Kapitel 6

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Kapitel 6

In den Fluren erwartete sie die Haushälterin Eris. Ihr mintgrünes Haar war kurz und an der Seite hatte sie zwei lange Strähnen, die ihr ein wenig ins Gesicht fielen. Zudem hatte sie, ähnlich wie Misaki, Katzenohren. Auf ihrer Nase trug sie eine Brille, die ein wenig ihre grünen Augen versteckte. Ansonsten wirkte sie ein wenig schmächtig, aber ihr Auftreten zeigte eindeutig, dass sie es gewohnt war neuen Bewohnerin die Zimmer zu zeigen, oder ihnen Aufgaben zu geben.

Das Zimmer, in das die Haushälterin Sezuna und Misaki führte war geräumig, gemütlich und eigentlich eine Suite. „Das Bad findet ihr dort. Das dort ist das Zimmer für Misaki", erklärte Eris mit ihrer sanften Stimme und deutete in dem kleinen Wohnzimmer zu zwei Türen. Die dritte Tür führte in den Raum, der Sezunas Schlafzimmer sein würde. Darin befand sich neben einem großen Bett und Schränken auch eine Staffelei und ein Arbeitstisch. Eine weitere Tür führte wohl direkt in Misakis Zimmer. „Ihr beide habt erst einmal einen Tag Zeit, um euch einzugewöhnen. Ich werde mich mit Mylord unterhalten, wie er weiter mit euch verfahren will und euch morgen den Plan eurer Aufgaben vorlegen", erklärte Eris und richtete ihre Brille.

„Und was sollen wir die Zeit machen?", fragte Sezuna, die sich völlig Fehl am Platz fühlte. Nicht wegen des Zimmers, oder den bevorstehenden Aufgaben. Mehr deshalb, weil sie jetzt im Moment nicht wusste, was sie tun sollte.

„Ihr könnt euch umsehen. Aber nur um Schloss. Mylord hat deutlich gemacht, dass er nicht möchte, dass du das Schloss ohne sein Beisein verlässt. Noch bin ich mir nicht sicher, ob das auch für den Garten gilt, aber solange ich es nicht weiß, wirst du im Schloss bleiben müssen", erklärte Eris und versuchte das Mitleid in ihrer Stimme ein wenig zu verstecken. Doch Sezuna konnte es hören.

Seufzend senkte sie ein wenig die Schultern. Sie wusste schon, warum er sie nicht nach draußen lassen wollte. Als Vampirin war sie schneller als der Engel, doch sie würde nicht fliehen können. Nicht mit Misaki zusammen. Eigentlich könnte sie die Katzenfrau tragen, doch das machte sie langsamer. Außerdem würde sie im Moment nicht einmal sich selbst in der Luft halten können.

Eris musterte die beiden noch einmal. „Solange ihr im Schloss bleibt, dürft ihr euch frei bewegen. Die Räume von Mylord sind euch allerdings verboten. Außer sein Arbeitszimmer. Aber ich warne euch. Er wird nur ungern gestört", erklärte Eris weiter, bevor sie sich scheinbar selbst zunickte. So als hätte sie alles von ihrer imaginären Liste abgearbeitet. „Ich werde euch jetzt allein lassen. Macht bitte keine Dummheiten." Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ die Räume.

Sezuna seufzte und ließ sich auf einen der Sessel plumpsen. Was sollte sie denn jetzt tun? Sie war noch nie der soziale Typ gewesen, daher wusste sie nicht einmal mit Misakis Anwesenheit etwas anzufangen.

Diese wirkte unschlüssig, als sie auf den Sessel zutrat, auf dem sich Sezuna niedergelassen hatte. Sie wusste ebenfalls nicht genau, was sie tun sollte. Sie war für diese Frau verantwortlich. Sephiroth hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie ihr dienen musste, wenn sie nach den hundert Jahren frei sein wollte. Doch da die Schwarzhaarige auch eine Sklavin zu sein schien, machte das für Misaki keinen Sinn. Zudem schien Sezuna nicht zu wissen, wie sie mit Misaki umgehen sollte. Also tat Misaki das, was sie bei anderen Herren auch getan hatte. Allerdings nur auf Befehl.

„Wie wäre es mit einem Bad zum Entspannen", schlug sie vorsichtig vor, immerhin wusste sie nicht genau, wie sie Sezuna ansprechen, noch wie sie mit ihr umgehen sollte.

Die goldenen Augen richteten sich auf Misaki und für einen Moment hatte die Katzenfrau Angst etwas Falsches gesagt zu haben. Auch wenn Sezuna ebenfalls an einen Vertrag gebunden war, der sie förmlich zur Sklavin machte, schien sie dennoch eine besondere Beziehung zu diesem Engel zu haben. Misaki konnte also nicht ausschließen, dass dieser sie bestrafen würde, sollte sich Sezuna bei ihm beschweren. Noch konnte sie die Frau nicht genug einschätzen, um dies auszuschließen.

Sezuna streckte sich etwas, während sie sich erhob. „Schauen wir uns das Bad an", stimmte sie zu, einfach damit sie etwas zu tun hatte.

Misaki nickte und beide Frauen traten auf die Tür zu, die sie in das Bad führen würde.

Im Verhältnis zu den anderen Räumen war das Bad sehr groß aber auch sehr schön. Es gab eine Toilette, eine Regendusche und einen in den Boden eingelassenen Pool. Die weißen Fliesen waren mit goldenen Verzierungen versehen und alles deutete auf Luxus pur, den man im Zimmer nicht unbedingt so sehr gesehen hatte.

Sezuna trat ein und drehte sich um. Sie bemerkte sofort, dass es genug Platz für Flügel hatte. Selbst die Dusche war weit genug, dass die Flügel nicht im Weg waren und man sie gut waschen konnte.

Für einen Engel war es wichtig ein großes Bad zu besitzen, denn die Federn der Flügel mussten nach dem Waschen wieder gut getrocknet werden, sonst konnte sich Schimmel bilden, dass wusste Sezuna. Da hatten es die Vampire mit ihren Fledermausflügeln leichter.

„Ein wunderschönes Bad. Ich war noch nie in so etwas schönem baden", strahlte Misaki, die Wasser zwar nicht unbedingt mochte, aber trotzdem ein gutes, warmes Bad, einem kalten Eimer Wasser über den Kopf vorzog. Bei ihrer letzten Herrin war Waschen immer die reinste Folter, denn das Wasser war kalt und sie musste sich draußen waschen. Egal bei welchem Wetter.

„Na los, lassen wir uns ein Bad ein", meinte Sezuna und trat auf einen kleinen Schrank zu, in dem sich mehrere Badesalze und Zusätze standen. Der Engel musste wirklich viel Geld haben, wenn er seine Leute so gut behandelte. Zumindest wenn es um die materiellen Dinge ging.

„Was zusammen?", fragte Misaki überrascht und Sezuna war schon dabei das Wasser anzustellen.

Auch wenn magische Wesen gerne auf bestimmte Techniken verzichteten, so gab es doch fließendes Wasser und meistens auch Strom. Dennoch gab es Zauber, welche eine Lampe anschalteten, oder es wurden Kerzen bevorzugt. Sezuna war der Technik nicht abgeneigt und der Engel schien es ebenfalls nicht. Natürlich hätte sie die Wanne auch mit Magie füllen können, indem sie nach den Sternentaub des Wassers gesucht und dieses Wasser schließlich aus der Luft gezogen hätte, doch so war es viel einfacher. Dazu kam, dass sie das Wasser nicht noch manuell erhitzen musste.

„Warum nicht? Hab dich nicht so, ich tu dir nichts. So können wir uns gegenseitig den Rücken waschen", meinte Sezuna und suchte einen Badezusatz aus.

Misakis Ohren zuckten ein wenig. „Ich denke nicht, dass du mir wehtun wirst, aber...", setzte sie an, sprach aber nicht aus, da Sezuna sich bereits auszog und ins Wasser stieg.

„Komm schon, die Wanne ist wirklich groß genug", drängte Sezuna sie schon fast und schien kein Problem damit zu haben, sich Misaki nackt zu präsentieren.

Diese schluckte und entschied sich schließlich nachzugeben.

Als sie sich jedoch ihrer Kleidung entledigte, spürte sie Sezunas Blicke auf sich. Trotz der Heilerin, die Sephiroth ihr zur Seite gestellt hatte, wusste sie, dass ihr Körper voller Narben war.

Misaki versuchte sich nicht zu sehr zu schämen und ließ sich zu Sezuna ins Wasser gleiten. Dabei fiel auch Misaki auf, dass Sezunas Körper von oberflächlichen, noch nicht ganz geheilten Schnittwunden und einigen blauen Flecken auf den Rücken geziert war.

„War das Sephiroth?", fragte sie vorsichtig, weil sie nicht wusste, ob der Engel vielleicht doch ums ich schlug.

Sezuna wirkte irritiert. „Nein, ich hab mich im Wald verletzt", meinte sie und Misaki hörte, dass sie etwas verschwieg. Aber sie konnte nicht sagen was.

„Und das auf deinem Rücken?", fragte sie nach und Sezuna drehte ein wenig den Kopf, um ihren Rücken zu betrachten, auch wenn es ihr nicht gelang.

„Da tut etwas weh. Ich dachte ich hatte mich gestoßen", erklärte sie und Misaki schüttelte den Kopf. Was war mit der Frau?

„Dein Rücken ist ein einziger blauer Fleck", kommentierte Misaki nüchtern und erhielt lediglich ein überraschtes ‚Oh' von Sezuna.

Schließlich schüttelte Sezuna den Kopf. „Lass uns das einfach vergessen und ein wenig entspannen, bevor wir das Schloss unsicher machen gehen", schlug sie vor und hoffte die Sache vergessen zu können. Doch sie wusste, dass sie ein Problem hatte, wenn ihr Rücken bereits blau angelaufen war. Trotzdem wollte sie nicht zur Ärztin. Zu viel Angst lag ihr noch im Bauch. Immerhin wusste sie nicht, ob sie hier wirklich sicher war.

EngelsliebeWhere stories live. Discover now