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"Ready?", fragte mich Alex, als ich bei ihm im Wagen saß. Wir waren vor meinem Lieblingsclub angekommen und saßen gerade noch im Auto davor.

Ich hatte mich etwas geschminkt, um meine roten Augen zu kaschieren. Einfach dick Smokey eyes drauf.

Denn als ich bei Alex angekommen war, holte mich die Realität doch schneller ein, als gedacht. Also saß ich da vier Stunden lang im Gästezimmer und habe rumgeheult. Zwischendrin gab's paar Klobreaks und Tony musste auch aufs Klo und ich musste es nochmal alles Tony's Mum erklären, woraufhin sie meinte ich kann so lange bleiben wie ich will und dass sie noch ne freie Wohnung haben und alles, aber ich habe ihr nicht wirklich zugehört sondern war viel zu sehr damit beschäftigt, darauf klarzukommen, dass Jacob mich wirklich nicht wollte und dreist mit Anita in meinem Bett gefickt hat.

In gewisserweise nervte es mich etwas, weil der Typ so unglaublich kompliziert war. Wenn er mich nicht wollte, warum wollte er es mir dann erklären? Warum hat er dann gefragt ob ich mit ihm zusammen sein will? Warum hat sich das so echt angefühlt? Ich konnte nicht wirklich glauben, dass es gespielt war. Jacob war Jacob. Wenn er lügen würde, hätte ich es gemerkt. Andererseits habe ich ihn fünf Jahre lang nicht mehr um mich rum gehabt, da kann sich vieles ändern. Alles verwirrte mich nur noch mehr.

Naja irgendwie hatte ich es dann doch zu Alex ins Auto geschafft. Und Tony war zu langsam und saß auf der Rückbank. Es stellte sich heraus, das beide alte Klassenkameraden waren, als sie zum ersten Mal aufeinander trafen. Tony bestand drauf mitzukommen, und ich hatte nicht wirklich was dagegen. Alex auch nicht, und wenn doch, dann hatte er wohl geschissen. Beide verstanden sich aber ziemlich gut anscheinend.

"Yo. Was mit dir Tony?", antwortete ich und drehte mich nach hinten zu Tony auf der Rückbank.

"Ja auf geht's Frust feiern!", meinte er gespielt motiviert und lachte mich etwas aus. Ich musste auch. Obwohl er Recht hatte. Es hörte sich dennoch immernoch etwas strange an. "Frust feiern...". Das würde wohl in nächster Zeit etwas öfter passieren...

Als wir den Club betraten war bereits alles voll.

Ich hatte richtig Lust heute die Sau rauszulassen. Ich meine ich war wieder richtig free. Also so richtig. Jacob war nie mit mir zusammen, aber trotzdem kam immer wieder das Gefühl hoch ihn zu betrügen, wenn ich daran dachte mit jemand anderem rum zu machen. Und jetzt, da alle Fronten geklärt sind, und ich wusste, dass er mich nicht wollte, wie ich ihn, tja. Nothing's gonna stop me right?

Alex und Tony ließen mich irgendwie keine einzige Sekunde aus den Augen. Sehr strange. Als hätte ich zwei Bodyguards. Ich meinte was sollte ich schon krasses machen? Drogen werde ich sowieso nicht nehmen, wenn man Alkohol nicht dazu zählt, und wenn mich jemand vergewaltigen wollen würde, denke ich, bin ich gut im Stande dazu mich einigermaßen selbst zu verteidigen.

"Alter was gammelt ihr da so grießgrämig rum Jungs? Habt mal bisschen Spaß. Seht ihr die beiden Mädels da hinten? Die blonde und die, mit den lilanen Haaren? Die starren Euch schon die ganze Zeit an, also los! Do your thing!", forderte ich beide auf, die mich nun verdutzt anschauten. Ich zuckte nur ahnungslos die Schultern.

Ich wusste echt nicht was die hatten.
"Ja mir isses egal, ich werd jetzt hier sitzenbleiben, was trinken, vielleicht auch bissl mehr, und dann tanzen gehen. Wollte euch nur nen Tipp geben.", erklärte ich gelassen.

Also tat ich das auch. Heute Abend war mir das so richtig egal, was andere über mich dachten. Nicht das ich sonst was drauf geben würde, aber ihr wisst schon; EGAL-egal.

"Hi, könnte ich bitte nen Martini haben?", fragte ich nett an der Bar. Der Barkeeper drehte sich um und gab mir kurzerhand was ich wollte. Hm. Also schlecht sah er nicht aus. Etwas aufgepumpter Südländer mit hellgrünen Augen, lange lange Wimpern, leichtem drei-Tage-Bart und vollen Lippen. Als sich unsere Blicke trafen, lächelte ich ihm nur nett zu. Fürs Flirten hätte ich noch mindestens zwei Martini mehr gebraucht, und die würden heute sicher noch kommen, da war ich mir sicher.

Ich hatte nach dem letzten Kampf erstmal mir zwei Monate Pause gegönnt, bevor ich wieder ins Training ging. Das hatte ich einfach gebraucht. Einfach mal ne Auszeit, wo ich essen, trinken, und generell machen konnte, was ich will.

Er lächelte mir nett zurück, und fragte mich schließlich: "Bist du alleine hier?" "Ne mit den beiden. Und wie läufts bis jetzt?", antwortete ich nett und soff meinen halben Drink in einem Zug leer.

"Haust ja richtig rein was?", fragte er frech. "Ja, habs nötig.", gab ich gelassen von mir und trank mein Glas nun leer. Ich schaute nun kurz zu Tony und Alex rüber, die rechts und links von mir saßen, und mich mit offenem Mund anstarrten.

"Jetzt guckt ned so behindert, ich hab viel zu viele Muskeln, so schnell werd ich ned besoffen, trust me.", beruhigte ich sie, "Aber das mit dem besoffen werden, wird noch definitiv kommen, ge!" und versicherte ihnen schließlich meinen Absturz.

"Noch einen bitte!", verlangte ich vom
Mann hinterm Tresen.

"Bist du dir sicher kleine?", fragte er mich frech.
"Yuup!", versicherte ich ihm.

"Wie heisst du denn überhaupt?", wollte er nun höflich wissen.

"Neece, du?", antwortete ich.

"Elyas. Freut mich.", lächelte er mir nett zu, "Ich hab gleich Feierabend, wollen wir da was zusammen machen?", bot er mir schließlich an.

"Joah warum nicht, hab eh nichts vor heute.", stimmte ich zu, "Hast du Kondome?"

"Eh... was?", fragte er mich etwas verwundert.

"Ja es wird eh darauf hinaus laufen, das wir im Bett landen, deshalb frag ich, weil ich hab keine, bzw. doch, aber die liegen bei mir zuhause und da will ich grad nicht hin, weil ich ner bestimmten Person nicht begegnen will. Und wenn ich nachher besoffen bin, denk ich da eh nicht mehr dran, deshalb frag ich lieber jetzt. Also nichts gegen dich, aber ich hab ehrlich gesagt ned so Bock auf Syphillis oder Clamydien.", erklärte ich ihm, als würde ich von Wetter reden.

"Krass... Ehm ja, hab ich.", meinte er schließlich verlegen.

"War nur Spaß man, ich bin grad ned so in Laune um zu ficken, sorry, tut mir leid, aber guck mal die rothaarige da hinten starrt dich schon die ganze seit mit dem 'Ich zieh ich gleich aus und steck deinen Schwanz ganz tief in mich rein'-Blick an, und die sieht echt heiß aus. Willstes mal bei der versuchen?", versuchte ich ihn aufzumuntern.

Tatsächlich schaute er mich dankend an und lief zugleich zu ihr rüber.

Eine Weile, ich wüsste nicht wie lange, saß ich einfach nur an der Bar und habe Martini nach Martini in mich reingesoffen.

"Ich hätte gern noch einen Martini bitte.", bestellte ich zum siebten Mal an der Bar. Die mitlerweile für ihren Kollegen eingesprungene Barista schaute mich nur verdutzt an. Elyas machte jetzt wild mit der Rothaarigen rum. Wenn ichs mir so Recht überlege, hätte ich auch gerne rote Haare wie sie. So schön blutrot. Irgendwie cool...

Mitlerweile habe ich die laute Musik um mich herum komplett ausgeschalten und auch die beiden Jungs die mit mir hierher kamen. Alles hörte sich so an, wie als wäre mein Kopf in Watte gehüllt worden. Es gab nur noch mich und das Glas.

Ich musste ihn einfach vergessen, die Erinnerungen an ihn aus meinem Gedächtnis löschen. Einfach alles von ihm. Auch wenn ich es nicht zugeben wollte, er war die einzige Person, die mir so große Schmerzen zufügen konnte. Und das hat er auch getan.

Das im Ring war nichts hiergegen. Blaue Flecken und angeschwollene Körperpartien gehen nach ein paar Wochen weg. Das hier schien mit der Zeit immer schlimmer zu werden.
Ich musste ihn einfach aus meinem Leben eliminieren. Und wenn das hieß, dass ich mir mein halbes Hirn wegsaufen musste, dann sei es so. Denn nichts war unerträglicher als dieser pochende Schmerz in meiner Brust, und die Erkenntnis ihn mit jeder Sekunde mehr zu vermissen...

Fortsetzung folgt...

Neece. ✔️ | #WaveAward2019 #GlamBookAward2019 #iceSplinters19Where stories live. Discover now