1 2 e l v e : Er schnalzt

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Ich sollte kreischend durch mein Zimmer tanzen, die Lautstärke auf die größte Stufe aufdrehen und wild herumjubeln. Vor Freude klatschen und weinen und vielleicht wieder einen Sinn in der Liebe fühlen. Aber ich kann nicht.

So lange habe ich mir gewünscht, dass Alec und Jules sich trennen. Aus Eifersucht heraus und vielleicht auch Egoismus. Seit der siebten Klasse, in der sie zusammen gekommen sind, habe ich mir nichts sehnlicher gewünscht. Aber jetzt, wo ich beide etwas besser kenne, kann ich mich nicht aufhören zu fragen, warum und wieso und ob ich eventuell der Grund bin, so egoistisch das auch ist. Und vor allem bekomme ich das Gefühl nicht los, dass es mir irgendwie leid tut.
Ich erinnere mich ans Schlittschuhlaufen zurück und wie bedrückt Jules gewirkt hat. Es war also keine Einbildung. Ihr ging es wirklich nicht gut.

Bedröppelt starre ich in die Menschenmenge und versuche angestrengt irgendjemanden wiederzufinden, den ich auch tatsächlich kenne. Gerade starre ich in viele unbekannte Gesichter, die ich niemandem zuordnen kann.

Komm mit auf den Weihnachtsmarkt Charly. Das wird ein riesen Spaß Hoppel.

Von wegen. Wo ist denn nur jeder?

Die Gruppe von Alec, mit der ich mitgegangen bin, und Alec selbst sind wie vom Erdboden verschluckt. Dabei habe ich nur kurz auf eine Nachricht meiner Oma geantwortet und schon stand ich alleine da.

Seufzend reibe ich mir die Hände aneinander und puste warme Luft herein. Es war eine dumme Idee hier her zu kommen. Besonders unter der Woche. Alles was ich will ist mein warmes Bett und eine dampfende Tasse Tee. Aber einfach so abhauen kann ich auch nicht machen. Nicht, ohne mich davor zu verabschieden.

Ich setze mich in Bewegung, während ich irgendeine Melodie vor mich hin summe, und bahne mir einen Weg durch die Masse.

Der alljährliche Weihnachtsmarkt findet immer in der letzten Novemberwoche statt und ist eine Tradition im Dorf. Eigentlich ist es nur wieder eine Ausrede um haufenweise Glühwein zu trinken, aber niemanden stört das wirklich.

Da ich nicht trinke, kann ich eher weniger mit dieser Veranstaltung anfangen.

Verzweifelt werfe ich einen Blick auf mein Handy. Vielleicht hat Alec dort irgendwelche Nachrichten hinterlassen, aber ich meine Hoffnung wird schnell zu Nichte gemacht. Warum haut er denn auf einmal ab?

Auch von Mara fehlt jede Spur.

Und von Jonny. Aber sind wir mal ehrlich - das ist eher der totale Jackpot.

Vorhin habe ich ihn kurz erblickt und bin instinktiv in die Hocke gegangen, in der Hoffnung nicht gesehen zu werden. Es mindert zwar das harte Auftreten und die große Klappe am Wochenende, aber ich habe keine Lust auf eine Faust in meinem Gesicht. Es gab also nur diesen Ausweg.

Meine Füße tragen mich an den Rand der vielen Stände, wo es nicht ganz so voll ist, damit ich endlich wieder richtig atmen kann. Ich ziehe mir die Mütze tiefer ins Gesicht und beschließe mir wenigstens einen Kinderpunsch zu kaufen, um mich etwas aufzuwärmen.

"Nur einen? Mit Alkohol?", werde ich von einem Junge in meinem Alter gefragt, der zusammen mit einem älteren Mädchen Punsch und Wein ausschenkt.

Kopfschüttelnd verneine ich seine Frage und lächele verneinend.

"Alles klar", versteht er und füllt mir meine Tasse schnell auf.

"Danke", meine ich und reiche ihm das Geld. "Du hast nicht zufällig einen großen, braunhaarigen Jungen gesehen?"

"Nein, tut mir leid. Du Ella?", fragt er das Mädchen, die allerdings ebenfalls ihren Kopf schüttelt.

"Trotzdem danke", meine ich und stoße mich ab.

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