Kapitel 9

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»McMillen«, hallte eine tiefe Stimme durch den Gang. Ich schlug die Tür meines Spinds zu, schulterte meinen Rucksack und lief den Gang entlang, als hätte ich ihn nicht gehört. »Bleib verdammt nochmal stehen!«

Ich ignorierte seine Worte und seinen zugegeben, wütenden Ton und wollte gerade um die Ecke biegen, da wurde ich am Arm gepackt und unsanft zurückgezogen. Mit provokant hochgezogenen Augenbrauen musterte ich sein Gesicht und war mir sicher, dass Banks wirklich mit sich zu kämpfen hatte, sich wenigstens noch ein bisschen im Zaum zu halten und mir keine reinzuhauen.

»Was ist los, Banks?«, fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust, um ihm dadurch noch deutlicher zu machen, wie wenig Lust ich auf unseren kommenden Wortwechsel hatte. Banks schien meine betonte Gelassenheit, gepaart mit meinem offensichtlichen Desinteresse nur noch mehr in Rage zu versetzen, was ich bisher noch recht amüsant fand.

»Mach nicht einen auf Engel. Du weißt ganz genau, weswegen ich hier bin«, fuhr er mich an. Vielleicht sollte er mal bei einem Anti-Aggressionstraining mitmachen, bei manchen hat das schon Wunder bewirkt; oder er fing mit Kampfsport an, was ebenfalls Stress reduzierte.

Falls er letztere Option wählen sollte, dann würde ich ihm empfehlen, sich nicht mein Boxstudio als Ort seiner neuen Freizeitbeschäftigung auszusuchen, weil sonst eventuell Gefahr bestand, dass ich ihn eines Tages mit einem der Boxsäcke dort verwechselte.

»Ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst«, tat ich auf unwissend und schaute ihn gespielt unschuldig an. Banks machte einen Schritt vorwärts und ließ mich dadurch einen zurücktreten, damit ich nicht von seiner Brust nach hinten gedrückt wurde. Nur leider kam mir die Wand dazwischen, die sich kühl gegen meinen Rücken drückte und mir damit meinen möglichen Fluchtweg im Fall der Fälle praktisch versperrte.

Denn auch wenn ich mit jahrelangem Kampftraining glänzen konnte, würde mich Banks wohl nur über seine Leiche an sich vorbeilassen.

Dazu kam seine natürliche, physische Überlegenheit, die sein Geschlecht nun mal mit sich brachte und die Tatsache, dass er mir seine Fertigkeiten bezüglich Kämpfen bereits zur Schau gestellt hatte und ich ihn als Gegner definitiv nicht unterschätzen würde.

»Dann lass es mich so formulieren.« Er holte einmal tief Luft und stemmte seine beiden Arme rechts und links von mir gegen die Mauer, was mir nun endgültig jeglichen Fluchtweg abschnitt. Seine meerblauen Augen bohrten sich gespenstisch intensiv in meine und ich würde lügen, wenn sein Blick mich nicht mehr fesselte, als gut für mich war.

»Ich warne dich, Kasey McMillen. Komm mir nicht zu nahe«, knurrte er bedrohlich. Meinen Rücken lief ein kalter Schauer herunter, denn auch wenn ich ihn nicht leiden konnte, strahlte er im Moment eine ungeheuer dominante und eindringliche Aura aus, die ich nicht bestreiten konnte - und wollte.

»Sonst was?«, sagte ich cooler, als ich mich gerade fühlte und hob die Augenbrauen, um dies zu unterstreichen. Mein Rucksack fiel links neben mir mit einem dumpfen Ton zu Boden, was jedoch keinen von uns beiden den Blickkontakt abbrechen ließ.

»Sonst wirst du mich richtig kennenlernen.« Was für eine lasche Drohung. Wenn er dachte, dass er mich damit einschüchtern konnte, dann lag er falsch. Einzig und allein sein derzeitiges Auftreten flößten mir ein gewisses Maß an Respekt ein.

»Jetzt hab ich aber Angst«, entgegnete ich ironisch.

Banks' Gesicht kam meinem langsam näher. Es fehlten nur noch wenige Zentimeter, dann würden seine Lippen auf meine treffen. Alles hier stank nach einem dieser Filmklischees und säße ich jetzt auf der Couch im Wohnzimmer, hätte ich genau jetzt weggeschaltet. Nur leider saß ich nicht auf einem gemütlichen Sitzmöbel und schaute fern, sondern befand mich in der Realität und musste mir ganz schnell etwas einfallen lassen, um schlimmstes abzuwenden.

RachegöttinUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum