Sechs

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- Hanna -

"Everyone who came out to see us this year, you've been incredible. I'll be looking forward to next time. I love you H."

Wieder und wieder starre ich zwischen dem Handy und meinem enthusiastischen Bruder hin und her. Seine Augen sind weit aufgerissen und ein breites Grinsen ziert sein Gesicht, während er darauf wartet, dass ich etwas sage. Irgendetwas. Doch ich verstehe ihn nicht. Wieder einmal verstehe ich seine Art zu denken nicht.

"Ein Tweet von Harry", stelle ich fest und ziehe eine meiner Augenbrauen nach oben. "Ich kapier ehrlich nicht, was du mir damit sagen willst."

"Mann Hanna!" Mein Bruder schreit beinahe und klatscht sich mit der rechten Hand an die Stirn. "Der Punkt!"

Abwartend starre ich ihn an, gespannt darauf was noch folgt, doch es kommt nichts. "Ja", sage ich, noch immer verwirrt und schüttle dann den Kopf.

"Und du sollst meine Schwester sein. Das gibts doch nicht", murmelt er vor sich hin und zeigt noch einmal auf den Tweet. "Der Typ ist echt penibel, wenn es um Satzzeichen geht, doch dieses Mal, steht der Punkt an letzter Stelle. Siehst du das?" Tim scrollt zum vorherigen Tweet, bei dem der Punkt vor dem "H" steht.

"Ja", sage ich und starre ihn wieder an. "Ich verstehe es trotzdem nicht."

"Das "H" steht für Hanna!", stößt er aus und muss sich offenbar beherrschen, nicht nochmal zu schreien. "Da steht: Ich liebe dich Hanna!"

"Du bist übergeschnappt", presse ich hervor und stehe von meinem Bett auf. "Interpretier doch nicht ständig irgendwas in irgendwas hinein. Er hat sich vielleicht einfach vertippt... aber das ist sicher keine geheime Botschaft oder so. Nicht alles in seinem Leben bezieht sich auf mich. Er hat... Er bedankt sich bei seinen Fans!" Genervt raufe ich mir die Haare und laufe im Zimmer auf und ab. "Vielleicht hat er mich schon längst wieder vergessen, immerhin steht unsere Nummer im Telefonbuch und er hätte sie mit der Adresse finden können."

"Vielleicht kam was dazwischen", sagt mein Bruder sofort und nimmt seine Verteidigungshalung ein. "Es gibt sicher einen Grund dafür."

"Nein Tim. Vielleicht gibt es ausnahmsweise keinen Grund für irgendwas. Vielleicht will er es auch einfach nicht. Vielleicht hat Ed es ihm gesagt und Harry hat schlicht kein Interesse an Kontakt, während wir beide hier sitzen und ständig über ihn reden und alles bis ins kleinste analysieren. Vielleicht macht mein Herz das nicht mehr mit!"

Es ist schon wieder einer dieser Momente in denen mir alles zu viel wird. Mir ist durchaus bewusst, dass diese Einstellung nich von Dauer ist und ich spätestens in einer Stunde wieder verzweifelt auf meinem Bett herum liege, doch genau jetzt, ist einer der Momente, in denen ich mein klägliches, kleines Leben einfach genießen möchte.

"Wir wollten nicht aufgeben! Außerdem kann es kein Zufall sein, dass er das heute schreibt, genau einen Tag nachdem wir bei Ed waren."

"Ja, aber wie lang soll i-"

"Hanna." Die Stimme meiner Mutter lässt mich zusammen zucken. "Besuch für dich!"

Für einen Moment reiße ich die Augen auf und starre in Tim's verwirrtes Gesicht. Mein Herz setzt einen Schlag aus, während ich fieberhaft überlege, wer einen Grund hat, mich zu besuchen. Meine Freunde, die ich vor etlichen Jahren, als ich noch in München lebte, hatte, habe ich seit dem Zeitpunkt, als ich nach Berlin gezogen war, nicht mehr gesehen und die Freunde aus den letzten paar Jahren leben nicht hier.

Gestern hatte ich Ed meine Adresse gegeben, aber wäre es überhaupt möglich, dass Harry so schnell hier sein und an meiner Tür klopfen könnte?

Ich spüre, wie meine Finger beginnen zu zittern, als ich mich langsam erhebe und nervös auf meiner Unterlippe kaue. Bin ich bereit dafür, Harry wieder zu sehen? Verkraftet mein Herz die geballte Ladung Glück, wo es doch so gebrochen und kaputt ist?

Ja, Mr. StylesМесто, где живут истории. Откройте их для себя