Rachegöttin

Kapitel 18

Zu meinem übermäßigen Glück war Jonah nicht einmal ein bisschen sauer auf mich, als ich ihn vor gut drei Wochen nach meiner rauschenden Neujahrsnacht anrief. Er selbst meinte, ein Freund von ihm hätte ihn nach Hause gebracht, weil er nur noch von Skifahren in Nevada und Baden gehen in Sibirien geredet hatte und er sich daraufhin in einen Blumentopf übergeben hatte.

Irgendwie hatte ich dabei an Simon und seinen Schlachtzug gegen Arzog denken müssen, welcher Jonahs Geschichte zwar an Kreativität überbot, jedoch in puncto Glaubwürdigkeit zu wünschen übrig ließ.

Das einzige Problem, das ich mit seiner Ehrlichkeit hatte, war, dass sie es mir umso schwerer machte, ihm eiskalt ins Gesicht zu lügen. Nicht nur, dass mich Banks einfach so geküsst hatte und ich ihn nicht sofort dafür an Ort und Stelle kastriert hatte. Nein, er hatte mich auch nach Hause bringen wollen und als diese Aktion gescheitert war, mit mir in einem Bett geschlafen.

Ich wollte Jonah die Wahrheit sagen, nur konnte ich es einfach nicht. Wer mich Feigling oder Sonstiges nennen wollte, sollte es nur tun, nur würde mich keine Beschimpfung der Welt dazu bringen, meinem Freund von meinen Fehltritten zu berichten.

Mein Plan war nun, die ganze Sache totzuschweigen und zu hoffen, dass Banks ebenso die Klappe hielt und nicht ruhmreich herumposaunte, dass er mit Kasey McMillen das Bett geteilt hatte.

Lia kam einige Tage nach Neujahr zurück (ohne ein Baby im Bauch oder einer ansteckenden Geschlechtskrankheit) und erzählte mir umschweifend, wie heiß ihr älterer Cousin doch geworden sie. Innerhalb weniger Sekunden war mir ein ganz bestimmtes Lied in den Kopf geschossen und ich hatte Lia mit einem angewiderten Gesichtsausdruck betrachtet. Am Ende stellte sich heraus, dass ihr attraktiver Cousin bereits verheiratet war und Inzest doch eine Grenze war, die meine beste Freundin nicht übertreten wollte.

Die Schule fing einen Tag nach Lias Rückkehr wieder an und ich war hochmotiviert, mein Allerbestes zu geben, um mit einem guten Abschluss abzugehen. Zwar konnte ich Jonah und Lia nicht das Wasser reichen, aber sich mit der großen Hoffnung der Neurochirurgie und einer zukünftigen Meister-Programmiererin zu messen war auch eine ziemlich aussichtslose Sache.

Banks hatte ich auch nur ab und an auf den Fluren stehen sehen, wie er mit seinen Footballkollegen abhing und dabei Chloe im Arm hielt. Anscheinend hatte mein kleiner Racheplan doch dazu geführt, dass die beiden ein Paar geworden waren. Was sich innerhalb dieser Beziehung abspielte und wie tiefgründig diese angesiedelt war, konnte ich nicht sagen; interessieren tat es mich auch herzlich wenig.

Inzwischen war es nur allerhöchste Eisenbahn, wieder meinen Aktivitäten als Racheengel der Schule nachzukommen. In den letzten Wochen hatte ich mich auf kleinere Sachen konzentriert, wie Zoey Dream – das war wirklich ihr Nachname – eine Überraschung in Form eines explodierenden Kuchens in den Spind zu legen, der natürlich ihr komplettes Make-up ruiniert hatte und sie unter großem Gejohle zur Mädchentoilette hatte rennen lassen.

Sie hatte es verdient. So wie sie mit einer Schülerin zwei Jahrgänge unter uns umgegangen war, hätte ich am liebsten noch andere Dinge in ihren Spind gelegt. Spinnen vielleicht, obwohl sogar ich die Tierchen echt schrecklich fand und mir Lias Gruselgeschichte von handgroßen Exemplaren an der Toilettentür irgendwo in Thailand vollkommen gereicht hatte, um sie als potenzielles Lieblingstier abzuwählen.

Während ich über die Weihnachtszeit recht passiv an meinen Racheplänen gearbeitet und eher Zeit damit verbracht hatte, einen Weg zu finden, wie ich unauffällig meinen Bruder loswerden konnte, hatte Lia ihre freie Zeit am anderen Ende der Welt effektiver genutzt als ich.

Sie hatte in Südkorea an Möglichkeiten gedacht, wie man Banks das Leben schwer machen konnte und ein spezielles Pulver mitgebracht, welches bei Menschen der westlichen Welt zu starken Durchfall und Blähungen sowie Magenkrämpfen führte. Und genau heute würde der Tag sein, an dem Banks sich mit diesen Problemen konfrontiert sehen würde.