13. Ein Langer Weg, Ein Schwerer Rucksack Und Eine Menge Zeit

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Nico POV

  "Ich schwör auf alles, wir lange scheuchst du mich jetzt noch umher?!", grummelte ich.

  Mal wieder.

  Meine Nerven sowie meine Geduld neigten sich nach und nach dem Ende zu. Selbst mein Zeitgefühl schien wie aufgelöst, es hätte erst Mittag sein können, vielleicht war es aber auch schon Abend.

  Keine Ahnung.

  "Wir sind gleich da", meinte Will darauf, ein schweres Atmen in seiner Stimme. Bevor ich weitereden konnte, musste ich erst einmal tief Luft holen, einmal für das Weitergehen, dann auch noch fürs Tratschen.

  Ich sollte wahrscheinlich auch mal das altbekannte Seitenstechen begrüßen.

  "Das sagtst du jetzt aber mindestens schon zum zwanzigsten Mal! Und außerdem frag ich ja noch nicht einmal so oft! Wenn du das jetzt noch ein weiteres Mal sagtst, kehr ich lieber um und such mir einen eigenen Weg. Punkt", murmelte ich mit einer beinahe fauchender Stimme, mit einer Hand hiefte ich den Rucksack, dessen Gurte eigentlich viel zu groß für mein eher kleines ich gestellt waren, mit einem Keuchen, das wie ein flacher Husten aus meiner Kehle kam, wieder auf meine Schultern.

  "Diesmal meine ich das aber auch so", murmelte der Blonde, aber ein Seufzen konnte er sich dann doch nicht verkneifen. Aufheitenders gab es zwar auch, aber das musste es jetzt wohl mehr oder weniger auch tun, worüber ich dann nur mehr schauen konnte.

  "Wehe du lügst!", grummelte ich nachdem ich mehr oder weniger wieder an Luft gekommen war. Mit verschränkten Armen taumelte ich recht kraftlos umher, zudem verlor ich meiner Meinung nach zu leicht meine Balance. Auf meinem Gesicht fand sich ein wütender Ausdruck wieder, meine Augenbrauen leicht in die Mitte gezogen, die Lippen in einer dünnen Linie, die dunklen Augen sichtbar verengt.

  "Nein, tue ich nicht. Sieh einfach nach vorne! Da drüben ist es ja, nur noch der Hügel hier."

  "Hast du zumindest schon bei deiner... Cousine wars oder, angerufen?", fragte ich dann und hob verwundert eine Augenbraue.

  "Ja, ja habe ich", antwortete der Gefragte anschließend, ein langes Keuchen entkam seiner Kehle.

  "Wenigstens etwas", murmelte ich anschließend seufzend und schüttelte den Kopf, meine Augenlider fielen vor Schlafmangel beinahe die ganze Zeit wieder zu.

  Ach ja, und hatte ich schon erwähnt, dass mir alles wehtat?

  Oder dass alles schmerzte?

  Nicht zu vergessen, dass-

  "Schau nicht ganz drein wie sieben Tage Regenwetter. Und ich frag mich noch, warum die ganzen Tiere abhauen, außerdem lässt du Einstein unterbewusst auch noch die Pflanzen verwelken", meinte Will auf einmal mit einem recht amüsiertem Seitenblick Funken in seinen azurblauen Augen, seine Hand striff beim Gehen immer wieder meine eigene.

  Momentchen mal, was?

  "Sehr witzig, du Sonnenschein, hast du ein Problem mit meinem Gesicht, dann tuts mir ja sehr leid, aber ich wurde damit zufälligerweise geboren. Und so ganz Nebenbei, du hast dich entschieden, mit mir zusammen zu kommen." Ich richtete meinen nun leeren Blick gen Himmel, der langsam die sanfte Farbe von einem blassen Orange bekam. "Nicht, dass ich was dagegen sagen würde oder gar tue, aber ich bin nunmal..., naja, ich. Du hast besseres verdient. Ich bring dir doch auch nur mehr als Stress." Nervös und trübselig zugleich fuhr ich mir durch die Haare, danach senkte ich meinen Kopf, meine Augen starr geradeaus gerichtet. "Ich hab nicht vergessen, wie sehr du dich nach unserer ersten Auseinandersetzung mit diesem Typen aus der Unterwelt verausgabt hast. Du sahst irgendwie so aus wie ich, wenn ich normal bin." Oder besser gesagt war, fügte ich stumm in Gedanken hinzu. Irgendetwas zog sich in meiner Brust zusammen und ich biss die Zähne fest aufeinander, schaffte es aber trotzdem irgendwie, weiterzusprechen. "Außerdem bist du doch praktisch die Verkörperung der Sonne. Ich dagegen bin doch nicht mehr als ein zufälliger Schatten oder einfach nur die pure Dunkelheit und die mag im Normalfall keiner." Eine stumme Träne rollte über meine Wange, wegwischten tat ich sie jedoch nicht.

   "Das stimmt doch nicht, Nico, mio amore." Mit einem Mal stoppte er, mit seinen kräftigen Armen schloss er mich geradezu ein, sein beruhigender Geruch stieg mit in die Nase, als ich mich mehr oder weniger aus eigenem Wille in die Umarmung hineinlehnte. "Du redest immer und immer wieder schlecht von dir, jedes Mal trifft es mich wie ein Pfeil im Herzen. Du bist so wundervoll, aber willst oder kannst es einfach nicht erkennen. Dieses Gespräch hatten wir vermutlich davor auch schon, aber du bist einfach fantastisch. Wenn wir mehr Zeit haben, musst du mich erinnern, dass ich dir noch ne Ewigkeit Komplimente machen muss."

  Und bamm, da waren diese Dinge auch schon wieder, dieses angenehme, aber doch seltsame, Kribbeln in meiner Magengegend, das leichte nach oben Ziehen meiner Mundwinkel, als sie sich zu einem noch so kleinen Lächeln formten, einzelne Freudentränen, die sich in meinen Augenwinkeln sammelten und diese wohlige Wärme, die sich in meinem ganzen Körper verteilte.

  "Und außerdem sagt man auch, dass Gegensätze sich anziehen sollen, nicht? Also passt das bei uns beiden ja ganz gut", lächelte Will und drückte seine Lippen kurz gegen meine eigenen, und mit einem Mal fühlte ich mich nicht mehr ganz so zerbrechlich, so hilflos, so verzweifelt, aber trotzdem taumelte dieses Gefühl unangenehm tief in meiner Magengrube umher und hinterließ so etwas wie einen bitteren Nachgeschmack.

  "Du bist einfach wundervoll, du Idiot", murmelte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Halsgrube.

  "Ich nehme das als ein Kompliment, nur dass du es weißt", wisperte der Goldblonde mit einem Kopfschütteln darauf und drehte seinen Blick zu den immer rötlciher werdenden Wolken über unseren Köpfen.

-

  Aber ich hätte niemals gedacht, wie schnell sich ein solche schöner Moment, nahe einer Idylle, die mein mentales ich, das zerbrechlich wie Glas war, einfach auch brauchte, bevor es zerschellen würde, und sich in die komplett falsche Richtung drehen könnte.

The Darkest Side Of The Deep (Solangelo Fanfic)Where stories live. Discover now