Kapitel 29

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Ich saß am Boden, die Knie an mich gezogen, in der Dusche, während eiskaltes Wasser auf mich herab prasselte. Gerade wurden die Stützpunkte des VTs und ähnlicher Organisationen angegriffen. Meine Freunde wurden höchstwahrscheinlich von einem Feuerdämon gegrillt. Und ich konnte nichts dagegen unternehmen, außer hoffen, dass er doch auf mich gehört hatte. Ich hatte alles was jemals zwischen uns war verraten, dabei wollte ich ihn retten. Die Stimme in mir war seit ich mich im Badezimmer eingesperrt hatte verschwunden und mit ihr die Mauer, welche mich von meinen Gefühlen abgeschirmt hatte und mein Herz vor größeren Schaden bewahrte. Uriel hatte Recht, meine Existenz war ein Fehler. Hätte es mich nicht gegeben, dann wäre Ben vielleicht wohlauf und wäre niemals auf die Idee gekommen sich dem VT anzuschließen. Er wäre glücklich mit Rhiannon. Und wäre ich nicht gewesen, wäre Rhiannon damals nie gestorben. Sie hätte nicht ertragen müssen, wie ein Dämon sie bei vollem Bewusstsein in ihre Einzelteile zerfetzte. Als ich meine Augen schloss, konnte ich das Bild, als er seine Klauen in ihren Bauch gerammt hatte und ihr wichtige Organe heraus riss, sehen. Verzweifelt drückte ich meine Hände auf meine Ohren, um ihren Todesschrei nicht ein weiteres Mal anhören zu müssen. Mir entkamen Schluchzer, welche alles andere als menschlich klangen, denn mir wurde bewusst, dass ich wohl ein Fluch war. Welchen sie beide womöglich nicht überlebten. Tief in meinem Inneren hatte sich etwas gebildet. Ein Ungetüm, welches mein Herz langsam zerquetschte, während es in mir wuchs. Der Schmerz raubte mir meinen Verstand. Als wäre etwas gebrochen, begann ich zu schreien. Ich schrie so laut wie ich nur konnte, schlug dabei, mit meinen Händen zur Fäusten geballt, gegen die Seite meiner angezogenen Füße. Versuchte das Ungeheuer zu Bändigen und das pochen in mir zu vertreiben. Ich war die größte Lachnummer, dachte ich. Der ganze Schmerz meiner Kindheit, der den ich vor kurzen erst durchstanden hatte, alles umsonst, denn er würde sterben. Wegen mir. Wut, Kummer und Hass, ich konnte nicht sagen, welches dieser Gefühle, die Reaktion in mir auslöste. Letztendlich war nicht wichtig was die Energiewelle angefacht hatte, die aus meinen Körper schoss, begleitet von einem dermaßen lauten Schrei, welcher mir womöglich meine Seele geraubt hatte. Sie war so intensiv, dass der Spiegel krachend zu Boden flog. Mit einem Schlag sah das Bad aus wie ein Schlachtfeld. Glas lag verteilt am Boden, das Waschbecken sowohl auch als die Badewanne hatten einen Gewaltigen Riss, die Tür war aus ihrer Verankerung gekippt und vereinzelt lagen kleinere Sachen im ganzen Badezimmer wahllos verstreut. Trotzdem hörte ich nicht auf zu schreien, konnte es gar nicht. Vielleicht würde ich nie wieder damit aufhören können, so fühlte es sich zumindest an. „Es tut mir leid. Es tut mir leid." schrie ich weinend und schlug meinen Kopf mit geschlossenen Augen gegen meine Knie. Neben der ganzen Verzweiflung und dem Selbstmitleid, fühlte ich auch einen gewissen Ansporn. Nichts würde mich aufhalten können, entschied ich. Gott ließ die Menschen für ihre Sünden bestrafen, zwang unschuldige in die Hölle, weil sie seinen Anspruch nicht gerecht wurden, doch er war derjenige, der die Menschen im Stich gelassen hatte. Er erlaubte, dass Kinder durch schreckliche Erlebnisse zu Monstern wurden, dass sie sich verloren. Wo waren die Schutzengel als Pam, meine Pflegemutter, brutal auf Ben einschlug, weil er nicht zulassen wollte, dass ihr Mann sich weiter an mir vergriff. Als sie ihn anschrie, weil er ihre „Geldquelle" störte. „Es tut mir so leid!" schrie ich, so gut es mir meine langsam raue Stimme erlaubte, erneut und ließ den Hass mein Herz umarmen. Ich hatte ihn nicht bemerkt, hörte nicht als er sich zu mir unter die Dusche stellte. Erst als er sich ebenfalls hingesetzt hatte, mich schweigend auf seinen Schoss zog und mein Gesicht gegen seine Brust drückte, bekam ich mit, dass ich nicht mehr alleine war. Wäre ich nicht so aufgelöst gewesen, hätte ich ihn wahrscheinlich angeschrien, da ich Splitterfasernackt war. Stattdessen begann ich noch hysterischer zu weinen. Ich verdiente keinen Trost. Luzifer drückte mich noch fester gegen seinen Körper, strich mir über meine kurzen nassen Haare und ließ zu, dass ich mir die Seele aus dem Leib heulte. Er sagte nichts, wofür ich dankbar war, denn kein Wort der Welt konnte mich beruhigen. Ich sollte sauer auf ihn sein, immerhin hatte er beschlossen, dass das VT angegriffen werden sollte. Jede normale Person, wäre auf ihn losgelassen, hätte es ihm heimgezahlt. Wenn Ben an meiner Stelle gewesen wäre, hätte er nicht gezögert. Er hätte ihn umgebracht, denn im Gegensatz zu mir, war er gut. Wenn jemand das Leben, ein erfülltes Leben verdient hätte, dann er. Ben war loyal, ein besserer Freund und Mensch als ich es jäh sein könnte, immerhin lag ich in den Armen des Mannes, der indirekt seinen Tod verursachte und heulte mir die Augen aus. Schlimmer noch, empfand ich für diesen Mann etwas.
„Ich bin ein Monster," schluchzte ich und spürte, wie sein Körper sich anspannte, ehe ich weiter krächzte: „Ich bin ein verdammtes Monster. Uriel hatte Recht, mich sollte es nicht geben."
Luzifer bewegte sich, umfasste sanft mein Gesicht und hob es, sodass ich ihn angeschaut hätte, währen meine Augen nicht geschlossen gewesen.
„Sie mich an." sprach er leise, eine Dringlichkeit schwang in seinem Ton. Einem Ton, den ich bisher noch nie gehört hatte. Als ich ihm folge geleistet hatte und in seine Augen, welche hell und etwas feucht glitzerten, verschwommen ansah, begann er weiter zu sprechen.
„Sag sowas nie wieder. Du bist kein Monster und Uriel ist ein Trottel. Verstanden Fia?" Seine Stimme klang, als hätte er ebenfalls Schmerzen, als würde er mit mir leiden. Diese Vorstellung war absurd, doch sprach er unnatürlich leise und sah mich aufrichtig aber unendlich traurig an. Hektisch schüttelte ich meinen Kopf, immer mehr Tränen schossen aus mir heraus. Wer hätte gedacht, dass jemand so viel weinen konnte. Was auch immer er sagte, würde nichts an der Tatsache ändern, was ich war.
„Nein, du verstehst das nicht. Ich bin ein Monster, mit mir kommt nur schlechtes. Ich verderbe alles, Luzifer. Du hättest auf Satan hören sollen. Noch ist es nicht zu spät." ich holte tief Luft, denn mir wurde gerade bewusst, wonach ich mich heimlich gesehnt hatte. Ja, ich wollte mich Gott in die Quere stellen. Ihn für alles Büßen lassen. Ich war aber auch ein Feigling und unglaublich schwach. Ohne Ben, nein, ohne ihn wollte ich nicht Leben. Erst als ich es ausgesprochen hatte, erkannte ich, dass ich mit ihnen sterben wollte. Das Ungetüm in mir war zu viel. Kaum hatte ich ausgesprochen, zuckte der Höllenkönig zusammen und sah mich entsetzt an. Ich hatte nicht ein einziges Mal seine allbekannte Maske gesehen, seit er zu mir in die Dusche gestiegen war. Eine seiner Hände, welche immer noch um mein Gesicht geschlossen waren, wanderte zu meinen unteren Rücken, zog mich näher an ihn, währendem er seine Stirn gegen meine drückte.
„Wenn du das meinst, was ich denke, dass du meinst, dann hast du sie nicht mehr alle. Eher würde ich seine Hufen lecken, als dir auch nur ein Haar zu krümmen. Ich...Ich weiß, dass ich dir weh getan habe und wahrscheinlich werde ich es wieder tun, doch musst du mir glauben, dass ich es jedes Mal bereue." hauchte er, ließ mein wimmern verstummen. „Ich kann dir nicht sagen, was es ist aber allein der Gedanke, dass ich dich umbringe, macht mir Angst. Und Fia, ich hatte noch nie vor etwas Angst. Also hör auf, diesen Stuss von dir zugeben, denn du bist kein Monster und du hast dein Leben verdient." Aus großen Augen sah ich ihn für einige Sekunden an bevor ich meine Stimme wiederfand.
„Er wird sterben, wenn nicht heute, dann irgendwann anders. Rhiannon hatte Recht, er wird mich nicht überleben. Wie kann ich kein Monster sein? Sieh mich an, ich schmiege mich weinend an denjenigen, der das alles beauftragt hatte, währenddessen waren sie vielleicht schon qualvoll gestorben." schniefte ich und schüttelte meinen Kopf. Auf einmal drang aus meiner Kehle ein Lachen, es strotzte vor Hass.
„Ich bin die grässlichste Person, die es gibt, denn obwohl ich weiß, dass du Schuld hast, sitze ich auf deinem Schoss und lasse zu, dass du mich berührst." Schlimmer noch, ich brauchte ihn.
„Mit einem hast du Recht. Ich bin schuld. Ich bin hier das Monster, die grässliche Person, nicht du. Hör auf dich selbst schlecht zu machen, denn das bist du nicht. Du bist gut, dir blieb nichts anderes übrig. Hasse mich, nicht dich." Das was ich anschließend sah konnte nicht wahr sein. Es musste eine Einbildung sein, denn eine einzelne Träne kullerte über seine Wange. Benommen hob ich meine Hand und berührte sie, stellte damit fest, dass sie echt war. Anstatt meine Hand wieder wegzuziehen strich ich über seine Wangenknochen, beobachtete, wie er zusammenzuckte und anschließend seine Augen schloss. Mir war bewusst, dass das nicht der richtige Zeitpunkt war, dass ich damit meine Illoyalität unterstrich, dennoch entfachte in mir eine Sehnsucht. Ein Hunger, denn ich so nicht kannte. Ich schluckte, streckte mich und presste sanft meine Lippen auf seine. Er verkrampfte, ehe er den Kuss erwiderte. Die Hand an meinem Rücken drückte mich fest, während die an meinem Gesicht in meinen Nacken wanderte. Ich bewegte mich sodass ich rittlings auf ihm saß, meiner Nacktheit deutlich bewusst. Es war sowas von falsch. Luzifer vertiefte unseren Kuss, ließ seine Zunge um meine tanzen. Meine Hände wanderten zu seiner muskulösen Brust, umfassten das untere ende seines Shirts und zogen daran. Er verstand, ließ von mir ab und zog es sich schnell über den Kopf. Kaum war das Shirt ausgezogen, küsste er mich stürmisch, stahl mir damit ein stöhnen. Meine Hände strichen über jeden seiner Muskeln, während ich meine Hüfte fest an seinem Schoss rieb. Das kehlige Keuchen seinerseits, brachte die Schmetterlinge in mir zum Durchdrehen. Luzifer ließ seine Lippen von meinen Mundwinkel, zu meinem Kinn und anschließend meinen Hals herabwandern. Die Hand an meinen Rücken strich sanft meinen Bauch hinauf, blieb an einer meiner Brüste stehen und brachte mich damit um den Verstand. Meine Nippel waren noch bevor er seine Finger über einen von ihnen streichen ließ hart. Laut auf keuchend, ließ ich meine zittrigen Hände an den Bund seiner Hose wandern. Bevor ich ihn erreichen konnte erstarrte ich. Auf einmal hatte ich Angst, dass er mich erneut zurückweißen würde und, und das würde ich wahrscheinlich nicht verkraften. So krank es war, ich brauchte ihn. Wollte ihn. Zögernd sah ich ihn an, wartete auf ein Zeichen seinerseits. Die Hand in meinem Nacken verschwand, umschloss die meine und führte sie zu dem Bund seiner Hose. Wir sahen uns dabei die ganze Zeit in die Augen und ich konnte erkennen, dass er es ebenfalls brauchte. Dass er mich brauchte. Das weiß seiner Augen bewundernd, öffnete ich mit einem Ruck den Knopf seiner Hose. Er keuchte, sah auf meine Hand herab, währenddem sie sich langsam in seine Hose schob.

Apokalypse - BittersüßWhere stories live. Discover now