Kapitel 19

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Nachdem wir uns wieder beruhigt hatten, liefen wir auf das Haus zu, vor dem wir stehen geblieben waren. Ich hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengrube, vor allem, weil ich nicht wusste wer hier wohnte, geschweige denn was ich hier machte. Wir waren mittlerweile am Haus angekommen. Die Tür war aus Holz und sah sehr Dick aus. Kim klopfte ein paar mal und riss danach die Tür mit viel Kraft auf. Sie bedeutete mir, einzutreten und ich wagte es nicht, ihr zu widersprechen.

Wir kamen in einen kleinen warmen Raum, mit einem ausgefransten Teppich am Boden und einem großen Geweih an der Wand. Möbel waren hier nur ein alter Tisch, drei Stühle und ein kleiner improvisierter Schrank aus getrocknetem Schlamm und Bambus. Kim ging schnurstracks hindurch, auf eine kleine Tür zu. Ich lief ihr schnell hinterher und als ich die Tür erreichte, war Kim bereits im nächsten Raum.

Dieser Raum war recht dunkel. Die Vorhänge waren zugezogen und im Raum befand sich nur ein Holzbett. In dem Holzbett lag eine Person, von weitem konnte ich nicht erkennen, wer es war. Um das Bett herum standen drei weitere Personen. Kim und ich kamen hinzu und nun erkannte ich die Person in dem Bett. Bruno.

Er hatte einen feuerroten Kopf und kein Oberteil an. Sein Oberkörper war sehr durchtrainiert und glänzte. Das Glänzen kam von dem Schweiß, der Bruno umgab. Sein Ausdruck war allerdings ruhig, da er tief und fest schlief. Kim redete aufgeregt mit den anderen Personen. Einer Frau und zwei Männern. Danach wand sie sich an mich. "Das dort ist Helena. Sie ist Brunos Mutter. Sie sagte, sie könne ein wenig deutsch. ",meinte Kim und zeigte auf die Frau. Sie war sehr schön. Sie hatte große braune Augen, einen Karamell farbenen hautton, soweit man das im schlechten Licht erkennen konnte, und lange schwarze Haare. "Isch bin Helena ",erklärte sie mit einem deutlichen Akzent. Ich nickte kurz. "Bruno sein krank und isch disch bitten hilf uns ",flehte sie. Sie fing an zu weinen. Unbeholfen tätschelte ich ihre Schulter. "Ich kann euch nicht helfen ",sagte ich traurig und langsam. Helena schien zu verstehen, denn sie weinte nur noch mehr und lauter. "Maya ",flüsterte Kim mir von der anderen Seite zu. Ich drehte mich um.

"Hier ist Frederik ",erzählte sie weiter und zeigte auf einen großen Mann mit kurzen schwarzen Haaren und tiefen Falten im Gesicht. Auch er sah sehr betroffen und erschöpft aus. "Er ist Brunos Vater ", meinte Kim. "Und das hier ",sie zeigte auf den anderen Mann mit der Halbglatze und den grauen Haaren, "ist Linus. Er ist der Arzt im Dorf und kommt auch aus Deutschland " Ich schüttelte beiden die Hände. "Wir haben einfach keine Medikamente ",entgegnete Linus mir, als müsse er sich für irgendwas rechtfertigen. Ich nickte leicht. "Ich weiß nicht, was ich noch tun soll. Ich hatte gehofft, du wüsstest vielleicht um Rat " Ich zog eine Augenbraue hoch.

"Ich? Aber warum ich? Ich kenne mich mit Krankheiten nicht aus, Sie verstehen das sicher. Ich bin nicht gelernter Arzt wie sie " Plötzlich trat etwas seltsames in Linus Gesicht. Scham, Furcht. Er beugte sich zu mir runter und flüsterte :"Ich bin auch kein gelernter Arzt. Ich wollte nur den Leuten hier helfen. Wenn ich ihnen sagen würde, dass ich keine Ahnung hab, was ich tue, dann würde das nur für Unruhe sorgen und das brauchen wir hier am wenigsten. " Ich war fassungslos. Eine schlimme Krankheit wütete in diesem Dorf und der Doktor ist gar kein Doktor.

Plötzlich wurde mir heiß und übel, ich musste hier weg. "Bin gleich zurück ",sagte ich gepresst und bahnte mir einen Weg nach draußen. Dort atmete ich erleichtert die frische Salzige Luft ein und wartete.

GestrandetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt