Kapitel 10

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„Ihr Menschen hattet in Namen der Religion schon früh viele Kriege geführt. Gemordet, vergewaltigt und zwangsbekannt. Zur Zeit deiner Geburt war es vielleicht nicht mehr so schlimm und doch gab es in manchen Ländern genau deshalb Krieg und in vielen anderen Benachteiligungen." sprach er und zog mich sofort in seinen Bann. Neugierig worauf er hinaus möchte lehnte ich mich weiter nach vorne und stützte meinen Kopf mit den Händen am Knie. „Primitiv wie deine Spezies ist, hat sie nicht verstanden, dass das alles keine Rolle spielte. Glaube kann subjektiv sein, solange die überbrachten Werte stimmen." er sah mich lange an bevor er weitersprach. „Ich bin Luzifer, aber auch viel mehr. Die Griechen nannten mich Prometheus, der Feuerbringer. Manche sagen ich bin ein alter semitischer Lichtgott. Ich könnte lange so weiter machen. Du kennst mich wahrscheinlich unter dem gefallenen Engel oder Morgenstern." er wartete gar nicht erst auf eine Antwort. „Wichtig ist zu verstehen, dass du eigentlich nichts weißt. Ich habe zwar viele Namen und doch bin ich nicht Satan. Satan ist der Herrscher der Hölle oder auch Unterwelt genannt." Vor Aufregung konnte ich nicht mehr still sitzen, also stand ich auf und ging neben dem Sessel auf und ab. „Und du bist?" fragte ich ihn verirrt. Früher, sprich vor der Ankunft, war ich nie religiös und hatte mich somit auch nie mit irgendeinem Glauben beschäftigt. Ich glaubte an die Wissenschaft und selbst das nur an manchen Tagen, selbst nach der Ankunft hatte ich mich nicht zu Gott gewendet. All diese Dinge zuhören war also ziemlich viel und doch wusste ich, dass es sehr viel mehr gab. Mehr als ich wohl jemals begreifen könnte. „Ich bin der König. Wir sind grundsätzlich verschieden und es ist eine echte Beleidigung, dass ihr Menschen unsere Identitäten verschmelzt hattet." zischte er in meine Richtung. Ja, das war wohl sein wunder Punkt. „Ich trage heiliges Licht in mir, wurde als etwas Reines, ein Engel, von Gott erschaffen. Satan hingegen soll euch Prüfen, verträgt das heilige Licht nicht und steht bei den Todsünden für Zorn und Wut. Ich versuche euch Menschlein einfach nur etwas vom rechten Weg zuleiten und damit zum Hochmut zu animieren. Was nicht wirklich schwer ist." „Also stehst du über Satan?" verwirrt hielt ich an und sah in seine Richtung, aber nicht direkt auf ihn. „Das ist kompliziert aber strenggenommen ja. Ich lass ihm aber sein Spielzeug, es interessiert mich nicht die Hölle zu führen. Wie auch immer, der wichtigste unterschied zwischen uns ist, dass ich im Gegensatz zu ihm nicht aussehe wie ein überfahrener Köter." Ungläubig schüttelte ich den Kopf. Es war viel, sehr viel sogar und er kommt damit. „Satan wollte mich also tot sehen und du solltest mich eliminieren?" flüsterte ich, weil mir diese Tatsache am wenigsten schmeckte. Luzifer nickte, wollte zum Weitersprechen ansetzten als er ruckartig den Kopf in Richtung Tür hob. „Verlass dieses Zimmer und ich erfülle den Wunsch Satans." Mir blieb die Zeit um etwas zu erwidern nicht, denn er war in der nächsten Sekunde einfach verschwunden. Wie damals, als ich den Pakt einging. Unsicher was ich machen sollte, setzte ich mich wieder auf den bequemen Sessel. Wehmütig landeten meine Gedanken zu Ben. Was ich nicht geben würde um ihn jetzt Umarmen zu können. Wir waren schon solange beisammen, dass seine Abwesenheit sich anfühlt wie der Verlust eines Körperteils. Mein Kopf brummte von den ganzen neuen Informationen, der Tatsache das ich in der Hölle war und einer ultimativen Ungewissheit, denn er könnte alles mit mir machen. Desto länger ich über Luzifer und die Satan-will-dich-töten-Sache nachdachte, umso verrückter wurde ich. Wieso will man auch meinen Tod und wenn sollte man seine Drecksarbeit doch mindestens selbst ausführen. Anderseits wäre ich dann wahrscheinlich schon längst hinüber. Das alles war zum Haare ausreisen. Zu Letzt endete ich wieder bei Ben. Geht es ihm gut? Kann Rhiannon ihmTrost spenden und diese lächerliche Sache mit dem VT ausreden. Venatores Tenebris, diese scheiß Organisation machte mir wirklich am meisten Sorgen. Mit ihren teuren und aparten Uniformen und dem angesehenen Rang, hielten sie sich oft für besser. Am schlimmsten ist, dass sie sich nicht davor scheuten Kinder in den Tod zuschicken, denn offiziell durfte man sich schon mit lächerlichen fünfzehn Jahren verpflichten. Meine Brust zog sich zusammen bei den Gedanken an Ben in einer solchen Uniform gegen einen Dämon kämpfend. Vielleicht würde er sich irgendwie rausreden können, obwohl man dort nicht aussteigen konnte. Rhiannon wird bestimmt einen Weg finden, immerhin war sie von uns dreien immer schon die Vernünftigste. Zumindest war es früher so, wer weiß in welchem geistigen Zustand sie wirklich ist. Mich im Sessel zusammenrollend, betete ich zum wahrscheinlich ersten Mal. Es fühlte sich komisch und ja etwas heuchlerisch an, da ein Teil von mir noch immer nicht an das ungesehene glauben kann. So kurzsichtig bin ich. Trotzdem betete ich für Ben und seine Sicherheit. Dass er überleben wird und viel wichtiger Glück findet. Nichts mehr wünschte ich mir. Auch für Rhi betete ich, obwohl unsere Freundschaft schon vor langer Zeit in die Brüche gegangen war, würde ich es nicht ertragen, wenn ihr was passiert. Wäre ich damals nicht so ein egoman gewesen, wäre vieles anders gelaufen. Ich hätte meine besten Freunde nicht verloren. Mich nicht verloren, denn das hatte ich. Vielleicht hatte ich mich nie richtig und Ben ließ mich diese Tatsache einfach nicht sehen, da er immer kleinlich darauf bedacht war mich vergessen zulassen. Jetzt wo er weit weg von mir war, erkannte ich, dass mein Fall schon immer hoffnungslos war. Ein klopfen der Tür riss mich aus meinem Bad des Selbstmitleides. Hea riss die Tür auf bevor ich auch nur irgendetwas sagen konnte. In ihren Händen trug sie einen Berg mit Klamotten, den sie auf das Bett schmiss. „Diese Sachen müssten dir passen," sie versuchte die Abneigung in ihrer Stimme gar nicht erst zu verbergen. Langsam ging ich zur Plattform bestieg diese und musterte den Kleiderhaufen skeptisch. „Du solltest dich im Badezimmer waschen und dann umziehen. Luzifer steht nicht so auf Dreck." wisperte mir die Dämonin ins Ohr. Okay, das wars. „Wie bitte?" hauchte ich wütend. „Du hast mich schon gehört." Und wie ich sie gehört hatte. „Für einen Fußabtreter bist zu ziemlich gesprächig," zischte ich sie an. Mir war bewusst, dass sie mir allein mit ihrem Dämonendasein überlegen war. Körperlich war mir wahrscheinlich sogar ein 10-Jähriger überlegen, trotzdem ließ ich mir sowas nicht gefallen. Anstatt auf mich loszugehen, wie ich es von einem Dämon erwartet hatte, holte sie tief Luft und warf mir einen vernichteten Blick zu ehe sie schnurstracks zur Tür marschierte. An der Tür angekommen drehte sie sich noch einmal zu mir und meldete sich Schadenfroh zu Wort. „Zufällig weiß ich von den Regeln. Luzifer wird es sicher interessieren, dass du bereits eine gebrochen hast. Ich kann deine Strafe kaum abwarten." Damit verschwand sie und ließ mich rasend zurück. Kopfschüttelnd ignorierte ich ihren letzten Satz, sich darüber den Kopf zu zerbrechen schien mir nicht Sinnvoll. Seufzend suchte ich unter den Kleidern etwas, was nicht ganz nach Bordell schrie. Ziehen sich in der Hölle alle halbnackt an? Als ich etwas fand was nicht allzu schlimm war ging ich zur Tür, die wahrscheinlich das Badezimmer war. Das Licht schaltete sich von selbst ein und gab einen Blick auf ein sehr großes Bad frei. Der Boden glänzte aus schwarzen Fliesen, ebenso die sehr große Badewanne und der Duschbereich. Wie im Schlafzimmer war der Raum dunkel gehalten was ich für „den Lichtbringer" sehr fragwürdig fand. Entsetzt stellte ich fest, dass man die Türe nicht zusperren konnte und wollte auch schon aufs Duschen verzichten. Für immer. Vielleicht würde er mich freilassen, wenn ich stinke? Oder mich töten. Damit wurde die Entscheidung getroffen und ich begann mich zu waschen. Als ich fertig war und nach ihm roch, was mir sowas von gegen den Strich ging, obwohl er ziemlich gut roch, begann ich den lächerlichen Fetzen anzuziehen. Es war ein enges schwarzes Miederkleid mit sehr dünnen Spagettiträgern und reichte mir knapp über den Hintern. Vor dem Spiegel über den großen Waschbecken trat ich mehrere Schritte zurück um mich so gut es geht sehen zu können. Mein brustlanges braunes Haar fiel mir in Wellen nass über die Schulter und ließ mein blasses Gesicht umso mehr hervorstechen. Die letzten Tage hatten eindeutig ihre Spuren hinterlassen. Meine Wangen waren eingefallen, meine relativ vollen Lippen aufgeplatzt und tiefe Augenringe hatten sich gebildet. Ich sah aus wie eine Irre. Mein Spiegel-Ich zog eine Augenbraue hoch und blitze mich aus dunklen braunen Augen an. Sie wahren groß und gaben mir einen kindlichen Ausdruck. Im Allgemeinen sah ich für 20 wahrscheinlich sehr kindlich aus. Der Fetzen, welcher sich irrtümlich Kleid nannte betonte meine Figur auf eine Art, die mich verunsicherte. Meine Hüften waren zwar noch immer ausgeprägt, doch sah ich den Gewichtsverlust. Schließlich wandte ich mich vom Spiegel ab und schlenderte zurück ins Schlafzimmer. Meine alten Sachen ließ ich am Boden liegen, falls Luzifer tatsächlich etwas gegen Dreck hatte würde ihn die Unordnung bestimmt auch nicht gefallen. Zufrieden mit meinem kleinen rebellischen Akt begann ich mir die Bücher genauer anzusehen. Zwecklos, wie sich herausstellte, da sie alle auf einer mir fremden Sprache waren. Kurz bevor mich die Langeweile fast zum Wahnsinn trieb erschien er wieder vor mir und warf mir einen gefährlichen Blick zu, welcher nichts gutes bedeuten konnte.

 „Regeln brechen ziemt sich nicht," hartherzig packte er damit meinen Arm und zog mich dicht an ihn heran. Das Grauen in mir breitete sich in einer Gänsehaut über meinen gesamten Körper aus. 

Apokalypse - BittersüßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt