9.2 Not In Commin'

39 5 0
                                    

Der Tag gestern erschien mir wie ein Traum, ein wirklich schöner Traum.
Es war merkwürdig, dass ich es nicht bereute mit Namjoon zu seinen Eltern gefahren zu sein.
Selten kam ich aus meinen vier Wänden und noch seltener in meinen Heimatort.
Gestern war das erste mal seit langem, dass ich so unbeschwert gelacht habe, wie schon lange nicht mehr und auch hatte ich mich auch ewig nicht mehr mit so viel guter Laune an die guten Zeiten mit Namjoon erinnert.
Undenkbar, dass es zwanzig Jahre her war, als wir uns das erste mal gesehen und miteinander gesprochen hatten und irgendwie wollte ich diese ganze Zeit wieder zurück.
Ich konnte spüren wie mir das Reden und lachen und scherzen über unsere Kindheit und Jugend gut tat.
Seoji hatte recht.
Ich war eingeeist. hatte mich eingeigelt, seit Namjoon damals weg ist und irgendwie hatte er es gestern mit Leichtigkeit geschafft mich schneller aus meinem Eis zu holen, als gedacht.
Überrascht fiel mir im Lauf des Tages auf, dass er sich tatsächlich nicht viel verändert hatte.
Noch immer war er tollpatschig und noch immer redete er irgendeinen Kram, der manchmal ziemlich zum Fremdschämen führte und auch hatte er noch immer einen gewaltigen hang zum Tiefsinnigen.

Den Song den er gestern Vorgesungen hat, der kam wirklich von ihm.
Der ging nicht durch die Hände von irgendwelchen Producern. Jedes Wort, jeder Ton, der stammte von Namjoon und das war zu spüren.
Er mochte radiotaugliche Musik.
Ob die gut ist, darüber ließ sich streiten, aber er mochte das bunte und poppige in der Musik.
Doch an den Songs, an denen er damals gearbeitet hat, bevor er gegangen ist, in denen war es nur selten hell und munter.
Wie ein Kind, seinem alter in der Denkweise um Jahre voraus, stellte er sich selber in Frage, das Leben und alles was es Inbegriff, versuchte für sich mit seiner Musik seinen Sinn zu Leben zu finden.
Das was von ihm und seinen beiden Kumpanen nun aus der Konserve kam, das klang nicht nach Namjoon und dem der er mal war.
Diese Musik war hell und laut und sollte gefallen finden und keine Kritik wecken, oder zum nachdenken anregen.
Ich wusste einige seiner Meinungen brachte er durch, aber nur oberflächlich und nie so, wie er sie damals in Musik verpackt hatte.
Seine tiefe und melodische Stimme machte grade seine Werke dann noch mehr als nur vollständig.
Im Moment war ich mir sicher, dass er auch locker hätte alleine eine Karriere anfangen können.
Namjoon hatte das Zeug dazu sich allein durchzubeißen, wenn es um seine Leidenschaft mit der Musik ging.

Ich musste tatsächlich feststellen, dass er sich nicht verändert hatte.
Es war seine Musik, die er umgestalten musste und somit verschob er auch sein Bild von sich selber, was mir nicht gefallen wollte, da ich wusste dass mehr hinter diesen Lächeln und den gefloskelten Sätzen lag und den Beweis hatte ich gestern bekommen.
Namjoon war bodenständig geblieben, wenn auch noch voreilig und zu zuversichtlich mit unserer Freundschaft, aber bodenständig und das war mir wichtig und das schätzte ich wirklich ehrlich.

Das schätzte ich so sehr, dass ich es doch jetzt tatsächlich ein wenig bereute, nicht mit ihm bei seinen Eltern übernachtet zu haben.
Der Tag hatte einen so schönen Lauf gefunden, eigentlich wollte ich gar nicht nach Hause.
Selbst nachdem Namjoon seine komischen Kommentare gelassen hatte, wir diesen klischeehaften Filmmoment hatten, in dem sich unsere Hände durch Zufall berührten und wir uns nach seinem Song eine Weile ziemlich intensiv angesehen hatten, bis ich seinen Augen nicht mehr standhalten konnte.
Sie machten mich Wahnsinnig, weil sie so viel Lebensgeist und Zuversicht zeigten, wie es für einen Menschen nicht normal sein konnte.
Namjoon beschreibt das Wort Frohnatur in seinem vollen Sein und das wollte ich gestern nicht loslassen.
Ich wollte dass dieses Frohe, Lebensbejahende bei mir blieb und wir uns vielleicht in unsere Schulzeit zurück versetzten, in der wir an den Wochenenden bei ihm die ganze Nacht wachblieben.
Er zockte und ich kommentierte, wie er seine Figur zu steuern hatte, da ich selber mit dem Kontroler nicht zurechtkam und irgendjemand von uns ja verhindern musste, dass Namjoon seinen Helden nicht andauernd in eine qualvollen Tod schickte.
Wenn wir dem nicht nachgingen, dann sahen wir uns das schlechte Nachtprogramm im Fernseher an und kommentierten die schrecklichen Serien, bis wir nebeneinander einschliefen und dann am nächsten Morgen aneinander gekuschelt aufwachten.
Keinen von uns Störte dies.
Nie hatte Namjoon etwas dagegen gesagt, selbst wenn es nicht sonderlich normal war, wenn zwei sechszehnjährige Jungs miteinander kuschelten.
Für uns war dies Gewohnheit, wir kannten es in unserer Freundschaft nicht anders, also störte uns das auch nie.

AgainWhere stories live. Discover now