Samuten der Schlüssel

52 2 0
                                    

Nur Leander und ich begleiteten Hoseki, der Rest blieb nach einer kurzen Erklärung der Lage bei Eminem zu Hause und um ehrlich zu sein wahr ich gerade eifersüchtig auf Nini und die anderen, die ihren Füßen eine Pause gönnen konnten. Ich stöhnte als wir die letzten Stufen der Treppe nach oben stiegen. Dann waren wir endlich da. Das Geklirre von Kelchen und der Gesang von angetrunkenen Akumas war bereits durch die verschlossene Tür zu vernehmen. Die Taverne war genau wie alle anderen Häuser auch in die Wände gegraben. Bunte Fenster schmückten die Fassade und eine hölzerne Tür trennte uns von dem Vorgehen im Inneren. Ohne zu zögern griff Hoseki nach dem eisernen Griff und zog sie auf. Der riesige Raum mit den gewölbten Decken wurde nur spärlich durch das flackernde Licht einiger Fackeln an den Säulen beleuchtet. Die Tische aus dem dunklen Holz waren von den Krallen der Akumas verschrammt und von Getränken nass und klebrig. Der hölzerne Boden knarrte unter unseren Füßen, aber das war kaum zu hören, denn schallendes Gelächter und laute Musik übertönte es. Ein faulig, beißender Geruch stieg mir in die Nase und es dauerte ein wenig bis ich mich daran gewöhnte. Einige Gesichter wendeten sich zu uns und beobachteten die neuen Gäste kritisch, andere schienen uns gar nicht zu bemerken und stießen mit den bis zum Rand gefüllten Kelchen an, so dass die Hälfte ihres Inhaltes sich über den Boden oder Tisch ergoss. Unwohl rückte ich ein wenig nähern an Leander heran, bei dem Gedanken, dass die meisten dieser gehörnten Männer Schwerter mit sich trugen und teils schon in lauten Streitereien verstrickt waren. Doch dieser lächelte mich nur kurz an und zog mich dann hinter Hoseki her, welcher sich schon an der Theke befand. Er schien sich mit dem Wirt zu unterhalten bis dieser mit dem Finger in einer der dunklen Einbuchtungen hinter den Säulen deutete. Dankbar nickte mein Portalbegleiter und deutete uns dann an ihm zu folgen. Neugierig kam ich wieder hinter Leander vor und lugt in Richtung des in fahles Licht gehüllten Tisches. Drei Männer saßen dort lachend und mit Kelchen anstoßend zusammen, doch Hoseki schien auf einen bestimmten zu zusteuern. Ich vermutete, dass es sich bei diesem um Samuten handelte. Der Akuma machte auf mich bereits einen alten Eindruck. Die grünen Schuppen auf seiner Haut waren matt und nur einzelne Strähnen schienen auf seine einst blauen, nun nur noch grauen Haare zu verweisen. Dunkle Hörner, an einigen Stellen bereits mit sichtbaren Einkerbungen aus Kämpfen und abgebrochener Spitze thronten auf seinem Haupt. Als er Hoseki bemerkte schien er erst ein wenig zu grübeln und stand dann lachend auf. Leander und mich hatte er noch nicht entdeckt. „Hoseki, mein Junge, wie geht es dir, setzt dich doch zu uns.“, seine Stimme war rau und er machte eine einladende Geste. Seine Trinkgesellschaft auf der Bank schien nicht viel jünger als er zu sein und betrachtete den Neuankömmling mit einem breiten Grinsen und den Hochheben ihrer Krüger, wobei sich wie bei den anderen auch der Inhalt über den Tisch verteilte. Als einiges davon auch auf mich herunterregnete, ging ich einen Schritt zurück. Daraufhin schienen die Männer auch uns zu bemerken. Wobei Samutens Augen sich beim Anblick von Leander weiteten, als er merkte, dass es mir auffiel drehte er den Kopf von uns. Ohne, dass Hoseki etwas hatte sagen müssen schien der alte Mann zu verstehen. Er verabschiedete sich von seiner Gesellschaft, die schon weitaus mehr als er getrunken zu haben schien und deutete uns mit einer Handbewegung an ihm in einen kleinen Nebenraum zu folgen.

Er zog mit den Krallen einen der Stühle zurück und deute uns an uns zu setzten. Als der Wirt schließlich auch noch einmal in den Raum trat blickte er fragend in die Rund, doch Hoseki schüttelte nur den Kopf: „Wir sind nicht zum Trinken gekommen.“ Samuten seufzte: „Ich kann es mir denken.“ Er orderte dennoch ein Getränk, woraufhin der Wirt sich wieder zurück zog und stützte seinen Kopf dann mit einem Seufzen auf den Händen ab. Hoseki sah dass als Aufforderung anzufangen. Er drehte sich kurz zu mir um. Ich nickte nur um ihm zu bestätigen, dass er das Gespräch führen sollte. „Wir sind im Auftrag der Göttin gekommen.“ Samuten nickte: „Ja, das habe ich mir schon gedacht.“ Er drehte sich zu Leander. „Der Junge ist …“ Hoseki beendete den Satz des alten Akumas: „… das momentane Seelensiegel, genau.“ Der Mann lehnte sich auf seiner Bank zurück und betrachtete Leander genau: „Die Göttin zeigt mir manchmal den Grund, wieso ich das heilige Tor öffnen muss.“ Er drehte sich wieder zu Hoseki: „Also sag es schon, ich soll das heilige Tor für euch öffnen, habe ich Recht?“ Ich nickte, was ihm als Bestätigung zu reichen schien. Er seufzte einmal laut, dann sprach er weiter: „Darf ich fragen, was genau euer Auftrag ist?“ Hoseki wollte es schon erklären, aber dieses Mal kam ich ihm zuvor: „Moe hat uns selbst nicht wirklich etwas aufgetragen, wir sind eher für einen Versuch hier, der wenn es funktioniert einiges verändern wird.“ Samuten beobachtete mich interessiert: „Ich nehme mal an, dass du einer der Himmelsstreifer bist.“ Ich nickte stumm. Der Akuma rückte sich auf seinem Platz zurecht: „Was genau habt ihr darin vor?“ Leander führte die Erklärung fort: „Der Plan besagt den Teufel wenn möglich mit seiner eigenen Seele zu versiegeln.“ Samuten schmunzelte: „Und wenn es geht am liebsten auch noch bevor das momentane Seelensiegel bricht, habe ich Recht.“ Ich blickte betreten zur Seite, als Leanders möglicher Tod sich erneut in meinem Gedächtnis breit machte. Doch er nickte nur. Dann trat wieder der Wirt mit dem erwünschten Kelch ein. Doch so schnell wie er gekommen war verschwand er auch wieder. Der alte Akuma trank einen großen Schluck aus dem Gefäß und stellte es vorsichtig ab. Er legte den Kopf leicht schief und blickte Leander starr an: „Dir ist klar, dass du unter keinen Umständen den Ort der Versieglung betreten darfst?“ Samuten kratzte mit den Krallen über das Holz des Tisches: „Nicht nur, weil du ein Schutzengel bist und anfällig wärst, nein es geht hierbei um mehr.“ Er lehnte sich auf seinem Platz zurück: „Wenn du als Siegel den Ort der Versiegelung selbst betrittst bist du selbst von beiden Seiten für den Teufel erreichbar.“ Als der Akuma mein fragendes Gesicht bemerkte erklärte er weiter: „Du musst dir das so vorstellen, die Seele dieses jungen Mannes hier bildet eine Art Raum in der der Teufel eingeschlossen ist. Wenn er jedoch diesen Raum nun betritt kann der Teufel seine Seele von innen und außen angreifen. Von innen, da er in dem inneren, also dem Raum eingesperrt ist und von außen, da der der Seelenträger selbst sich im Raum befindet. Verstehst du ungefähr was ich meine?“ Ich nickte nachdenklich. Dieser schwarze Nebel, der sich in Leander eingenistet hatte, als wir bei Aki gewesenen waren hatte also versucht Leanders Seele von außen zu zerstören. Bedeutete dass etwas, dass er das voranschreiten der Seelenuhr noch beschleunigt hatte? Samuten drehte sich wieder zu Leander: „Es ist schon eine ganze Weile her, seit dein Siegel beschlossen wurde, darf ich fragen wie viele Schläge dir noch übrig bleiben.“ „Dieser letzte“, antwortete Leander ohne zu zögern. Wieder stach es in meinem Herzen. Doch der alte Akuma schüttelte nur den Kopf: „dann erst Recht, du würdest keine Minute darin überleben, nicht wenn dir der ganze Teufel gegenübersteht, ein Angriff auf dich, dann wäre es vorbei.“ Ich ballte unter dem Tisch meine Hände zu Fäusten und versuchte ruhig zu bleiben und nicht zu zittern. Schließlich seufzte Samuten nur noch: „Dann sollte wir uns wohl besser beeilen was?“ Er trank seinen Kelch mit wenigen Schlucken aus: „Geht ihr schon mal vor, ich bezahle noch eben den Wirt.“ Hoseki schob seinen Stuhl zurück und verbeugte sich zur Bedankung.

Der rote MondWhere stories live. Discover now