Auf der Suche nach Hinweisen

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„Wieso ist die Tür denn offen?“, Leander trat ein: „Hallo?“ „Hey.“, ich zog ihm am Ärmel: „Du kannst doch nicht einfach rein gehen.“ Leander zuckte mit den Schultern: „Ich habe doch geklopft.“ Er öffnete die Tür weiter und schritt einfach ein. Ich fühlte mich erst unwohl dabei. Unsicher schaute ich mich um. Dann ging ich ihm jedoch hinterher. Vielleicht war sie ja irgendwo weiter hinten und hatte uns nur nicht gehört. Durch die Fenster wurde der Raum in ein mysteriöses Licht getaucht. Wir standen direkt in der Mitte eines Raumes, den ich für das Wohnzimmer hielt. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein kleiner Kamin, umrahmt von Bücherregalen. Vor ihm ein Lesestuhl und ein kleiner Holztisch. „Hallo.“, rief ich, doch bekam keine Antwort. Leander hatte sich schon interessiert vor das Bücherregal gestellt. Er überflog die Titel und zog schließlich eins heraus. „Hey.“ Ich wollte ihn abhalten: „Du kannst dir doch nicht einfach ein Buch nehmen.“ Doch Er hielt es schon aufgeschlagen in der Hand und durchblätterte die Seiten. Er zog die Augenbrauen hoch: „Die wahre Geschichte der Könige. Wie sie waren und wie sie schienen.“ Ich wurde aufmerksam. „Die Königsbrüder, sind in Wahrheit gar keine Brüder. Der nun ernannte König Hioya ist der rechtmäßige Thronerbe, das lässt sich nicht verleugnen, doch die Geschichte ist kompliziert. Zuerst schien es so als könnte die Königin keine Kinder bekommen. Um das Königreicht jedoch nicht in Unruhe zu stürzen, wurde heimlich ein Kind adoptiert. Es war ein ganz normales Bauernkind. Die Eltern bekamen einen hohen Preis gezahlt um zu schweigen. Dieses Kind wurde Hioya getauft und dem Volk als der Prinz vorgestellt. Nicht lange jedoch nach diesem Ereignis, geschah es, dass die Königin selbst schwanger wurde. Ein weiterer Junge wurde geboren. Im Schloss herrschte große Aufruhe. Nun wo die Königsfamilie ihr eigenes Kind hatte sollte natürlich dieser der Thronerbe werden, doch wie sollte man es dem Volk erklären. Zu sagen, dass das erste Kind eine Lüge war kam nicht in Frage. Die Schwangerschaft konnte jedoch auch nicht geheim gehalten werden. Das adoptierte Kind musste also bleiben. Man entschloss sich schließlich die beiden zu vertauschen. Nach seiner Geburt wurde das zweite Kind als Waru dem Volk vorgestellt. Doch kurz darauf tauschten die beiden Kinder ihren Namen. Der Fusch viel nicht auf. Und so nahm das adoptierte Kind den Namen Waru an und das neugeborene wurde Hioya getauft. Das leibliche Kind wurde immer als das ältere präsentiert. Waru wurde vernachlässigt. Und so wurde schließlich Hioya König obwohl Waru der eigentlich ältere von beiden war …“ Leander starrte in das Buch. Ich war überrascht. Waru war also gar nicht wirklich der Bruder meines Vaters? Jetzt verstand ich auch, wieso er einen solchen Groll auf ihn hegte, ohne meinen Vater wäre er König geworden. Wegen ihm wurde er vernachlässigt. Ich schaute zu Leander: „Wusstest du das?“ Er schüttelte ungläubig den Kopf: „Nein, das ist auch mir neu.“ Er blätterte wieder ein wenig weiter und stellte es dann zurück in den Schrank. Dann drehte er sich zu mir um: „Das erklärt so einiges.“ Er wollte schon das nächste Buch aus dem Regal zeihen als ich ihn aufhielt: „Jetzt warte doch mal, wir können hier nicht einfach die Bücher von fremden Leuten lesen. E ist schon falsch, dass wir hier einfach rein gegangen sind.“ Er seufzte: „Na gut.“ Er drehte sich zu einer Tür: „Komm schauen wir eben wo sie ist.“ Er schritt auf sie zu. Vorsichtig klopfte er. Als er keine Antwort bekam öffnete er die Tür: „Hallo?“, fragend blickte er in den Raum. Ich war dicht hinter ihm. Vor uns befand sich wohl die Küche, über einer Feuerstelle hing ein leerer Topf. In einer Ecke am Fenster stand ein hölzerner Tisch und ein einzelner Stuhl. Ich ging auf ihn und strich mit dem Finger über den Tisch. Er hatte ein kleines Astloch. „Die Kohle ist noch warm.“, Leander kniete vor der Feuerstelle und hielt seine Hand an das verkohlte Holz. „Was?“, verwundert schaute ich ihn an: „Warum?“ „Das ist die Frage, wahrscheinlich hat sie zuvor etwas gegessen. Sie kann also nicht weit sein.“ Er richtete sich wieder auf und klopfte sich den Dreck von den Händen: „Na komm suchen wir weiter.“ Ich ging ihm hinterher. Er klopfte an eine weitere Tür. Wieder keine Antwort. Wieder trat er einfach ein: „Hallo?“ Wir standen in einem Schlafzimmer. Das Bett stand in der Mitte des Raumes vor einem Fenster. Und dort lag sie eine junge Frau. Sie hatte rabenschwarze lange schöne Haare. Ein weißes Kleid umrahmt ihre schmale Statur. „Schläft sie?“, flüsterte ich. Leander zuckte mit den Schultern: „Wahrscheinlich.“ Er hob die Hand und klopfte laut an die Tür: „Hallo?“ Ich zuckte zusammen. Doch die Frau regte sich nicht. Verwundert schaute ich sie an. Irgendetwas war seltsam an ihr. Ich schloss nachdenklich die Augen. Wieso spürte ich ihre Seele nicht? Langsam schob ich mich an Leander vorbei. Fragend sah er mir hinter her. Ich stellte mich an den Rand des Bettes. Mit einer bösen Vorahnung beugte ich mich über sie. Wieder schloss ich die Augen. Doch egal wie sehr ich suchte, ich fand ihre Seele einfach nicht. Die Wärme des Lebens fehlte bei ihr. „Was ist?“, Leander schaute mich an. Ich hob den Kopf: „Ich weiß auch nicht, aber irgendwie wirkt sie, so  …“ Ich blickte zu ihr herunter: „ … tot.“ Leander kam näher. Doch gerade in dem Moment öffnete die Frau die Augen. Ich zuckte erschrocken zurück als mich grüne Schlangenartige Pupillen anstarrten. „Ich ähm Entschuldigung, wir wollten nicht …“, stammelte ich. Doch als die Frau plötzlich wie eine Furie aus dem Bett auf mich zu sprang, verstand ich, dass sie keines Falls sauer wegen unseres unerlaubten Eintretens oder meinem Kommentar war. Leander stellte sich gerade noch im rechten Moment schützend vor mich. Er hatte sein Schwert in der Hand und warf die Frau zurück. Sie gab ein zischendes Geräusch von sich als sie gegen das Bett geschleudert wurde und es zerbrach. Ich zuckte zusammen: „Was ist mit ihr?“, ängstlich sah ich zu Leander hoch. Wieso konnte ich ihre Seele nicht spüren? Wieso hatte sie mich angegriffen? Sie richtete sich auf. Wie ein Tier hockte sie sich auf den Boden und fixierte ihn mit ihrem Blick. Er wendete den Blick nicht von ihr ab. Dann griff er plötzlich nach meiner Hand und zog mich stürmisch aus dem Raum. Es kam so überraschend, dass ich eher stolperte. Die Frau war direkt hinter uns. Mit einem Sprung hechtete sie auf uns zu. Wieder zog Leander mich ruckartig hinter sich. Ich war zu überrascht, als dass ich irgendwie hätte handeln können. Und dann sah ich wie die Haut um die Beine der Frau langsam unter einem ekligem Knacken auseinander riss und darunter stelzenartige Beine zum Vorschein kamen. Die Haut viel wie ein benutztes Tuch auf den Boden. Mir wurde schlecht. Leander jedoch stand nur da, das Schwert erhoben. „Sie ist kein Neko mehr. Die Frau der einst dieser Körper gehörte ist gestorben, wahrscheinlich erst vor ein paar Minuten. Irgendetwas hat sich in ihr eingenistet und sie von innen zerfressen.“ Ich spürte wie sich in mir mein Magen umdrehte. Plötzlich platzte auch um den Armen die Haut ab und scharfe bräunliche Scheren wuchsen hervor. Der Rücken krümmte sich und der Kopf verformte sich. Vor uns stand ein schauriges Monster, kaum noch war die einst schöne junge Frau in ihm zu erkennen. Lediglich das weiße Kleid erinnerte noch an sie. Ich schloss die Augen ich konnte es gar nicht mit ansehen. Doch dann sprang sie plötzlich wieder auf uns zu. Ein Kreischen war zu hören und in ihrem Maul wurden dünne lange spitze Zähen entblößt. Schwarzer Blitz sauste durch die Luft und warf sie mit Blitzen zurück. Leander drehte sich nicht zu mir um. Aufmerksam behielt er das Geschöpf in den Augen. „Emma, steh auf.“ Doch ich saß nur verdattert auf dem Boden. „Steh auf und verschwinde.“ Ich riss mich zusammen: „Nein.“ Vorsichtig richtete ich mich auf. Meine Beine zitterten leicht. Doch ich griff mit einer Hand nach Rosenblut: „Ich helfe dir.“ Wieder setzte das Monster zu einem Sprung an. Seine Scheren schnitten durch die Luft und verfehlten uns nur knapp. Leander fuhr zu mir herum: „Nein verschwinde!“, streng blickte er mich an. Dann wendete er seinen Blick wieder auf das Geschöpf. „Wieso, ich kann auch kämpfen?“, verloren blickte ich ihn an. Blitze funkten um sein Schwert und drohten der Kreatur. „Nein kannst du nicht, du kannst ja kaum stehen.“ Ich zuckte zusammen. Wie war ihm das aufgefallen, er hatte mich doch kaum angesehen. Ich wollte etwas erwidern, doch er kam mir zuvor: „Dein Training war nie dafür gedacht, anzugreifen. Du solltest dich verteidigen können.“ Fragend schaute ich ihn an: „Wieso?“ Er drehte sich nicht zu mir um: „Emma, du kannst nicht töten. Und das liegt nicht an deinen Fähigkeiten.“ Wieder sprang das Monster auf uns zu. Wieder wehrte Leander die Scheren mit seinem Schwert ab. Als es zurück flog drehte er sich für eine Sekunde zu mir um und starrte mich ernst an: „Jetzt verschwinde einfach.“ Sein Blick schüchterte mich ein. Dann drehte er sich wieder um und fixierte die Kreatur, die langsam hin und her schlich. „Jetzt geh schon, ich schaffe das hier auch alleine.“ Ich wollte nicht, doch ich spürte, wie mein Körper sich von ihm drehte und sich in Bewegung setzte. Ich warf ihm einen letzten Blick über die Schulter zu. Dann rannte ich aus der Tür. Er hatte ja Recht. Wieder sprang das Monster hervor, in meine Richtung, doch Leander fing es mit einem Blitz ab: „Du bleibst hier.“ Ich rannte und rannte, bis ich wieder am Eingang des Waldes stand. Ich schnappte nach Luft und drehte mich um. In der Ferne hörte ich noch das Kreischen der Kreatur. Ich atmete langsam durch und lehnte mich an einen Baum. „Er hat dich beschützt.“, meine innere Laurin kam wieder in meine Gedanken: „Und er weiß, dass du niemals töten könntest. Er hat dich weg geschickt um dich zu schützen und um dir den Anblick zu ersparen.“ Ich rieb mir den Kopf. Warum machte ich mir eigentlich Sorgen, er hat auf der Erde schon wesentlich schwierigere Monster besiegt. So leicht wie er sie gerade von mir fern halten konnte war das kein Problem für ihn. „Soll ich dir sagen warum, weil man sich immer um jemanden sorgt, wenn man verliebt ist.“, meine innere Laurin diskutierte laut stark mit mir. Warum konnte sie nicht einfach den Mund halten. Seit ich mit Waru gesprochen hatte, hatte sie sich fest in meinem Kopf verankert. Ich musste mich irgendwie ablenken. An etwas anderes denken. Aber an was? Ich schloss die Augen und tauchte in die Seelenwelt ab. Ich setzte mich neben den Kitsune und lehnte mich an sein weiches Fell. Unglaublich wie nah ich mich ihm fühlte, dabei kannte ich es erst seit kurzem richtig. Es war allgemein seltsam, wie sehr mein Leben sich verändert hatte. Es war für mich schon kein bisschen mehr seltsam, dass ich hier auf dem roten Mond war, dass Leander zu meiner Vergangenheit gehörte oder das er ständig da war. Es war normal geworden und dass alles innerhalb von drei Wochen. Ich hatte mir nie vorstellen können, dass so etwas passieren würde. Aber trotzdem mir fehlte die Erde. Mir fehlte Laurin unzwar nicht die Stimme in meinem Kopf sondern meine verrückte Freundin, auch Marlin und Carolin fehlten mir. Doch wie Waru es erklärt hatte, ich konnte nicht einfach von hier verschwinden. Moe hatte mich hier her gerufen. Sie wollte etwas von mir. Ich war mir zwar nicht sicher ob dieser Grund wieso wir nun zu ihr kommen sollten der einzige war, oder ob auch sie der Meinung war, dass ich hier her gehörte. Also was sollte ich tun? Wenn wir ein festes Portal auf der Erde hätten wäre das ganze wesentlich einfacher. Ich könnte zwischen den beiden Planeten wechseln wie ich wollte, aber das würde nie geschehen. Die Erde war der Ort der Verbannte, wenn nun ein Portal da wäre, dann würden sie einen Weg finden um zurück zu kehren. Ich seufzte. Aber irgendeine Lösung musste es doch geben. Was hatte mein Vater noch gesagt? Er glaubte, dass die Portale durch das Verschwinden seines Schwertes vom Mond entstanden sind. Mondenbinder machte seinem Namen alle Ehre, wahrscheinlich war es auch dieses Schwert welches das Königliche Portal erzeugt hatte. Wer weiß, vielleicht hatte es vor vielen Jahren schon einmal einem König gehört. Aber da mein Vater verbannt wurde wurden ihm seine Fähigkeiten zum größten Teil genommen, er konnte keine Portale mehr erstellen. Ich stockte. Portale?! Warum war ich da nicht eher drauf gekommen. Was war denn mit Hoseki. Er war ein Akuma also ein Portalhüter und in meinem Fall auch Begleiter. Konnte er selbst vielleicht Portale herstellen? Dann könnte ich wenn er mit auf die Erde käme mir ein Reisen ermöglichen. Ich dachte nach. Obwohl wenn er selbst Portale erzeugen könnte, dann hätte er das schon längst getan, wir wären anders aus dem Schloss geflohen. Aber wenn ich Moe fragte, vielleicht konnte sie mir helfen. Sie selbst konnte ja Portale erzeugen. Sie hatte mich ja schließlich hier her geholt. Ja ich würde sie fragen. Ich öffnete die Augen wieder. „Wollen wir zur Hütte zurück oder willst du hier lesen?“, ich fuhr zusammen als ich plötzlich Leanders Stimme neben mir hörte. „Erschreck mich nicht so!“ Ich drehte mich zu ihm. Er hatte zwei Bücher in der Hand und starrte mich an. „Was ist mit der Frau?“, fragte ich. Leander blickte in Richtung Hütte: „Sagen wir es so die Urne mit ihrer Asche liegt jetzt unter ihren Blumen.“ Ich schauderte. Ich wusste, dass er sie getötet hatte. Er drehte sich zu mir um: „Emma, sie ist schon vorhergestorben, ich habe nicht gegen einen Neko sondern ein Monster gekämpft.“ Ich nickte stumm. Ich wusste es und trotzdem waren noch immer die Bilder von ihr, wie dort hockte und uns mit ihren Schlangenaugen fixierte in meinem Kopf. Aus den Augenwinkeln blickte ich zu Leander. Er wirkte nicht im Geringsten müde oder erschöpft. Das Monster hatte ihn kein einziges Mal erwischt. Ich hatte es eigentlich schon vorher gewusst. Er konnte kämpfen, das stand schließlich nicht in Frage, selbst auf der Erde hatte er sich nie wirklich anstrengen müssen. Und dennoch viel mir ein Stein von Herzen als ich merkte, dass alles gut war. Ich spürte wie Laurin in meinem Kopf grinsend den Kopf schüttelte. „Schon ok, gehen wir zurück.“, sagte ich schließlich. Ruhig blickte er auf mich herunter: „Sicher?“ Ich setzte mich in Bewegung: „Ja, geht schon.“

Der rote MondWhere stories live. Discover now