6. Schwarz-Weiß, wie ein alter Film

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Nico POV

»Wärst du so freundlich, mich herunter zu lassen?«, fragte ich auf halbem Weg mürrisch und einem mehr oder weniger sarkastischem Unterton. Will unterdrückte ein Kichern. Dabei verdrehte ich nur die Augen und schlug ihm leicht gegen die Schulter.

    »Hey!«, schmollte der Blondschopf gespielt und schob seine Unterlippe leicht vor, trotz dem immer auf seinem Mund klebenden Lächelns. Ein Grinsen fand seinen Weg auf meine Lippen, ich lehnte meinen Kopf leicht gegen seine Arm. Er konnte schon ein Vollidiot sein, aber es könnte sein, dass das mitunter ein Grund war, warum ich mich in ihn verliebt hatte. Meine Augen hielt ich nur eine Spalt weit offen, Müdigkeit überrannte mich wie im Flug. Ich gähnte wiedermals, mit meiner Hand vorm Mund.

    Aus meinen Augenwinkeln sah ich, wie Will rot um die Nase wurde, auch wenn er seine Kopf leicht gen Himmel reckte, um sein rosanes Gesicht zu verstecken.

    Mein Kopf wurde immer schwerer, ich lehnte ihn immer mehr gegen Will's Arm, bis er schließlich gegen seine Brust fiel. Der Blonde schaute abrupt zu mir herab und drückte mich etwas fester zu sich, seine Wärme umfing mich, deckte sich über mich wie ein wolliger Pullover.

    Verschiedene Gestalten zogen an uns vorbei, manche starrten uns abschätzig an, andere flüsterte aufgeregt etwas in das Ohr ihres Kumpanen, wenn sie denn zu zweit waren, wieder andere Sprachen uns Glückwünsche aus, dann sprachen uns manche an, wie mutig sie es fanden, sich zu outen und nochmals andere fragten nach einem Autogramm, warum auch immer, und wieder welche schauten uns nur verträumt an. Letztere waren des öfteren die Kinder der Aphrodite oder, wenn sie aus Camp Jupiter kamen, Venus.

    Um ehrlich zu sein, der Weg von meiner Hütte zu den Tischen, oder umgekehrt, kam mir noch nie so lang vor, falls als zöge er sich ungewollt in die Länge.

    Um mich herum wurde auf einmal alles dunkler, fast schwarz-weiß, wie in diesen alten Filmen, ein unbeschreiblicher Schmerz breitete sich schlagartig in meinem Körper aus.

    Ich wollte mich krümmen, fand aber die Kraft dazu nicht und blieb wie zuvor in Will's Armen, der davon nichts mitzubekommen schien.

    Ich versuchte meine Lippen zu bewegen, kein Ton fand hinaus, außer einem leisen Wimmern, welches aber nicht für andere zu hören war.

    Mein Körper fühlte sich an, wie ein schwerer Klumpen Lehm. Nur mein rechter Arm fühlte sich nicht ganz so an, eher wie ein Puzzleteil, welches dort nicht hinzugehörte, aber dann ging es auf, wie ein Feuer.

    Meine Augen wollten mir nicht gehorchen, ich starrte nur geradeaus, der Himmel wurde langweilig grau. Meine Sicht verschwamm immer mehr, ich sah wie durch Wasser.

    Meine Kraft schrumpfte, wurde immer weniger. Ich konzentrierte mich nur noch darauf, mich auf das Heben und Senken meines Brustkorbes. Mein Herzschlag wurde gefühlt immer langsamer. Das Zeitgefühl verschwand ebenfalls im Nirgendwo.

    Licht huschte wie ein Strahl an mir vorbei, dicht gefolgt von tiefer Dunkelheit, die mir gefährlich nahe war. Sie striff aber nur meinen rechten Arm, der leblos an meinem, ebenfalls regungslosen, Körper hing.

    »Nico?!«, schrie jemand, nur gedämpft kam es in meinen Ohren an. Das Gras unter mir kitzelte meinen Nacken, das Summen von Bienen, die mich seltsamerweise nicht gestochen hatten, war zu hören. Moment! Gras?! Bienen? Ich spürte plötzlich eine Flüssigkeit, die meinen Rachen hinuterfloss. Das Gefühl in meinen Gliedmaßen kehrte in Zeitlupe zurück, ich konnte vage Umrisse erkennen und ein paar wenige Farben. Beispielsweise gold, blau oder dunkles grün, das andere behielt seine schwarz-weiße Färbung. Was...?

The Darkest Side Of The Deep (Solangelo Fanfic)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt