Dreizehn

2.9K 133 28
                                    

- Hanna -

"Hanna?", haucht Harry fragend, während er sich langsam umdreht und mir einen Schauer der Erleichterung über den Rücken jagt. Meine Beine beginnen zu zittern, als unsere Augen sich treffen und ich den Ausdruck auf seinem Gesicht sehe. Seine Züge spiegeln in diesem einen Moment so viel von seinen Gefühlen wieder. Erleichterung. Trauer. Liebe. Verletztheit. Glück. Unglauben.

Ich spüre die Tränen die sich in meinen Augen bilden, während ich den Mann vor mir mustere und alles an ihm aufsauge. Die letzten Wochen sind nicht spurlos an ihm vorbei gegangen und klar und deutlich an seiner Körperhaltung zu erkennen.

Seine Haare sind etwas länger und seine Klamotten nicht die, die er in seiner Freizeit sonst immer gern getragen hat. Das Outfit von heute erinnert mich eher an unsere gemeinsamen inkognito Ausflüge - eine dunkelblaue weite Jeans und einen dünnen weißen Pullover, durch den sich die Farbe auf seiner Haut leicht abzeichnet. Sein Gesicht wirkt etwas schmaler und seine verwirrten Augen werden von dunklen Ringen unterstrichen, die mir mein Herz erneut brechen würden, wäre da nicht die geballte Ladung Glück, die sich einen Weg an die Oberfläche bahnt und all den Schmerz in mir verdrängt. So wie schon das Gespräch mit Matt, welches wir vor zwei Tagen geführt hatten, einiges geheilt hatte, scheine ich genau in diesem Moment ein weiteres Stück zu heilen. All die Hoffnungslosigkeit der letzten Wochen kommt mir plötzlich vor wie aus einer anderen Zeit oder einem schlechten Traum, jetzt, wo ich ihm direkt gegenüber stehe.

Seine verschränkten Arme lösen sich, als er aus seiner verwirrten Starre erwacht und mit großen, energischen Schritten auf mich zu kommt und unseren Blickkontakt dabei nicht eine Sekunde lang unterbricht.

Völlig überwältigt bringe ich es nicht zustande meine Füße zu bewegen und ihm entgegen zu laufen. Bei jedem Schritt, den er auf mich zu macht, zittern meine Beine noch etwas mehr, als könnten sie die vielen Gefühlen, die auf mich einprasseln und mich beinahe erdrücken, nicht länger tragen.

Erleichterung, Freude und diese unendlichen Liebe, die ich für viel zu lange Zeit verschlossen habe, bahnen sich einen Weg aus der hintersten Ecke meines Herzens.

Der wohlige Duft, der von ihm ausgeht und sich so vertraut und gleichzeitig fremd anfühlt, steigt mir in die Nase, als seine hochgewachsene Gestalt direkt vor mir zum stehen kommt und ich den Kopf heben muss, um in seine Augen blicken zu können, deren strahlendes Grün mir sofort das Gefühl von Geborgenheit zurück geben. Sein Mund öffnet sich einen Spalt und sein Atem geht schwer, als seine Augen beinahe hektisch über mein Gesicht huschen, als würden sie jeden Millimeter begutachten.

Meine Beine geben nach und werden zu gummiartigen Stelzen, die zur Seite knicken, doch ich spüre seine Arme an meiner Taille, noch bevor ich auf dem Boden lande. Mit einem Ruck zieht er mich für eine feste Umarmung an sich und raubt mir auch noch das letzte bisschen Atem, das sich in meinen Lungen befindet. Das vertraute Kribbeln breitet sich in mir aus, während ich die Augen schließe, um mir die Situation voll und ganz bewusst zu machen.

Seine linke Hand streicht sanft über meinen Rücken, während seine Rechte in meinem Nacken landet und meinen Kopf in seine Halsbeuge presst, in die ich so perfekt hinein passe. Automatisch schlinge auch ich die Arme um seine Taille und fahre mit den Händen über seinen Rücken, während ich laut und unkontrolliert zu schluchzen beginne, bevor ich in Tränen ausbreche. Tränen des Glücks. Tränen der Erleichterung. Tränen der Liebe. Wie ein heißer, salziger Bach laufen sie meine Wangen herunter direkt auf seinen weißen Pullover. Der Mascara hinterlässt darauf sicher seine Spuren, doch im Moment ist mir das völlig egal. Mir ist auch egal, dass Liam direkt hinter Harry auf der Liege sitzt und jeden meiner schrecklichen Laute hört und dass sie wahrscheinlich auch bis zu Louis, der noch immer irgendwo im Haus ist, vordringen.

Ja, Mr. StylesWhere stories live. Discover now