Kapitel 33

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Wir befanden uns in einem Landhaus, wo konnte ich nicht sagen. Es war warm und die Luft trocken, folglich irgendwo im Süden. Luzifer war nicht gestorben, dass hatte mir Foras seit einer Stunde immer und immer wieder bestätigt. Lilith hatte mich sogar ausgelacht, weil ich geglaubt hatte, dass ein Genickbruch genügen würde und deshalb in Tränen ausgebrochen war, als sein Körper zu Boden viel. Ich lief zu Luzifer, schüttelte ihn panisch und schrie. Die Minuten in denen ich gedacht hatte, dass ich ihn getötet hatte, waren die längsten und schlimmsten meines Lebens. Es graute mich, dass ich es wirklich wollte, dass die Stimme in mir seinen Tod wünschte. Sobald der Ton seines brechenden Genicks ertönte, brach die Mauer in ihre Einzelteile. Seit wir in diesem Haus waren, welches sich definitiv nicht mehr in der Hölle befand, da Inanna gespannt auf den Fernseher starrte und einem Nachrichtensprecher belauschte, der von plötzlichen Naturkatastrophen auf der ganzen Welt berichtete, stand ich vor dem Fenster, starrte auf die Felder von getrockneten Gras und versuchte meine Gefühle zu Bändigen. Verzweifelt blinzelte ich immer wieder Tränen weg, biss mir fest in die Wange. Ich musste ein Ventil finden, denn lange würde ich es nicht mehr aushalten. Etwas verheerendes wurde mir bewusst. Ich, Fia Doe, ein Mischling zwischen Dämon und Engel hatte mich in den König der Hölle, den Mann, der mich entführt, erniedrigt und gebrochen hatte, welcher mich von vorne bis hinten ausnutzte, dabei keinen Funken von Moral besaß, verliebt. Schlimmer noch, meinte ich erkannt zu haben, dass ich ihn liebte. Seufzend drehte ich mich ebenfalls zum Fernseher, welcher abwechselnd Bilder von eingestürzten Häusern, Waldbränden, Tornados und anderen Katastrophen zeigte. Auch das kleine Städtchen, indem ich ganze 5 Jahre meines Lebens verbracht hatte, wurde nicht verschont, denn ein Erdbeben der Stufe 7 erschütterte es. Inanna murmelte etwas auf einer mir unverständlichen Sprache und Foras, welcher neben ihr am Sofa saß nickte ihr zustimmend zu. Lilith war schon längst zurück in die Hölle verschwunden, warum sie geholfen hatte, erzählte mir niemand. Mein erster Instinkt, als ich die eingestürzten Häuser meiner Heimat sah, war ein Stoßgebet für all die Menschen. Ich musste fast auflachen, immerhin war das Gott, der alles zerstören ließ.
„Inwiefern soll ich die Zerstörung der Menschheit sein," fragte ich in die Runde, immer noch auf den Fernseher schauend, der nun Bilder des San-Andreas-Graben zeigte, da dort hohe Erdbebengefahr bestand und die Einwohner evakuiert werden mussten. Was sich ziemlich schwer herausstellte, immerhin wimmelte es trotzdem von Dämonen. Die Bilder hatten etwas Post-apokalyptisches.
„Herold," murmelte Foras, drehte sich anschließen zu mir und sah mich schmallippig lächelnd an. Fragend runzelte ich meine Stirn und lehnte mich gegen das Fenster.
„Du bist der Herold." erklärte er und stand, sich sichtlich unwohl fühlend, auf. Zögernd näherte er sich mir, blieb aber bei einem Abstand von einem Meter stehen und sah mich einfach abwartend an.
„Aha?"
„Luzifer hat dir gesagt, dass er den Plan Gottes vereiteln möchte. Das war sogar die Wahrheit. Er will über alle drei Reiche herrschen, dafür braucht er aber etwas. Das Wesen, dessen Bestimmung die Zerstörung alles Bekannten ist, dich. Man spricht, dass das Mischblut sich zwischen Gut und Böse entscheiden muss, so oder so wird nach dessen Geburt alles anders."
„Aber Luzifer hatte mich nie zu bösen Dingen gezwungen. Im Gegenteil, er hat mir immer alles verheimlicht. Ich wollte nur Ben retten, mehr nicht."
„Er musste dich zu nichts zwingen, da du gespalten bist. Luzifer hatte dich höchsten etwas in die richtige Bahn manipulieren müssen, den Rest hat dein vergiftetes Herz erledigt." erklärte diesmal Inanna. Vergiftetes Herz? Na, aber Hallo, ich war mit einer echten Poetin verwand.
„Wie soll ich das bitte anstellen?" fragte ich lachend. „Schnipsen wie Thanos?" Ich sprach schnell gereizt weiter, bevor einer der beiden mich unterbrechen konnte: „Dieses Universum ist endlich, seine Ressourcen sind endlich, wenn das Leben nicht korrigiert wird, fordert das seinen Preis," zitierte ich mit gespielt tiefer Stimme aus Infinity War und schnipste am Ende des Zitates symbolisch mit den Fingern.
„Puff, Menschheit weg." erklärte ich anschließend, während ich zwei höchst verwirrt aussehende Blicke erntete. Inanna wollte gerade etwas sagen als ich sie barsch unterbrach. Himmel, ich war verdammt sauer. „Was machst du eigentlich? Wieso tauchst du mir nichts dir nichts mit Uriel auf? Wieso jetzt?"
„Uriel hatte gehofft, dass wenn wir dir die Wahrheit sagen alles noch gut gehen könnte. Er konnte nicht wissen, dass er es schlimmer machen würde. Er hatte sich mit den anderen zusammengesetzt, seinen Plan erzählt und als er die Zustimmung seiner Brüder bekam machte er sich auf den Weg. Mich hatte er dazu geholt, weil er es für Sinnvoll hielt, immerhin habe ich dich ausgetragen, und Lilith half, weil sie ihren Platz in der Hölle nicht verlieren möchte."
„Ja, du hast mich ausgetragen, dass wars aber auch schon." bellte ich. „Meine Eltern wahre Helden!" juchzte ich gen Decke und streckte meine Hände in die Luft, wie wenn ich mit einer höheren Macht sprechen würde.
„Satans scheiße zum Frühstück," fluchte Foras, unterbrach mich, da ich gerade weiter über meine Erzeuger herziehen wollte, und starrte mit offenen Mund auf den Fernseher. Etwas belustigt über seine Ausdrucksweise folgte ich seinem Blick. Bei den Bildern, welche gezeigt wurden, gefror mein Blut zu Eis. Die San-Andreas-Verwerfung war eine rechssinnige Transformstörung*, entlang derer die Pazifische Platte an der Nordamerikanischen Platte vorbeidriftete und erstreckte sich über 1300 Kilometer längs durch Kalifornien. Kurz gesagt, schob sich die Nordamerikanische Platte nach Süden und die Pazifische entgegengesetzt. Eine Kollusion war unvermeidlich und würde irreparable Schäden mit sich ziehen. Ich spreche von der Auslöschung vieler Städte. Der Schock, welcher in meinen Knochen saß, als der Nachrichtensprecher gehetzt erzählte, dass eben dies geschähen war, war unbeschreiblich. Der dickliche Mann mit halb Glatze sprach von einem Erdbeben der Stufe 9, bis zu 40 Meter hohe Flutwellen rissen alles um sich mit. Unfähig etwas zu sagen lauschte ich, wie der Mann erklärte, dass es Parkfield nicht mehr gab und San Francisco sowie Los Angeles überwiegend zerstört waren. Geringe Chance auf überleben.
„Du hast gefragt inwiefern du die Menschen zerstören könntest," riss mich Inanna aus meiner Schockstarre. Will sie mich verarschen? Mit einem nicken zeigte sie zu dem Fernseher mit den schockierenden Bildern und sprach: „Du hast bereits begonnen."

*Transformstörung: ein Kontaktbereich zweier tektonischer Platten, in dem sich diese beiden Platten seitlich vorbeischieben

Ben POV

Der pure Wahnsinn war ausgebrochen. Seitdem das VT vor zwei Tagen angegriffen wurde, was vielen das Leben kostete, waren Wayne und ich nur noch am Arbeiten. Es war schon schlimm genug, die Soldaten, die überlebt hatten, auf Vordermann zu bringen, da hatte ein Erdbeben der Stufe 7 echt noch gefehlt. Für mich war die Vorstellung eines Erdbebens immer schon gruselig. Jetzt mal ehrlich, wie reagierte man bei so etwas? Klar aus den Gebäude laufen, vor allem bei den unserem, da viele eingestürzt waren, dennoch durfte man nicht vergessen, dass der Boden sich ebenfalls spalten konnte. Rhiannon drückte fest meinen Arm, ihr Gesicht war aschfahl und ein Rinnsal von Blut mündet aus einer Wunder an ihrer Stirn. Wir hatten das Nachbeben überstanden und halfen Verwundeten. Wahrscheinlich war Rhi nicht in der emotionalen Verfassung, dennoch konnte ich sie nicht aus den Augen lassen. Immerhin traten auf dem ganzen Erdball verteilt urplötzlich Naturkatastrophen auf. Niemand konnte sagen was die Erdbeben, Flutwellen, Hurrikans und Vulkanausbrüche auslöste. Es war als würde die Welt verrücktspielen. Kurz dachte ich an Fia, denn sie hatte mir wage etwas von einem göttlichen Plan erzählt. Wer würde wohl diesmal auf eine Arche steigen?
„Buffay!" schrie Wayne, der einen Verwunderten stützte. Mit Rhiannon im Schlepptau eilte ich zu ihm und half den, wie es scheint, schwer verletzten älteren Mann zu herbergen.
„Reed und sein Partner, du weißt schon der neue, haben südlich vom Wald um die 10 Dämonen gesehen. Sie nähern sich allem Anschein nach der Stadt," murmelte er leise. Wir konnten uns eine Massenpanik nicht leisten.
„Was ein Tag," antwortete ich, während wir den Mann zu den provisorischen Sanitätslager schleppten.
„Ben!" schrie Rhiannon und lockte damit auf der Stelle meine Aufmerksamkeit auf sich. Ihre panische Stimme konnte nichts Gutes verheißen. Mit zittrigen Händen zeigte sie auf den angrenzenden Wald. Zuerst konnte ich nicht erkennen, was sie so verschreckte und dachte, dass es wohl an ihrem Schockzustand lag, doch dann sah ich es. Aus den Tiefen des Waldes tauchten vier große Gestalten auf, zuerst dachte ich an Dämonen, doch dann sah ich die großen weißen Flügel, welche gerade dabei waren zu verschwinden. Ein Mann mit hellbraunen Haar und Augen so schwarz wie die Nacht, welche bisher nur bei einer einzigen Person gesehen hatte, ging etwas vor den Anderen und bildete mit ihnen eine Art von Pyramide. In seiner Hand hatte er ein Schwert, ein Schwert aus Feuer. Tief in meinem Kopf klingelt eine Erinnerung aus dem Religionsunterricht. Sie war zu alt, dass ich sie abrufen hätte können. Jeder verstummte, sah die Männer, nein Engel, stumm an. Wussten die anderen, was vor ihnen stand?
„Ich muss dir Recht geben, Mann. Was ein Tag," sprach Wayne verdattert. 

Apokalypse - BittersüßOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz