Bloodline -10-

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P. O. V. ALEC

Ich ging eine Straße entlang.
Da war ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich fiel hinein.
Ich war verloren... Ich war ohne Hoffnung, hilflos.
Es war nicht meine Schuld.
Es dauerte endlos, wieder herauszukommen.

Ich ging dieselbe Straße entlang.
Da war ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich tat so, als sähe ich es nicht.
Ich fiel wieder hinein.
Ich konnte nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es war nicht meine Schuld.
Immer noch dauerte es sehr lange, herauszukommen.

Ich ging dieselbe Straße entlang.
Da war ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich sah es.
Ich fiel dennoch hinein ... aus Gewohnheit. Meine Augen waren offen.
Ich wusste, wo ich war.
Es war meine Schuld.
Ich kam sofort heraus.

Ich ging dieselbe Straße entlang. Erneut.
Da war ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich ging darum herum.
Mein Problem war gelöst.
Fehler wurden begannen, aber dann, am Ende, war doch wieder alles gut.

P. O. V. AVERY

Alec erwachte.
Blut.
Was hatte Aiden damals zu mir gesagt...
Drei Wundpunkte.
Kopf, Herz, Bauch.
Ich hatte nichts davon bei Alec getroffen, stattdessen jedoch seine Hüfte, das nahm ich zumindest an, da ich bei so viel Blut nicht erkennen konnte, wo genau das Einschussloch war.
Er krümmte sich und schrie vor Schmerzen.
Ich stand einfach nur da, wusste nicht was ich tun soll.
Doch, das wusste ich.
Ich rannte an ihm vorbei, die Treppe runter an dessen Ende Snow lag und leise wimmerte.
Er versuchte mir entgegen zu strotzen, schaffte es aber nicht und hob die rechte Vorderpfote an. Erleichtert wie ich es grade nur sein konnte, schloss ich den kleinen Fellpelz in meine Arme, wahrscheinlich war zum Glück nur seine Pfote gebrochen.
Nur. So weit hätte es gar nicht kommen dürfen.
Warum auch immer, sorgte ich mich plötzlich darum zu wissen, wo die Security Männer waren, und warum Alec es geschafft hat, hier überhaupt reinzukommen.

„Wie bist du hier rein gekommen?"
Fragte ich über meine Schulter, Snow immer noch in meinen Armen haltend.
Alec antwortete nicht, krächzte nur vor sich her.
Ich war sauer, vollkommen geladen.
Binnen Sekunden setzte ich Snow auf sein kleines Kinderbett, rannte wieder hoch an Alec vorbei in Aiden's Arbeitszimmer.
Handschellen, wo könnten sich hier bloß Handschellen befinden.
Meine Wangen glühten als mir einfiel, wo sich sonst noch Handschellen aufhielten.
In Aiden's Nachtschränkchen...
Ich meine, wer weiß schon, wann man nicht mal ganz spontan Nachts jemanden notgedrungen in Handschellen legen muss.
Als ich sie nach wenigen Sekunden auch an dem Ort fand wo ich sie befürchtete, kehrte ich zurück in den Flur, wo ich keine Zeit sparte und sie sofort einmal ums Geländer legte, und dann an Alec's Handgelenken befestigte.
Ich setzte mich im Schneidersitz vor ihn.
Sein Anblick ekelte mich einfach nur an. Wer weiß was er mit mir gemacht hätte, hätte ich nicht reagiert. Der Gedanke ließ mich erschaudern vor Schamgefühl.
„Hör mir ganz genau zu, Clearwater.
Ich gehe jetzt Snow's Pfote verbinden um sie zu stabilisieren bis ich ihn zum Tierarzt bringen kann, und ich verlange, dass du mir und Aiden erzählst was heute alles passiert ist, und was du getan hast, sobald er wieder hier ist, hast du mich verstanden?"
Ich gab ihm 5 Sekunden Zeit um mir eine Antwort zu geben, die ich jedoch nicht bekam.
Meine flache Hand schnellte durch sein Gesicht
„Hast du mich verstanden?"
„Avery b-bitte.. ich erzähle dir alles, wenn du mir nur vergibst, es tut mir so leid."
Einen Scheiß werde ich tun.
„Einverstanden."
Dann stand ich auf, nahm mir den Verbandskasten aus dem Badezimmer und ging runter zu Snow.

Aiden drehte höchstwahrscheinlich gerade durch, wartete schon darauf, dass ich mich meldete um ihm mitzuteilen, dass die Securities hier sind und er bald auch.
Nachdem ich die Pfote so vorsichtig wie möglich verbunden hatte, setzte ich mich neben ihn und sah in den Wald hinein.
Trotz des peitschenden, kalten Windes, welcher gegen die Scheiben berste, dem leichten Schnee und des immer dunkler werdenden Himmels, sah ich unser Zuhause.
In der Ferne, an den Spitzen der schneebedeckten Gipfel zeichnete sich ein Sturm ab.
Es kam mir vor als würde der Abend Sekundenweise an mir vorbeiziehen. Ich verlor den Überblick über die Zeit.
Aiden liebte diese Zeit im Jahr, an der man einfach nur grau sah und vor lauter Schnee und Regen kaum noch erkannte, was hinter all den Bäumen steckte.
Snow schlief mit dem Kopf auf meinen rechten Bein ein.
Was gäbe ich jetzt für einen ruhigen erholsamen Schlaf.
Die Eisdecke glitzerte, im immer schwächer werdenden Sonnenlicht. Der Himmel hatte bei einer so späten Dämmerung eine dunkelviolette Farbe, aber selbst am Tag ging die Sonne zurzeit kaum auf.
Manchmal, nur ganz selten, vermisste ich die warmen Tage in Kalifornien, der Ort, an dem ich geboren wurde, jedoch nie gelebt habe.
Die Wärme auf meinem Körper konnte teils durch meine Seele scheinen, hinterließ eine verbleibende Ruhe in mir.
Der Wind nahm zu und immer mehr Schneeflocken fielen herab, zeichnete kleine Muster auf die Fensterwand.
„Avery bitte..es tut so weh."
Alec unterbrach meinen beruhigenden Gedankengang.
„Drück ganz fest drauf, ach ja, das kannst du ja nicht. Dann warte halt bis Aiden nach Hause kommt und dir die Kugel wenn du ganz lieb fragst herauszieht."
Seit wann war ich so böse geworden...
Ich sah den kleinen weißen Fellhaufen neben mir an, was meine Frage beantwortete.
Niemand legte sich mit meiner Familie an.

Only Us, HoneyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt