10. Kapitel

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Ein Räuspern riss mich aus meinen Gedanken. Tilo fuhr erschrocken zurück und drehte sich zu Mike um, der uns mit dem Handy in der Hand musterte. 

"Wir haben den Namen von dem Täter. Die Kollegen konnten ihn mit Hilfe von Fingerabdrücken identifizieren", sagte er dann mit ruhiger Stimme. Tilo kniete immer noch vor mir und hielt sich mit einer Hand an meinem Oberschenkel fest. Seine Hand krallte sich fest in meine Haut, als er realisierte, was Mike gesagt hatte. "Und wer ist es?", fragte er tonlos nach. 

"Drew Anderson. Ich würde sagen, ich nehme euch mit zum Revier. Da können wir alles weitere klären", schlug er vor. Tilo nickte abgehackt und ich biss die Zähne zusammen. Seine Finger bohrten sich noch kräftiger in mein Bein und ich riss mich zusammen, um nicht vor Schmerz zu schreien. 

───•✣•───

Wenige Minuten später auf dem Polizeirevier, war es nicht mehr mein Bein, was von Tilo zerquetscht wurde, sondern meine Hand. Er klammerte sich daran fest, wie sich ein Ertrinkender an einen einsamen schwimmenden Ast mitten auf dem Meer klammern würde.

Aber ich sagte nichts dazu, er brauchte den Halt und um ehrlich zu sein brauchte ich auch jemanden, der mich festhielt. 

Mike sprach mit einigen Polizisten und führte uns dann in sein Büro. Auf seinem Schreibtisch stapelten sich Aktenordner und die Topfpflanze war weg, die das letzte Mal noch auf seinem Schreibtisch gestanden hatte. Somit waren auch die Fliegen verschwunden, die darin ein Zuhause gefunden hatten. "Setzt euch", forderte er uns auf, aber wir blieben beide stehen. Er nahm das mit einem stutzigen Gesichtsausdruck zur Kenntnis und wühlte sich durch einen Aktenstapel, bis er die Richtige gefunden hatte. 

"Drew Anderson. 47 Jahre, nicht offiziell vorbestraft. Aber ihm werden seit Jahren Verbindungen zur Mafia nachgesagt", informierte er uns und hielt uns dann ein Bild von dem Kerl unter die Nase.

"Schon einmal gesehen? War es der Typ, der dir den Brief mit dem Bild von dem toten Mädchen gegeben hat?", fragte er mich. Ich musterte das Bild und schüttelte mit dem Kopf. Nein, diesen Mann hatte ich noch nie gesehen.

Auf dem Bild trug er seine dunkelbraunen Haare etwas länger und aus der Stirn gekämmt, sie waren mit leichten grauen Strähnen durchzogen. Er trug einen Bart und schaute grimmig drein. Das gruselige aber waren seine Augen. Sie kamen mir bekannt vor, obwohl ich ihn noch nie gesehen hatte. Und sie sahen kalt aus. Gewissenlos und kalt. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken und diesmal war ich es, die Tilos Hand schmerzhaft fest zusammendrückte. Meine Handflächen fühlten sich irgendwie schwitzig an, gleichzeitig war mir eiskalt. 

Ich stellte mir vor, wie dieser Kerl Mia anfasste. Wie er sie gefangen hielt. Oder wie er kleine unschuldige Kinder tötete, um mit deren Blut Nachrichten an die Haustüren anderer Leute zu schreiben.

Ich schluckte und schloss kurz meine Augen. Ich wünschte mir, endlich aus diesem Albtraum aufzuwachen. Aber als ich die Augen wieder öffnete, stand immer noch Mike vor mir. Mit dem Bild von Drew in der Hand. Diesem Mistkerl. Ich hasste ihn abgrundtief. 

Mike wandte den Blick von mir ab und sah zu Tilo, der auch mit dem Kopf schüttelte. Mike seufzte entmutigt. "Schade. Uns fehlt sein Motiv. Warum er die kleinen Kinder entführt hat. Und warum er ausgerechnet Kontakt zu euch beiden aufnimmt. Warum er euch unter Druck setzt... Entweder haben wir irgendwas übersehen, oder es ist etwas, womit wir zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht rechnen. Aber wir werden weiter ermitteln. Die Spurensicherung ist noch bei euch im Haus. Ihr könnt dort also noch nicht hin. Vermutlich sind sie erst morgen früh fertig. Könnt ihr irgendwo anders hingehen für diese Nacht?", fragte er fast schon besorgt und warf einen Blick auf die Uhr.

Sacrifice - Don't touch herWo Geschichten leben. Entdecke jetzt