Kapitel 23

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Mein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment explodieren. Von meinen Schläfen bis zu meinem Hinterkopf hatte sich ein stechender Schmerz ausgebreitet, der es mir ermöglichte, das Blut in meinen Ohren rauschen zu hören.

Ich richtete mich etwas auf und massierte mir anschließend die Schläfen, um gegen den pochenden Schmerz anzukämpfen. Um mich herum war es relativ dunkel und das einzige Licht, welches ich wahrnehmen konnte, kam durch ein schmales Fenster hoch in der Mauerwand mir gegenüber.

Ächzend stemmte ich die Hände hinter mich gegen den weichen Untergrund, auf dem ich lag und versuchte, mich so gut wie möglich aufzurichten und in eine aufrechte Position zu kommen.

»Oh mein Gott, du bist wach«, vernahm ich eine leise, weibliche Stimme. Ein hübsches Mädchen mit meerblauen Augen und dunkelbraunem Haar kam auf mich zu und half mir dabei, meinen Oberkörper vollständig aufzurichten. Dabei fuhr eine weitere Welle des Schmerzes durch mich hindurch und ich zog scharf die Luft ein, als sowohl mein Kopf als auch meine Rippen in einem grauenvollen Kanon des Leidens auf sich aufmerksam machten.

»Wo bin ich?«, fragte ich, noch immer von den Schmerzen benebelt.

»Das ist eine lange Geschichte«, entgegnete das Mädchen. »Hast du Schmerzen?«

»Offensichtlich«, zischte ich, als ich mit einer Hand sanft gegen die linke Seite meines Brustkorbs drückte und am liebsten laut aufgeschrien hätte, da es sich so anfühlte, als hätte ich diese Stelle nicht mit meinen Fingerspitzen berührt, sondern mit einem Hammer darauf geschlagen.

»Oh, das ist alles meine Schuld«, sagte das Mädchen und raufte sich verzweifelt die Haare.

»Was ist deine Schuld?«, wollte ich wissen und beobachtete sie dabei, wie sie sich erhob und mit großen Schritten durch den Raum tigerte.

Langsam spürte ich, wie sich der seichte Nebel, der meine Gedanken eingehüllt hatte, legte und mein Kopf klarer wurde. Dennoch verwirrten mich die Worte des Mädchens, welches mir ziemlich bekannt vorkam. Einen Namen konnte ich ihr allerdings nicht zuordnen.

»Das alles hier. Deine Verletzungen, dass wir in diesem stinkenden Raum festsitzen. Alles ist allein meine Schuld«, warf sie sich selbst vor und ich konnte, immer dann, wenn sie in das Licht des kleinen Fensters trat, die Tränen auf ihren Wangen schimmern sehen.

»Setze dich hin«, befahl ich ihr ein wenig harscher, als ich beabsichtigt hatte. Ihr konstantes Hin- und Herlaufen machte mich unheimlich nervös und unruhig. Sie sah mich einen Moment lang geschockt an, bevor sie meinem Befehl nachkam und sich neben mir niederließ. Mittlerweile hatte ich bemerkt, dass ich auf einer Matratze saß, die ihre besten Zeiten bereits hinter sich hatte, dennoch ein angenehmes Sitzpolster abgab.

»Jetzt atme ein paar Mal tief ein und aus und erzähle mir dann, was genau passiert ist. In meinem Kopf herrscht nichts außer Leere und extremen Kopfschmerzen«, meinte ich und begann erneut damit, meine Schläfen zu massieren. Inzwischen wusste ich immerhin wieder, wer mir gegenübersaß: Banks' Schwester Larissa. Die Ähnlichkeit zu ihrem Bruder konnte man nicht abstreiten, weshalb ich sie vermutlich so schnell wiedererkannt hatte.

Larissa holte einige Male tief Luft, bevor sie mir schilderte, was am vergangenen Abend alles geschehen war. Je länger ich ihrer Erzählung lauschte, desto mehr kam bei mir der Wunsch auf, mich selbst zu verprügeln. Nicht, weil ich ihr helfen wollte, sondern weil ich verdammt nochmal nicht die Polizei gerufen hatte.

Dann würden wir uns sicherlich nicht in dieser Situation befinden und ich würde zuhause auf an meinem Schreibtisch hocken und langweilige Schulaufgaben erledigen.

In meine Gedanken vertieft, bemerkte ich nicht, dass Larissa angefangen hatte zu zittern. Erst, als sie lauthals schluchzte, kam ich in die reale Welt zurück und konzentrierte mich darauf, meine Schmerzen so gut wie möglich auszublenden, um mich um sie kümmern zu können.

RachegöttinWhere stories live. Discover now