Ich ging ins Bad um mich fertig zu machen und haute mich dann aufs Ohr.

Also ich dachte, dass ich mich aufs Ohr hauen könnte. Aber da habe ich meine Rechnung ohne das anhängliche Gürteltier hinter mir gemacht, was mich jetzt ankuschelte. 

Das Gürteltier mit wunderschönen, blauen Augen, welche mich reumütig ansahen, als ich mich umdrehte.

"Neece?"

"Hm?"

"Es tut mir leid." Reue war ihm ins Gesicht geschrieben. Ich hakte jedoch trotzdem nach.

"Was tut dir leid?"

"Du weißt genau, was ich meine."

"Ne weißt. Da gibt es so vieles, ich weiß garnicht genau welches ich jetzt von der ganzen Scheiße ich genau entschuldigen soll.", meinte ich etwas gereizt, aber dennoch amüsiert.

"Heeey. Tu nicht so."

"Ich tu nicht so, ich weiß echt nicht was du meinst." Halbe Wahrheit. Ich wusste es, war mir aber nicht zu 100% sicher. 

" Neeeeeeeece...", schmollte er nun.

"Jaaaaaa?"

"Weißt dus echt nicht?"

"Nope."

"Wegen damals. " Er holte tief Luft. "Dass ich dich einfach fallen gelassen hab. Und dir nichts gesagt hatte. Und dich ignoriert habe."

"Und so getan hast, als hättest du mich nie gekannt, oder gemocht, geschweige denn dass wir jemals beste Freunde waren? Oder das du mal die wichtigste Person in meinem Leben warst und aufeinmal weg? Oder meinst du deine krasse "Coolness" kann das ausgleichen?", platzte es aus mir heraus. Ein erstickendes Gefühl machte sich in meinem Hals breit, und ich ließ schließlich zu, dass es in Form von ein paar Tränen entwich. 

Jacob schaute mich traurig an. Seine Augen waren auch glasig, und er legte eine Hand auf meine Wange um mir meine Tränen wegzuwischen. 

Ich habe es nicht gerne zugegeben, aber das damals setzte mir immernoch zu. Wir waren so etwas wie seelenverwandte. Nein nicht "so etwas". Wir waren Seelenverwandte. Und er schnitt sich einfach von mir ab. Es fühlte sich so an, als hätte ich die Hälfte meiner Seele, oder meiner Identität verloren. 5 Jahre lang wusste ich nicht was mit mir anzufangen. 

Vielleicht waren wir das ja immernoch, denn jetzt wurden seine Augen wässrig. "Nicht weinen bitte. Dann muss ich auch-"

"Ach das ist geblieben oder was? Bist du dir dafür nicht zu krass inzwischen? Willste dir nicht lieber nen Joint reinpfeifen oder so, anstatt mir irgendwas vorzuspielen?", meinte ich beleidigt, "Vielleicht suchst du dir mal demnächst wieder ne tolle sexy Brünette, mit der du rumturteln kannst, vielleicht rückst du mir ja nur gerade auf die Pelle weil du niemanden anderen hast, der dir zuhört. Vielleicht lässt du mich auch wieder fallen, wenn du merkst, dass ich nicht so willig bin, wie die anderen, oder wenn deine Midlife-Crisis überwunden ist?"

"Neece, hör auf! Du weisst genau , dass das nicht stimmt!", gab er gereizt von sich und auch etwas beleidigt.

"Also wissen tu ich seit paar Jahren nichts mehr von dir."

Er seufzte: "Ich kann nicht von dir verlangen, dass du mir wieder vertraust. Ich habe das eigentlich auch garnicht verdient. Aber irgendwo in mir drin schreit etwas ganz laut nach Neece, und zwar so laut, dass es schon fast weh tut. Vielleicht habe ich ja noch eine Chance meine beste Freundin wieder zu bekommen. Sie ist zwar sehr gering, aber ich werd sie nicht aufgeben.", erklärte er anschließend niedergeschlagen. Dann richtete er sich auf und ging zur Tür. 

Entschuldigung angenommen.

Das hätte ich ihm jetzt gerne gesagt, aber ich war zu stolz. Ich verließ mich darauf, dass er es von selber verstand und fragte ihn stattdessen: "Kommst du am Freitag zu meinem Kampf?" Freudig machte er kehrt und warf sich aufs Bett um mich zu knuddeln.

Natürlich verstand er was ich eigentlich meinte. 

Ich liebte den Typen einfach. Er war zu süß um sauer auf ihn zu sein. 

"Habs dich liebs", meinte er nur, bevor er mich noch enger an sich heran zog und wie ein Kuscheltier knuddelte. 

"Jaja", winkte ich ab. "Kommst du jetzt oder nicht?", hakte ich nochmal nach.

Es was mir jetzt nicht besonders wichtig, dass er dabei war. Allerdings, hatte ich das Bedürfnis, das mit ihm aufzuholen, was er in den 7 Jahren von meinem Leben versäumt hatte. 

"Du machst Kämpfe?", fragte er nun etwas verwundert. 

"Ja."

"Bekommst du dafür Geld? Ist das legal?"

"Ja und Ja. Ist vom UFC. Ich werde aber nicht von ihnen, sondern von ihrem, besser gesagt meinem Sponsor bezahlt."

"Wann ist das?"

"Freitag 20 Uhr, übermorgen ist das Wiegen, das ist nicht so wichtig, aber wenn du willst, kann ich dich zu beidem mitnehmen."

"Scheiße Neece, warum hast du mir nie etwas davon erzählt?!"

"Weil du dich nie dafür interessiert hast und immer abgewimmelt hast, jedes mal als ich angefangen habe, dir etwas über Kampfsport zu erzählen. Ich habe es dann nicht als nötig empfunden dir irgendwas darüber noch zu sagen."

"Oh. Tut mir leid.", meinte er traurig. "Ist das ein MMA - Kampf?"

"Ja. UFC ist immer MMA. Also kommst du jetzt mit oder nicht?", hakte ich nach.

"Ja. Natürlich. Ja.", stimmte er aufgeregt zu.

"Zu was?"

"Zu beidem natürlich."

"Cool, wiegen ist am Donnerstag um 16 Uhr. Ich hol dich ab, bzw. wenn du halt nach Hause kommst fahren wir halt zusammen hin oder so, keine Ahnung." erklärte ich gelassen. "Und jetzt lass mich schlafen, du kleines Anhängliches Ding", scherzte ich und knipste das Licht der Nachttischlampe aus. 

"Neece?"

"Ja?"

"Ich liebe dich.", nuschelte er in meinen Rücken hinein. 

Eine Sekunde lang, dachte ich über die Bedeutung der drei Wörter nach. Aber in dem Kontext hießen sie für ihn wahrscheinlich eher das Freundschaftliche. Wie ein man ein kleines Haustier liebte. Ich konnte das nicht einschätzen, nach dem was er heute im Auto getan hat, war er mir ein Rätsel. Sollte ich mich jetzt nicht eher über Lippenschmerzen beklagen, weil wir normalerweise um die Uhrzeit immer rummachten, und er aber echt wirklich grottenschlecht drin war? Ich war froh, dass es nicht so war.

"Ich dich auch, Jacob", gab ich zurück, aber er schlief schon in aller Seelenruhe, und hielt mich fest umklammert.

Neece. ✔️ | #WaveAward2019 #GlamBookAward2019 #iceSplinters19Where stories live. Discover now