Zwölf

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- Harry -

Völlig genervt von alles und jedem, schlendere ich die lange Straße der Fußgängerzone entlang und ziehe mir die Kapuze des Hoodies noch etwas tiefer in die Stirn. Der lauwarme Wind des milden, kalifornischen Dezembers jagt mir einen Schauer über den Rücken und beruhigt mein geladenes Gemüt ein wenig.

Olivers Schritte erklingen leise hinter mir, und wüsste ich nicht, dass er mir ständig in gewissem Abstand folgt, würde ich heute mal wieder vergessen, dass er da ist.

Endlich taucht das große Glasgebäude vor mir auf und ich öffne die Tür, um mich hinein zu quetschen.

"Willkommen bei Apple California, was kann ich-" Der Typ, der eben sein Tablet aus der Hosentasche gezogen hat hält mitten im Satz inne und starrt mich erstaunt an. "Mr. S-"

"Sprechen Sie das besser nicht laut aus", unterbreche ich ihn mit gespielt freundlichem Ton und nicke in Richtung einer Gruppe Mädchen, die um ein iPad herum stehen und laut kichern. "Ich brauche einfach nur ein neues Handy."

"Selbstverständlich", sagt der junge Mann und winkt hektisch einen seiner Kollegen her. Auch wenn ich nicht gern bevorzugt werde, weil ich Prominent bin oder weil die Leute mich erkennen, kommt es mir heute gerade recht. Nichts täte ich lieber, als so schnell wie möglich zurück in mein Haus zu verschwinden.

"Sie hätten uns auch einfach bequem anrufen können, Sir", sagt der andere Mitarbeiter, der sich als Josh vorstellt und begutachtet mein kaputtes Handy. "Dann hätten Sie den Weg nicht auf sich nehmen müssen."

"Das dauert mir aber zu lang", murmle ich und lehne mich an den Tresen, während ich ihn dabei beobachte, wie er das zerbrochene Display mustert. Natürlich ist das eine glatte Lüge, denn mein Handy ist mittlerweile seit ganzen drei Tagen kaputt, doch als ich heute morgen endlich beschlossen hatte, dass ich ein neues möchte, konnte es mir auf einmal nicht schnell genug gehen.

"Ist es Ihnen heruntergefallen?", fragt er und dreht es, um die, ebenfalls zerbrochene, Rückseite anzusehen.

"So etwas in der Art", murmle ich und spiele mit dem Ring an meiner linken Hand. Dass das Handy heruntergefallen 'wurde' erwähne ich zu diesem Zeitpunkt nicht, denn das wäre nur eine weitere mögliche Schlagzeile, für einen Mediengeilen Menschen, falls der junge Mann vor mir das überhaupt ist.

Schon wieder könnte ich mich dafür Ohrfeigen, dass ich momentan in jedem Menschen das schlechte sehe und den meisten sofort mit Abneigung begegne, doch wie könnte ich ihnen einfach vertrauen? Zu oft war mir jemand in den Rücken gefallen und zu oft schon waren Storys oder Bilder in Umlauf gebracht worden, die eigentlich hätten privat bleiben müssen. Seit der Sache mit Hanna habe ich schlicht die Schnauze voll davon.

"Möchten Sie Ihre Versicherung dafür einsetzen?" Sein Blick ist freundlich, als er das Handy auf die Seite legt und die Hände ineinander faltet. "Dafür müssten Sie mir eine Schadensmeldung ausfüllen und ich könnte Ihnen dafür ein aufbereitetes Altgerät mitgeben. Das wäre zwar etwas aufwendiger, allerdings auch kostengünstiger."

Ich muss mich beherrschen ihn nicht anzugehen, dass mir die Kosten gerade egal sind und ich selbst schuld daran bin, dass das Handy kaputt ist. Schon allein wegen meinem Gewissen, könnte ich diesen Schaden nicht von einer Versicherung bezahlen lassen. "Geben Sie mir bitte einfach ein neues", murmle ich und presse die Lippen aufeinander. Auch wenn dieser Typ mich jetzt für ein riesen Arschloch hält, dem Geld völlig egal ist, möchte ich diesen Laden einfach so schnell wie möglich verlassen.

"Okay", sagt Josh, weiterhin freundlich und reicht mir mein kaputtes Handy. "Was für ein Gerät hätten Sie denn gern? Wir haben das brandneue iPhone X rein bekommen, das wirklich eine ausgezeichnete Kamera hat. Aber Sie könnten natürlich auch das iPhone 8 oder, wenn Sie ein etwas größeres Handy möchten, das 8 Plus nehmen."

Ja, Mr. StylesWhere stories live. Discover now