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          Doch er entschied sich nicht zurück auf die Ostküste zu kommen. Es war die bessere Entscheidung für uns Beide. Dieses Mal respektierte ich diese Entscheidung vollkommen, denn wir Beide mussten mit Verlusten umgehen. 

Ethan versuchte in den Monaten nach dem Sommer sich selber wieder zu finden. Er fing mit seinem neuem Job an und kaufte ebenfalls ein kleines Haus außerhalb von San Francisco. Von Tienna hörte er Nichts mehr - sie war wohl zu tiefst verletzt, dass er die Hoffnung in ihrer Ehe verlor. Erst in einer unseren letzten Telefonaten erzählte mir Ethan, dass sie in den ersten Wochen ihn für eine Aussprache anbettelte. Doch er sah keinen Grund mehr für die Beziehung und Ehe zu kämpfen, denn auch er kannte sich selber nicht mehr. "Weißt du Katelyn, ich sehe in den Spiegel und sehe zwar meinen Körper, aber es fühlt sich nicht an als wäre ich ich selber. Neben dir habe ich mich meinem altem Ich am nähersten gefühlt. Und mein altes Ich mochte ich .. sehr", waren seine Worte. 

Ich wiederum musste mit dem Verlust meines Vaters umgehen. Ein Verlust, welches ein sehr großes Loch hinterließ. Die nächsten Monate verbrachte ich damit Pläne für das Unternehmen meines Vaters zu schmieden und nebenbei versuchte ich meine eigene Arbeit nicht zu vernachlässigen. Mir war sowohl das Vermächtnis meiner Mutter, als auch das meines Vaters wichtig und ich wollte Beides nicht einfach auf die Seite schieben. Hinzu kam der emotionale Schmerz, den ich verspürte und ganz besonders die Einsamkeit in den ersten Monaten. 

Sowohl Ethan als auch ich - wir Beide mussten an uns arbeiten, bevor wir uns in etwas Neues stürzten. Keiner von Beiden war bereit Etwas anzufangen. In den Monaten nach dem Tod meines Vaters kämpfte ich einen tagtäglichen Kampf mit mir selber und ich hätte Ethan nicht das geben können, was er verdiente. Ich hätte ihn nicht so lieben können, wie ich es wollte. Aus diesem Grund gab ich ihm und mir die Zeit zu heilen. Zeit, die wir Beide unglaublich brauchten um wieder zueinander zu finden.

Es verging keine Woche, in der wir in den nächsten Monaten nicht telefonierten. Von Mal zu Mal konnte ich spüren, dass es ihm besser ging und die Scheidung, die beste Entscheidung war. Denn irgendwann erkannte ich den alten Ethan wieder - die Person, in die ich mich vor all diesen Jahren verliebte. 

Es war bloß nur eine Frage der Zeit, bis die wöchentlichen Anrufe zu monatlichen Anrufen wurden. Denn irgendwann verfielen wir wieder in alte Gewohnheiten. Zwar hörte ich seine Stimme in den nächsten Monaten nicht mehr allzu oft, doch dennoch wusste ich, dass ich ein Teil seines Lebens war. Hin und wieder schrieben wir Nachrichten oder Mails, doch anders als damals, wurden die Nachrichten und Mails nicht kürzer oder weniger - sie blieben gleich. Aufgrund seiner neuen Stelle konnte er in den nächsten zwei Jahren nie richtig Urlaub nehmen. Die Zeit fehlte ebenfalls auf meiner Seite. 

Ethan versprach mir in einer unserer letzten Telefonate bald wieder nach Nantucket zu kommen. Doch Ethan, war auch mit 31 noch immer Ethan - er ging sein Versprechen nicht ein. Ich wusste, dass er es eingehen würde, wenn er könnte und dieser Gedanke zählte für mich. 

Irgendwann schaffte ich es meinen beruflichen Stress um einiges zu verringern. Nach Monaten entschied ich mich dafür das Unternehmen meines Vaters ein Wenig zu vergrößern und weitere Personen einzustellen. Leute, die sich nun um alle Immobilien, Besichtigungen und Terminen kümmerten. Einmal in der Woche bestattete ich ihnen einen Besuch ab und sah mich nach dem Rechten um - genau wie im Restaurant und Eisdiele meiner Mutter. Denn mit 29 entschied ich mich endlich ein wenig Zeit für mich zu nehmen und Dinge zu tun, die ich schon immer tun wollte. Ich fing an drei Mal die Woche Kurse auf einer Universität in Boston zu besuchen. 

Durch meine Kurse, erweiterten sich meine sozialen Kontakte und ich fand in kürzester Zeit Freunde. Personen, die in meinem Alter waren und dieselben Interessen hatten. Menschen, mit denen ich mich nach Kursen auf einen Kaffee oder Abends auf einen Drink traf. Irgendwann entschied ich mich auch wieder dafür einen Hund aus dem Tierheim zu holen, denn nun besaß ich die Zeit.  

Mit 29 Jahren hatte ich endlich mein Leben im Griff und war glücklich. Doch eines fehlte um vollkommen glücklich zu sein. Die Liebe. Doch diese lebte noch immer auf der anderen Seite des Landes. "Denkst du, wir werden es irgendwann schaffen?", klang Ethan ein wenig verzweifelnd während eines unserer letzten Gesprächen. 

Ich starrte die Decke an und atmete tief aus. "Irgendwann Ethan, irgendwann", antwortete ich schließlich. Ein Teil in mir wusste, dass wir es schaffen würden. Doch ein größerer Teil in mir dachte an das Schlimmste. "Irgendwann", flüsterte ich vor mich hin. 



A/N: Epilog folgt Morgen! 

Der Sommer gehört unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt