Kapitel 25

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Ich sah furchtbar aus. Mein Hals war blau-lila verfärbt, in meinen Augen, die mich ausdruckslos zurück anstarrten, waren Adern geplatzt, unter ihnen zierten dunkelblaue Augenringe mein fahles Gesicht und mein dunkelbraunes Haar hing mir strähnig bis zur Brust. Tränen rollten über meine Wange und tropften anschließend auf meine Hände, die sich fest am Waschbecken hielten. Luzifer sagte eins, er wolle nicht, dass er mich bricht, doch sah ich aus wie eine Gebrochene. In meinen Leben war ich nie wirklich glücklich gewesen, hatte selten gelacht und galt eher verschlossen. Ben und manchmal Rhi, vor der Ankunft, waren die einzigen die mich glücklich gemacht hatten. Zumindest etwas. Zu sagen, dass Luzifer mir alles nahm stimmte also nur bedingt, denn wenn ich ehrlich war, hatte ich nie etwas. Dennoch sah ich noch nie so scheiße aus wie gerade eben als ich mein Spiegelbild im großen dunklen Badezimmer von ihm musterte. Wenn ich früher dachte, mich verloren zu haben, dann war ich nun nur noch ein schwarzes Loch. Das Mädchen ohne richtigen Nachnamen wurde zu dem Mädchen ohne einem funken Licht. Mehr und mehr kamen mir dunkle Gedanken. Sie flüsterten mir zu, dass Rache meine einzige Option war. Dass ich mich nicht nur gegen Gott auflehnen sollte, sondern ihn gemeinsam mit Luzifer stürzen musste. Es war wahnsinnig. Ich wischte mir die Tränen aus meinem Gesicht, denn geweint hatte ich viel zu oft. Anschließend griff ich nach der Schere vor mir, welche ich ewig suchen musste, und begann entschlossen mein Haar zu schneiden. Die Länge störte mich, erinnerte mich an Ben, der mein Haar geliebt hatte. Mit ungeübten Bewegungen schnitt ich es nach und nach kürzer, beobachtete befreiend wie mein Haar auf den Boden und in das Waschbecken fiel. Am Ende ging mein Haar gerade noch bis zum Kinn und gab meinem zusammengefallenen Gesicht eine schärfe. Es war bestimmt nicht perfekt geschnitten aber das kümmerte mich nicht. Zufrieden nickte ich mir zu und verließ das Bad. Aufräumen tat ich nicht, denn Luzifer hasste Unordnung also überließ ich ihm ein haariges Geschenk. Bevor ich jedoch das Bad verlassen hatte warf ich noch einen kurzen Blick in den Spiegel und begutachtete mein Gewand. Ich trug ein schwarzes enges Top, welches nur bis zu meinem Bauchnabel reichte und eine lange lockere dunkelgrüne Jeans, die mehr Löcher als Stoff hatte, dazu hohe Plateaustiefeletten. Im Anschluss verließ ich Luzifers Zimmer und begab mich auf die Suche nach Nina, welche ich in ihrer Unterkunft im ersten Stock fand.
„Ich weiß, dass du weißt wo Foras ist," stellte ich emotionslos fest. Luzifer mochte Nina, da sie alles für ihn tun würde. Sie war loyal und unglaublich stur. Es würde nicht schön für sie werden, wenn sie nicht mit der Sprache herausrückte. Meine Kräfte verstand ich noch nicht aber ich beherrschte sie gut genug um ihr Schaden zuzufügen, was ich nicht wollte aber, was sein muss, muss sein. Die dunkle Stimme in meinem Kopf stimmte mir zu. Luzifer selbst war wie so oft nicht hier. Er sagte, dass er alles plante, was genau er trieb wusste ich nicht.
Nina sah mich unbeeindruckt an und schüttelte den Kopf, während sie ihre Krallen feilte. Ich starrte auf die Feile, nickte leicht mit einem Kopf und beobachtete, wie sie aus ihrer Hand gerissen wurde und in die Mauer hinter ihr flog. So schnell, dass sie in ihr stecken blieb. Sie sah mich darauf wütend und mit zusammengepressten Lippen an.
„Luzifer will nicht, dass du zu Foras kommst. Er muss seine Strafe absitzen." knurrte sie. Ihr Gesicht wurde auf einmal fahl, wahrscheinlich sah sie den Wahnsinn in mir. Ohne zu zögern hob ich meine Hand und schoss eine Energiewelle auf sie, die sie krachend gegen die Wand schmiss. Ihre Schlangen zischten, warteten darauf mich angreifen zu dürfen. Nina bellte etwas auf dieser unbekannten Sprache und eine ihrer Schlangen schnellte in meine Richtung. Erneut zuckte ich mit meinem Kopf, hörte darauf ein lautes knacksen und sah der Schlange zu, wie sie leblos zu Boden fiel. Oculus, der seinen Schwanz unbemerkt um meine Füße gewickelt hatte, zog mich auf den Boden. Wütend sandte ich eine Welle nach ihn, hob das Reptil hoch in die Luft und lauschte Ninas entsetzten Schrei.
„Sag mir wo er ist oder ich breche sein Genick." sagte ich leise aber bestimmt. Die Stimme in meinem Kopf rief mir penetrant zu, dass ich es machen sollte, da sie mich angreifen wollte, doch ich ignorierte sie.
„In einer Zelle, du weißt wo." sprach sie schnell.
„Welche Zelle und wie komm ich hinein." Nachdem sie mir die Informationen gegeben hatte ließ ich Oculus frei.
„Er wird bewacht von anderen Dämonen. Lass es sie würden dich töten," warnte sie mich.
„Nicht, wenn ich sie zuerst töte," damit begab ich mich zum Höllenportal.

Ich durchquerte die kleineren Höhlen, verlief mich eins-zweimal ehe ich in der großen Höhle mit dem Seelensee ankam. Bis jetzt waren mir keine Dämonen über den Weg gelaufen. Doch sah ich hinten vor einer grün leuchtenden Zelle einen Haufen hässlicher Dämonen, die diese zu bewachen schienen. Mir war bewusst, dass ich sie ohne zu zögern töten würde. Für Foras. Ein Dämon, ein öliges Etwas, hatte mich bereits gesehen, ähm gerochen, was auch immer, und pirschte direkt auf mich zu. Noch bevor er mich erreichen konnte, stellte ich mir bildlich vor, wie sein inneres platzte. Meine Gedanken folgend platzte das ölige Ding und spritzte mich mit einer schleimig schwarzen Flüssigkeit an. Angewidert musste ich würgen, denn es stank bestialisch. Dann begann der Kampf. Nie hätte ich gedacht gegen einen Dämon kämpfen zu können ohne mein Leben daran zu verlieren und sicher nicht, auch noch die Überlegene zu sein. Gerade sandte ich eine Energiewelle aus, als mich ein Dämon mit langen Klauen am Hals erwischte. Ich schrie vor Schmerz auf, spürte augenblicklich etwas Warmes meinen Hals herabrinnen. Wütend formte ich einen verrückten Gedanken. Ich stellte mir vor wie jede Kreatur, die mich Angriff zerplatzte. Erleichtert wurde auch dieser Gedanke befolgt und die Dämonen vor der Zelle zerplatzten einer nach dem anderen. Es war ekelhaft, nur mit Mühe konnte ich mich zusammenreißen, da mir Übel wurde. Geekelt stieg ich über die Reste und trat in das grüne Licht, einen Spruch in Gedanken sagend, damit ich nicht gegrillt werde. Als ich Foras vor mir sah brach mein Herz. Er sah mich irritiert aus müden Augen an, schwarzes Blut quoll aus seiner wahrscheinlich gebrochenen Nase und sein mächtiger Körper war in unzähligen Ketten geschnallt.
„Foras!" hauchte ich und rannte zu ihm. Er lächelte mich schwach an, versuchte eine Hand zu heben und zucke anschließend zusammen. Diese Ketten bereiteten ihn schmerzen!
„Ich hol dich da raus." versprach ich, wusste aber nicht genau wie. Mein dämonischer Freund schüttelte entschlossen seinen Kopf, ehe er sprach: „Nicht, es war keine gute Idee, dass du gekommen bist. Er wird dir weh tun." seine Stimme war nicht mehr als ein schwacher Hauch.
Wütend schüttelte ich diesmal  den Kopf. Luzifer war derjenige der Schmerzen leiden würde. Ich schickte einen stillen Befehl, dass die Ketten sich lösen sollten. Zuerst geschah gar nichts, dann begannen sie zu wackeln, ließen Foras schmerzhaft aufschreien, um sich dann endlich von seinem Körper zu lösen. Er stürzte haltlos zu Boden, hob seinen Kopf und sah mich entsetzt an.
„Wie hast du das gemacht?" fragte er atemlos. Ich zuckte mit der Schulter und reichte ihm meine Hand. Er zog sich selbst auf seine Füße, nahm meine Hand erst als er schon stand und zog sie plötzlich kräftig. Ich stolperte verwirrt nach vorne, ehe ich mich in einer festen Umarmung wiederfand. Mein Herz schwoll an.
„Danke," wisperte er. Still drückte ich ihn ebenfalls an mich, dann ließ ich von ihm los und nickte zum Ausgang. Es war an der Zeit zu gehen. Gemeinsam verließen wir die Zelle, durchquerten die große und anschließend die kleineren Höhlen bis wir durch das Höllenportal schritten und vor Luzifers Anwesen ankamen. Wir schafften es nicht einmal hinein, denn Luzifer stand wütend vor dem Eingang. Sein Blick emotionslos auf die verschränkten Hände von Foras und mir gerichtet.
„Spar die deinen Wutanfall. Foras ist mein Freund und wage es nicht ihm für etwas zu bestrafen was auf meinen Mist gewachsen ist!" meine Stimme klang fest, reines Schauspiel aber das wusste er ja nicht. Nachdem er mich fast stranguliert hatte, beschloss ich mich nicht mehr von ihm hin und her schupfen zulassen. Er war stärker als ich, selbst mit meinen Kräften, doch würde ich es ihm nicht leicht machen. Will er mir Schaden zufügen würde ich mich diesmal währen.
„Deine Frisur steht dir," war alles was er sagte. Er drehte sich um und verschwand im Inneren. Foras sah mich aus gerunzelter Stirn an, bekam von mir ein Schulterzucken als Antwort. Auf einmal sah er mich wütend an.
„Dein Hals" seine Stimme klang drohend.
„Nur ein Kratzer," versuchte ich ihn zu besänftigen. Mir war klar das er den nicht meinte.
„Du siehst scheiße aus."
„Willkommen im Club," erwiderte ich etwas belustigt. Mit Foras würde ich diese Sache vielleicht überstehen, denn ich wusste, dass er schon lange nicht mehr im Team Luzifer spielte. Er würde mir meinen Rücken freihalten. Das gleiche galt für ihn, denn noch einmal lasse ich nicht zu, dass er für meine Fehler bestraft wird. Vielleicht könnte Foras mit auf die Erde, wenn alles vorbei war und er es wollte. Es würde nicht leicht werden, ihn vor den Menschen als ihres gleichen auszugeben. Zuerst einmal müssten wir allerdings Gott aufhalten. Die Stimme in meinem Kopf schrie immer noch nach Rache. Nachdem ich die Dämonen zerplatzen ließ war sie sogar noch lauter geworden und ich bemerkte, dass mir dieser Gedanke immer schmackhafter wurde. Fast bekam ich Angst vor mir selbst, denn die Bilder in meinem Kopf waren alles andere als human. 

Apokalypse - BittersüßWo Geschichten leben. Entdecke jetzt