Der Sommer gehört uns

60.

"Seit wann bist du hier?", fragte ich erst nach zehn Minuten. Denn ich hörte nicht auf zu weinen und mein Gesicht in seinem Hemd zu verstecken.

Ethan strich mir sanft durch die Haare und atmete tief aus. "Als ich den Anruf von Ruth bekam, buchte ich direkt den ersten Flug nach Massachusetts", sprach er mit einer sanften Stimme. "Ich wollte hier sein, falls du jemanden brauchst."

"Es ging Alles so schnell, Ethan. Vor drei Wochen saßen wir noch auf der Veranda und planten unseren ersten, richtigen Urlaub zusammen", schluchzte ich vor mich hin. "Ich bin alleine. Mir wurde meine Mutter und jetzt auch mein Vater genommen. Durfte ich nicht wenigstens meinen Vater in meinem Leben behalten?", sprach ich meine Gedanken aus während sich neue Tränen in meinen Augen sammelten.

"Du bist nicht allein, Katelyn", drückte mich Ethan fest.

War ich das nicht? Ruth lebte mit ihrem Verlobten in New York, Nate hielt sich noch immer ein Wenig fern von mir. Meine Eltern wurden mir beide genommen und mein bester Freund? Er lebte auf der anderen Seite des Kontinentes.

Dieses Mal jedoch sprach ich meine Gedanken nicht aus. Ethan wollte einfach nur da für mich sein und aus diesem Grund sagte er diese Wort. Wir Beide jedoch wussten, dass ich am Ende des Tages alleine war. Denn irgendwann verschlägt ihn sein Weg wieder zurück zu seiner Frau und meine Familie wird demnächst auch die Insel verlassen. Zurück blieb wie immer nur ich. Ich, Dad's Unternehmen, Mom's Restaurant und Eisdiele.

"Ich danke dir, dass du hier bist, Ethan", flüsterte ich schließlich leise. "Du hast keine Ahnung wie sehr ich meinen besten Freund gebraucht habe", sah ich nun in seine Augen. In diesem Moment brauchte ich tatsächlich bloß nur meinen besten Freund und nicht den Ethan, der eigentlich Gefühle für mich besaß.

"Schon vergessen?", legte er seinen Kopf schief und schweifte in Erinnerungen. "Ich bin bloß nur einen Anruf entfernt." Ich erinnerte mich zurück an den ersten Sommer ohne Mom. Ethan wusste nicht, dass sie verstarb und machte sich unglaubliche Vorwürfe deswegen. Er gab mir seine Nummer und bat mich darum ihn anzurufen, wann auch immer ich wollte. "Und ich meine das ernst Kat. Die letzten Jahre war ich nicht wirklich da für dich und du hast keine Ahnung wie sehr ich das Alles bereue. Aus irgendeinem Grund ließen wir Beide zu, dass die Liebe, die wir füreinander haben, unsere Verbindung und Freundschaft zerstört. Wir brauchen einander, Katelyn", sprach Ethan sanft und sah zwischen meinen Augen hin und her. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, worauf er weitersprach: "In all diesen Jahren hast nicht nur du mir gefehlt, sondern auch diese tiefgründige Freundschaft. Und ich möchte, dass meine beste Freundin wieder ein Bestandteil meines Lebens wird und ich möchte auch wieder ein fester Bestandteil deines Lebens werden."

In diesem Moment vergaß ich das ganze Drama, welches wir die Jahre zuvor hatten, und genoss es einfach meinen besten Freund in der wohl schwersten Zeit meines Lebens bei mir zu haben. Tief atmete ich aus und legte meinen Kopf nun auf seine Schulter: "Kling gut."

In der nächsten Stunde saßen wir im Sand, beobachteten die Wellen und waren versunken in der Vergangenheit. Ethan erzählte mir von den Momenten, die er mit meinem Vater hatte in jenem Sommer vor elf Jahren. Mit einem Lächeln und doch mit Tränen erzählte ich auch Ethan von so vielen tollen Erinnerungen die ich mit meinem Vater hatte. Ich erzählte ihm von den Herbsttagen, die wir hier am Strand verbrachten nach einem stressigem Sommer. Meine Erinnerungen brachten mich zu den Tagen, an denen Mom im Restaurant war und es nur meinen Dad und mich gab. Sonntage, die wir damit verbrachten Football anzusehen und ich ließ den Herbst nicht aus, als mir mein Dad verzweifelnd versuchte Baseball beizubringen.

Und für diesen Moment fühlte es sich nicht so an, als wäre ich alleine. Während ich von all diesen Erinnerungen erzählte, fühlte ich mich meinen Eltern näher denn je.

A/N: Nur mehr 2 Kapitel + Epilog