❄Zwei❄ How to make friends: Benutz den Schürhaken nicht wirklich

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Hoseok

Ich hatte kein Festnetztelefon.

Nun könnte man meinen, dass dieser kleine Fakt eigentlich völlig unerheblich war. Wen interessierte schon, ob jemand ein Festnetztelefon hatte oder nicht? Viele hatten keinen solchen. Warum auch? Das meiste wurde über das Handy geregelt. Im Grunde eigentlich alles, und ich war da keine Ausnahme. Sicher war in meinem Vertrag sogar eine Nummer inbegriffen, aber ich hatte sie nie benutzt.

Jetzt aber musste ich feststellen, dass genau das mich in eine etwas missliche Lage brachte, die damit begann, dass ich erkennen musste, dass ich mein Handy im Auto vergessen hatte. An sich kein Problem, doch nach der Feststellung, dass mein Handy im Auto lag, folgte auch die, dass es da nicht alleine war, denn es hatte offensichtlich Gesellschaft von einem Einbrecher, der es sich auf der Rückbank bequem gemacht hatte.

Die erste Maßnahme in so einem Fall wäre sicherlich, die Polizei zu rufen. So gerne ich das auch tun würde, ich konnte nicht. Denn mein Handy lag ja im Auto direkt bei dem Eindringling.

Und ich hatte kein Festnetztelefon.

Ich hielt es auch für keine schlaue Idee, der Polizei eine E-Mail zu schreiben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich kann über die Kameras meiner Garage erkennen, dass sich eine mir unbekannte Person in meinen Lamborghini Urus befindet. Bitte senden Sie mir unverzüglich einen Streifenwagen zu meinem Anwesen.
Ich danke Ihnen für Ihre Mühen und wünsche Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest.

Mit freundlichen Grüßen

Hoseok Jung

Vielleicht sollte ich lieber mein Problem lösen, anstatt gedanklich internationale Business Mails an die Polizei zu verfassen. Also atmete ich tief durch und schnappte mir den Schürhaken von vor dem Kamin und machte mich auf den Weg in die Garage. Hoffentlich wurde ich nicht gleich erschossen. Ich näherte mich der Tür, zog sie auf und hob drohend meinen Schürhaken , doch was sah ließ meine Motivation mich mit dem Eindringling anzulegen doch deutlich schrumpfen.

Ich weiß nicht, was ich genau erwartet hatte, aber es ging schon eher in die Richtung 'stockbetrunkender Penner, der mit auf die Sitze gekotzt haben wird und der auf meinen Schürhaken hin mit den Worten 'Chill Bro' von meinem Grundstück wankt', doch zu sehen bekam ich eine schmale Gestalt, die mit einem erschreckten Laut die Beine an sich und die Arme schützend über den Kopf zog.

Spontan konnte ich im halbdunkel nicht mal ausmachen, ob die Gestalt ein Mann oder eine Frau war, denn sie war wirklich klein und dünn und alles, was ich zu sehen bekam, waren ein paar Unterarme und eine dunkle Beanie. Die Art und Weise, wie kläglich er oder sie sich zusammen kauerte ließ mein Herz in die Hose rutschen.

"E-es tut mir leid, ich kann es nicht erklären!" Die Stimme war hell, doch ich war mir sicher, dass es sich wohl um einem Mann handeln musste. Seine Stimme zitterte und er hatte eine wahnsinnige Angst vor mir, dabei hatte er meinen Schürhaken noch nicht mal gesehen. Ich atmete erst mal tief durch. 

"Du, uhm...", begann ich und musterte ihn, "du bist in mein Auto gestiegen, weil es draußen -5 Grad sind und die Sitze weicher sind als der Boden?", fragte ich und versuchte mich an einem aufmunternden Tonfall, damit er sich ein bisschen entspannte. Der Anblick, den er grade bot, brach einem ja das Herz. Er nahm die Arme nicht wirklich runter, doch immer hin ließ er sie so weit sinken, dass ich ein bisschen von seinem Gesicht sehen konnte. 

"Yah?", meinte er nach einiger Zeit unsicher.

Ich lächelte.
"Siehst du?", meinte ich und trat von der Tür weg, "War doch ganz einfach zu erklären." Ich kratzte mich am Kopf und überlegte, was ich jetzt tun sollte.
"Steig aus", forderte ich ihn erst mal auf. Der arme Kerl. Mir wurde klar, dass ich an der Tankstelle wohl das Auto aufgelassen haben musste. Wie seltsam, das passierte mir sonst nie. Wie auch immer. So konnte ich zumindest verstehen, wie der junge Mann auf meinem Rücksitz gelandet war.

An Unexpected GiftWhere stories live. Discover now