Prolog

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Gehe nie mit fremden Leuten mit.

Lass dich nie von fremden Menschen in ein Gespräch ziehen. Renn weg, wenn dir das Gespräch unangenehm wird. Schrei, wenn dir jemand zu nahe kommt.

Diese Sätze schossen dem jungen Mädchen durch den Kopf, als ein Lieferwagen direkt vor ihr anhielt. Diese Sätze hatte ihr großer Bruder immer zu ihr gesagt. 
Doch was machte man, wenn einem keine Zeit mehr zum Schreien oder Wegrennen blieb? Wenn man von hinten gepackt, einem der Mund zugehalten und man grob in das Auto gestoßen wurde? Was sollte man dann machen? 

Das hatte ihr großer Bruder ihr nicht verraten. Er hatte ihr auch nicht verraten, dass die Leute lachten, als das Auto abrupt anfuhr. Oder dass es im Inneren des Wagens fürchterlich stank, sodass ihr das Herz bis zum Hals schlug und sie am liebsten die Luft angehalten hätte. 
Mittlerweile konnte sie wieder schreien, da ihr niemand mehr den Mund zuhielt, und sie schrie so laut sie konnte. Aber das brachte nichts mehr, es ließ die beiden Männer nur noch lauter lachen. 

Tränen rannen ihr haltlos über die Wangen und sie schluchzte laut auf. Kälte kroch durch ihren Körper und ließ ihn zittern. Das Mädchen realisierte, dass sie nun allein war. Völlig auf sich allein gestellt.
Hier würde nicht ihr großer Bruder kommen und ihr helfen, so wie er es tat, wenn sie von den Jungs in der Nachbarschaft geärgert wurde. Oder der ihr bei den Mathehausaufgaben half. Er sagte immer, sie solle gut in der Schule sein und sich anstrengen, damit sie später bessere Chancen hatte. Damit sie leichter einen Job finden, studieren oder eine Ausbildung machen könnte, die sie sich wünschte und die ihr gefiel.

Bis jetzt kam ihr großer Bruder ihr immer wie ein Held vor. Er schien jede Situation bewältigen zu können, er wusste schon so viel von dieser Welt. Er war ihr Vorbild, genauso mutig wie er wollte sie auch einmal werden. Hektisch überlegte sie, was ihr Bruder in so einer Situation machen würde. Aber ihr fiel schnell ein, dass ihr Bruder nie in solch eine Situation geraten würde. Und selbst wenn, würde er sicherlich nicht zusammengekauert in dem Auto liegen und vor sich hin weinen. 
Vielleicht würde er ihr ja doch noch helfen, wie er es immer tat. Vielleicht würde er an einer roten Ampel ins Auto kommen und sie befreien... 

Doch je mehr Kilometer das Auto hinter sich ließ, desto mehr verdrängte das junge Mädchen diese Wunschvorstellungen und sah der Wahrheit ins Gesicht: 

Hier würde ihr niemand helfen. 
Auch nicht ihr großer Bruder. 

 

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Sacrifice - Don't touch herWo Geschichten leben. Entdecke jetzt