4.2 Until I Can See You

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Samstagmorgen um zehn verschlug es mich aus meinem Schönheitsschlaf in den Wachzustand und das ohne dass mein Wecker mich davor hochschrecken ließ, oder Seoji wieder viel zu laut ihre Musik laufen ließ.
Nein.
Heute bin ich allein und aus freier Natur aufgestanden, weil ich frei hatte.
Nichts und niemand könnte mich heut hetzten.
Da Seoji gestern erst mitten in der Nacht wieder vom Konzert rein ist, würde ich auch den halben Tag meine Ruhe haben, bevor sie mir wohl nervig und ausführlich von ihrem wunderbaren Abend erzählen würde.
Hoffentlich hatte sie geschnallt, dass Namjoon nicht mehr der liebe und nette Junge von neben an war, so wie damals.
Mit dem Ruhm musste er sich verändern und das sah man ihm auf jedem einzelnen Bild an.
Sein Lächeln hatte sich verändert, es war mehr gestellt als alles andere.

Ich schlug mir den Gedanken an Namjoon fürs erste aus dem Kopf.
Es reichte mir schon, dass er gestern vor mir stand und ich Seoji aufs Konzert gelassen hatte, was sich für mich nun als Fehler herausstellte.
In den nächsten Tagen würde sie über nichts anderes mehr reden und würde mich somit dazu zwingen wieder an Namjoon zu denken und mit ihr über ihn zu reden.
Wenn nicht würde sie ihre Scharr Freunde her holen.
Nur hoffte ich, dass sie schlau genug war, nicht zu erwähnen, dass sie Namjoon für eine ganze Weile persönlich kannte, denn dann würden ich täglich ihre kleinen hyperaktiven Fangirl Freunde hier vor Ort haben und ich wollte mir gar nicht vorstellen, mit was für Fragen die uns löchern würde.
Aber eigentlich kannte Seoji ihr Verbot darüber zu reden, dass sie eine gemeinsame Vergangenheit, durch mich, mit ihm hatte.
Unsere Eltern hatten es ihr lange genug eingebläut, nachdem sie eine ganze Weile gebraucht haben, um mich wieder auf die Beine zu bekommen.
Wollte ich das Thema denn nicht eigentlich vom Tisch hauen?
Irgendwie kam ich doch nicht daran vorbei immer wieder daran zu schneiden, aber ich wollte es nicht.
Ich wollte einfach verdrängen, dass er mich sitzen gelassen hatte, dass ich eifersüchtig war, dass er seinen verdammten Traum lebte und ich hier halbwegs versuchte mich mit einem einfachen Job über Wasser zu halten.
Nachdem Namjoon sein Studium abgebrochen hatte, bin ich ihm in dieser Einstellung gefolgt.
Wir hatten immer darüber geredet, dass er Musik und ich Gastronomie studieren würde und dann irgendwann eine gemeinsame Karaokebar eröffneten.
Doch anstatt meinen Platz an der Uni wahrzunehmen, hab ich ihn noch in den Wochen nach dem Abschluss und vor dem Studium geschmissen und mir auf die letzte Minute eine dumme Lehre als Barista gesucht.

Kopfschüttelnd schwang ich mich aus meinem Bett und seufzte, konnte aber nun an meinem Leben und so wie es verlaufen ist nichts mehr ändern.
Es musste immer Menschen an der Spitze geben und welche, die in der Kette ganz unten hingen und den Weg nach oben nie finden würden.

Um mich abzulenken, schnappte ich mir mein Handy und stellte meine Lieblingsband an.
Another One Bites The Dust summend zog ich mich eilig um und machte mich dann daran, mit meinem Handy in meiner Hosentasche, die Wohnung ein wenig aufzuräumen.
Seoji schlief so tief, die konnte von ein wenig Queen am Morgen nicht wach werden.
Sie pennte wie ein Stein und es grenzte an ein Wunder, wenn sie mal freiwillig von ihrer Couch aufsprang und mit voller Power in den Tag startete.
Fat Bottomed Girl schmetternd wuselte ich durch den Flur meiner Wohnung und sammelte die ganzen Kleidungsstücke auf, die Seoji ohne weiteres immer fallen ließ, wie es ihr passte.
Mit wesentlich besserer Laune, als noch vor wenigen Minuten in meinem Zimmer, stopfte ich die Sachen in den Wäschekorb und tänzelte wieder zurück in den Flur und durch das Wohnzimmer.
Wie erwartet blieb meine kleine biestige Schwester regungslos und in einem viel zu großen Savage 3 Pullover liegen, den sie sich wohl gestern gekauft haben musste.
Ich zwang meinen Kopf sich an Namjoon und dem Konzert vorbei zu schleusen und schaffte es somit erfolgreich auch die chaotische Stube wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen.
Immerhin sah man nun schon wieder den Teppich und ich fand die Fernbedienung unter unzähligen Paaren Socken wieder.
Seit Wochen mussten wir mit unseren Handys durch die Programme zeppen, weil wir keinen Plan hatten wo in dem ganzen Chaos die Fernbedienung war und ich mich bis eben weigerte aufzuräumen.
Zwar hatte ich einen Ordnungswahn, aber auch nur für das, was mir gehörte.
Mein Zimmer glänzte und man konnte genau sehen, wo Seoji ihre Spuren hinterließ.
Aber da ich im Moment noch an nichts denken wollte, erleichterte ich sie zur Ausnahme mal von ihrer Arbeit und ging dem nach.
Sie hätte es eh nicht gemacht.

AgainWhere stories live. Discover now