen sind schon alle im Bett", fragte Daichi ernst und sah von seiner Zeitschrift auf.
"Ähm ich war noch bei Kenma ein bisschen lernen", sagte er schnell. Was ja auch der Wahrheit entsprach, zumindest ein bisschen. Eigentlich hatten sie sich nur Videos von Spielen angeschaut, aber das musste ja keiner wissen.
"In Ordnung es ist schon spät am besten gehst du gleich ins Bett. Morgen gibt es um 8 Frühstück da solltest du fit sein", meinte Daichi und gähnte dabei ebenfalls.
Sugawara warf ihm einen fragenden und zugleich wissenden Blick zu, dem er jedoch lieber auswich. "Ok mach ich. Gute Nacht", murmelte er schnell und schob die Tür zu seinem Zimmer auf.
Er teilte sich ein Zimmer mit Nishinoya und Tanaka, wobei letzterer ja draußen schlief.
Der Libero hatte sich zusammengerollt in eine Ecke verzogen und schlief tief und fest, was sein etwas nerviges Schnarchen bestätigte.
Hinata zog schnell seinen Pyjama an und legte sich auf seine Matte.
Er lag bequem, der Tag war anstrengend und sein Körper erschöpft, doch er fand einfach keine Ruhe.
Er hörte wie die restlichen Teammitglieder zu Bett gingen.
Außerdem hörte man ein klatschen und dann ein genervtes aufstöhnen, wahrscheinlich hatten sie Tanaka etwas unsanft aus dem Schlaf gerissen.
Wenige Minuten später zog Tanaka die Tür auf und stolperte herein.
Er flog komplett angezogen auf seinen  Platz und Sekunden später ertönten die nächsten unmissverständlichen Schnarchgeräusche.
Hinata seufzte und hielt sich die Ohren zu.
Reichte es nicht das es in seinem Kopf keine Ruhe gab, musste um ihn herum auch noch eine Kettensäge gegen einen Rasenmäher kämpfen?
Nach weiteren 10 Minuten entschied er sich im Aufenthaltsraum auf dem Sofa zu schlafen und schnappte sich seine Decke.
Barfuß tappte er leise aus dem Zimmer, obwohl, wenn sie nicht von dem ohrenbetäubenden Schnarchen des anderen aufwachen, dann auch nicht von einem leisen Stampfen.
Der Flur wurde vom Mond erleuchtet, sodass er genug sah, um nicht das Licht anschalten zu müssen.
Durch die große Glaswand konnte man draußen den Sternenhimmel sehen und wie gebannt blieb er stehen.
Sie sahen so schön aus, dachte er und setzte sich mit seiner Decke in eine der Nischen.
Den Blick auf die Sterne gerichtet, lehnte er seine Stirn an die kalte Glasscheibe und zog die Knie an.
Seufzend ließ er den Gedanken in seinem Kopf freien Lauf.
Den ganzen Tag hatte er darauf gehofft das Kageyama mit ihm reden würde, doch nichts war passiert.
Zugegeben viele Gelegenheiten hatten sie nicht, doch zuletzt hatte er es einfach nicht mehr ausgehalten.
Deshalb war er den halben Abend bei Kenma herum gehangen, um ihm aus dem Weg zu gehen.
War es falsch das er trotzdem immer wieder an ihn dachte?
Die Woche zuvor  hatte sich wieder so gut angefühlt,  mit ihm zu trainieren, zur Schule zu gehen und zusammen Mittag zu essen, aber jetzt nachdem was das letzte Mal im Training passiert war, fühlte sich wieder alles anders an.
War es verrückt diesen Zeiten hinterher zu trauern?
Er vermisste es. Die Vertrautheit zwischen ihnen und das Gefühl in seinem Bauch wenn er ihm zuspielte oder ihn lobte war unbeschreiblich.
Von keinem anderen fühlte sich das so gut an.
Hinata merkte garnicht das er weinte, bis ihm die Tränen über die Wangen liefen und auf das Holz tropften.
Leise ließ er die Tränen laufen, weil er sich danach besser fühlen würde, das wusste er.
Da war so ein Schmerz in ihm obwohl man keine Verletzung sah.
Unbewusst fasste er sich an die Stelle die weh tat.
Sein Herz.
Plötzlich hörte er nackte Füße die über den Holzfußboden liefen und erschrocken blieb sein schmerzendes Herz stehen.
Außerstande sich zu bewegen blieb er still sitzen und hoffte auf ein Wunder, das man ihn nicht entdeckte.
Er schloss die Augen. Sollte er sich schlafend stellen?
"Was machst du denn hier"?
Hinata hielt den Atem an, das konnte nicht wahr sein.
Widerwillig öffnete er die Augen und sah sein Gegenüber an.
Kurze Jogginghose, graues Shirt, schwarze Haare und ein verwunderter Blick der ihm einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Kageyama Tobio, ausgerechnet.
"Ähm die beiden schnarchen, da konnte ich nicht schlafen", sagte er patzig in der Hoffnung das er seine Unsicherheit nicht bemerkte.
"Aha, bei mir genauso, Enoshita hat mich aufgeweckt so laut schnarcht er."
Ohne Vorwarnung setzte er sich auf die andere Seite der Nische und Hinata wand schnell das Gesicht ab, sonst würde er seine roten Augen und nassen Wangen sehen und die Blöse wollte er sich nicht geben.
Einige Minuten herrschte Stille, doch der kleinere konnte nicht anders als hin und wieder zu ihm zu sehen.
Tobio hatte ein Bein angewinkelt, das andere baumelte locker herunter.
Seine Arme lagen auf seinem Knie und er sah das seine Hände zitterten.
Fror er etwa? Kurz bevor er ihm seine Decke anbieten wollte, ergriff der schwarzhaarjge das Wort.
"Mein Verhalten von Freitag tut mir leid".
Er war so leise das Hinata es fast nicht gehört hätte.
Doch er entschuldigte sich dafür, das war ja schon mal ein Anfang und dazu noch eine Seltenheit.
Aber eines ließ ihn nicht los und das musste jetzt raus.
"Warum hast du mich so angefahren? Am Donnerstag waren wir fast in der gleichen Situation und es war ok für dich", fragte er und merkte wie die Tränen wieder in seinen Augenwinkeln brannten.
Eine Weile blieb die Frage in Raum stehen doch dann hörte man ein Seufzen.
"Am Donnerstag war auch kein anderer da", flüsterte er.
"Ich hatte Angst wie es aussehen könnte".
Kageyama hatte Angst vor etwas? Angst vor dem Gerede der anderen? Das war das letzte das er erwartet hatte. Nie hätte er es für möglich gehalten, das der grimmig schauende, immer schlagfertige Volleyballprofi vor so etwas Angst hatte.
Aber..
"Wie sah es denn aus", fragte er im nächsten Moment. Für ihn hatte es nach zwei unheimlich glücklichen Freunden ausgesehen, die sich über einen gelungenen Angriff freuten, doch scheinbar war ihm da etwas entgangen.
"Als würde ich mehr von dir wollen", meinte er im ruhigen Ton, doch Hinata merkte das Zittern in seiner Stimme und das zarte rosa auf seinen Wangen.
"Und willst du"?
Er hatte keine Ahnung woher er den Mut nahm diese Frage zu stellen, aber sie war raus und neugierig sah er auf.
Sein Teampartner rutschte unruhig hin und her und jetzt wurde er knallrot.
"Ich weiß es nicht. Noch nicht".
Die Worte hingen zwischen ihnen und man hörte nur ihrer beider Atem.
Noch nicht?
Was hatte das zu bedeuten?
Langsam wurde ihm bewusst was für ein Gespräch sie gerade führten.
Mehr von jemanden wollen hieß mehr als Freundschaft und mehr als Freundschaft hieß Liebe oder?

kagehina kribbeln im BauchWhere stories live. Discover now