Kapitel 18

40 2 3
                                    

„Komm, wir sollten wieder zurück", sagt Jason leise, doch ich will nicht, dass der Moment zu Ende geht. Eine ganze Weile sind wir so dagesessen und haben den Sonnenaufgang genossen, doch früher oder später, holt einem die Realität immer ein. Leider.

„Okay, gehen wir", sage ich wehmütig. Jasons Arm löst sich von meinem Körper, er steht auf und reicht mir die Hand, um mir seine Hilfe anzubieten. Dankend nehme ich seine Hand an, um mir hochhelfen zu lassen. Einen Augenblick länger als nötig hält er meine Hand noch fest und sieht mich an. Eine Gänsehaut überkommt meinem Körper.

Er öffnet den Mund, um etwas zu sagen, überlegt es sich anscheinend jedoch anders und schließt ihn wieder. Dann lässt er mich los und macht sich auf den Weg zu den anderen.

Okay, ganz ruhig, Ronnie. Ich schließe meine Augen für einen Moment und atme ganz bewusst, um mich etwas zu beruhigen. Was auch immer das gerade war, so friedlich waren wir den ganzen Urlaub noch nicht zueinander und ich muss gestehen, dass es mir irgendwie gefällt. Obwohl es das nicht sollte, aber Gefühle kann man nun einmal nicht verhindern.

Er wird dich wieder verletzen, flüstert eine Stimme in mir drinnen, doch ich ignoriere sie. Darüber möchte ich mir gerade keine Gedanken machen.

Schweren Herzens steige ich den Gipfel wieder hinab und stoße zu den anderen. Lukes Grinsen, das er mir zuwirft, ist nicht zu übersehen. Maddie hingegen hat einen argwöhnischen Blick aufgesetzt, als sie mich sieht. Um ein Gespräch werde ich wohl nicht herum kommen, aber ich sollte mal wirklich vernünftig mit ihr reden. Vielleicht kann sie mir Hilfe geben, denn die benötige ich wirklich dringend.

Als alle versammelt sind, starten wir los Richtung Busse. Luke und Maddie lassen sich mit mir etwas zurückfallen. Ich ahne schon, worauf das hinausführt.

„Ronnie, Ronnie. Ich denke, du hast uns etwas zu erzählen", sagt Luke amüsiert und zieht dabei eine Augenbraue nach oben. „Wir haben alles genau gesehen. Du kannst mir nicht erzählen, dass ihr nicht aufeinander abfährt."

„Ich bin verwirrt" gebe ich ehrlich zu. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll, obwohl ich gerade wirklich das Bedürfnis habe, darüber zu reden. Ich will nicht so weiter machen, wie zuvor. Ständig in Streit mit Jason zu geraten und im nächsten Moment würde ich ihm am liebsten um den Hals fallen. Das bringt mich noch um. Es ist erst der vierte Urlaubstag, und doch hat sich mein Leben in dieser kurzen Zeit abermals auf den Kopf gestellt.

„Du willst ihn doch, gib es zu", sagt Luke noch immer grinsend. Maddie hat sich noch gar nicht dazu geäußert.

„Weiß nicht, vielleicht, ja. Aber das bringt doch alles überhaupt nichts. Das mit uns wird nichts und ich wette, in ein paar Stunden schreie ich Jason wieder an. Es hat überhaupt keinen Sinn. Außerdem kann ich ihm nicht verzeihen, was er mir angetan hat. Wieso denke ich überhaupt daran, dass ich ihn wieder haben will? Er wird mich doch nur wieder verarschen, dieses Arschloch. Ich sollte mich einfach von ihm fernhalten. Oder aufhören, Alkohol zu trinken, bevor ich ganz benebelt Unsinn anstelle." Plötzlich sprudeln die Worte nur so aus mir heraus. Es tut gut, diese Gedanken, die sich in mir aufgestaut haben, mit anderen zu teilen.

„Weißt du, wenn du mir erzählen würdest, was passiert ist, könnte ich dir besser helfen", meint Luke. Sein Grinsen ist nun verschwunden. Ich bin dankbar, dass er jetzt nicht mehr herumalbert, auch wenn er bestimmt nur an die Wette denkt.

„Ronnie, hör zu. Ich wünsche mir wirklich von ganzem Herzen, dass du glücklich bist und wenn Jason dieses Glück sein soll, unterstütze ich das vollkommen, aber ich misstraue ihm, nachdem, was er getan hat und da ich, zumindest hier, deine beste Freundin bin, ist es meine Aufgabe, dich vor ihm zu warnen", mischt sich nun auch Maddie ein.

„Ich weiß, aber irgendwie kann ich mich nicht von ihm fernhalten, auch wenn ich es möchte. Vor allem, da er mir ständig hinterherrennt. Nicht umgekehrt."

„Ich könnte doch einmal unauffällig mit ihm reden", schlägt Luke vor. Ob das eine gute Idee ist?

„Ich weiß nicht... was willst du ihn großartig fragen?", überlege ich.

„Oh, da wird mir schon etwas einfallen", gibt er zurück.

Ich zucke bloß mit den Schultern. Ein Versuch ist es wert, oder? Soll er es doch probieren. Ich habe sowieso keine bessere Idee.

„Weißt du", sagt Luke, „ich habe zwar keine Ahnung, was zwischen euch passiert ist, doch ich bin mir zu 99 Prozent sicher, dass er es bereut und er noch immer Gefühle für dich hat", sagt Luke und beendet somit das Gespräch.

Jeder in unseren eigenen Gedanken versunken gehen wir weiter und kommen schneller unten an, als mir lieb ist. Wir steigen wieder in die Busse ein und fahren zurück ins Dorf. Endlich angekommen kann ich es kaum erwarten, ins Bett zu kommen. Was ich jetzt brauche, ist Schlaf. Und zwar jede Menge davon. Glücklicherweise ist es erst 9 Uhr, mir bleibt also noch der ganze Vormittag zum Schlafen.

„Sehen wir uns später am Strand?", fragt Cora. Alle nicken zustimmend. Ich werfe noch einen kurzen Blick auf Jason, der mich mit einer undefinierbaren Miene anschaut. Ich frage mich, was er wohl gerade denkt. Aber da ich es sowieso nie erfahren werde, wende ich meinen Blick wieder ab und gehe mit Maddie ins Zimmer. Ach Bett, ich habe dich wirklich vermisst.

Meine Gedanken wandern wieder zurück zu dem Augenblick, als Jason und ich uns gemeinsam den Sonnenaufgang angesehen haben, doch eher ich weiter darüber nachdenken kann, falle ich in einen tiefen Schlaf.

Einige Zeit später werde ich von einem Klopfen an der Tür geweckt. Noch ganz schlaftrunken drehe ich meinen Kopf, um erkennen zu können, wer es wagt, meinen geliebten Schlaf zu unterbrechen. Die Tür geht auf und dort steht eine kleine, zierliche Frau, mit frischen Handtüchern und einen Wischmopp in der Hand. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dies die Putzfrau ist, oder?

Sie entschuldigt sich auf Englisch, schließt die Tür wieder und ich lasse mich genervt in mein Bett zurückfallen. Das musste ja auch sein, oder?

Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass es zwei Uhr nachmittags ist und auch, wenn dies schon relativ spät ist, würde ich gerne weiterschlafen. Gerade will ich die Augen wieder schließen, als mir bewusst wird, dass Maddies Bett leer ist. Also stehe ich doch auf und finde einen Zettel, den sie hinterlassen hat.

Bin am Strand. Unsere Mütter haben uns übrigens frisches Wasser besorgt.

Da ich jetzt sowieso nicht mehr schlafen kann, mache ich mich ebenfalls für den Strand fertig und gehe schließlich los. Dort angekommen fällt es mir nicht schwer, die anderen ausfindig zu machen. Sie sind mit Abstand die lauteste Gruppe, was wohl auch daran liegt, dass die Jungs lautstark über etwas diskutieren.

„Ronnie, da bist du ja endlich. Kannst du diesen Idioten von Kindern mal sagen, dass ihre Diskussion absolut unnötig und dämlich ist?", fragt Cora mich, die anscheinend schon ziemlich genervt davon ist.

„Das würd ich ja gerne, auch wenn ich nicht weiß worum es geht, aber eigentlich wollte ich mit meiner Mutter reden. Hast du sie zufällig wo gesehen?" Ich habe in diesen Urlaub noch viel zu wenig mit ihr geredet. Da meldet sich schon langsam mein schlechtes Gewissen.

„Sie sitzen oben und essen gerade", antwortet Clara für sie. Ich bedanke mich und gehe die paar Stufen hinauf, die zur Poolbar führen. Es schadet sicher nicht, wieder mal gemeinsam mit ihr zu Essen. Ich finde meine Mutter sofort, die mit Maddies und Claras Mutter an einem Tisch sitzt.

„Ist hier noch frei?", frage ich, als ob ich das nicht wüsste.

„Nein, hier ist leider besetzt. Du kannst dir den Tisch doch mit dem hübschen Jungen dort drüben teilen, der so einsam aussieht", antwortet meine Mutter und deutet in eine bestimmte Richtung.

Mein Blick wandert unwillkürlich zu den Jungen, der uns verunsichert anstarrt. Anscheinend hat er mitbekommen, wie auf ihn gedeutet wurde. Peinlich. Und ist das nicht der, der auch bei der Wanderung heute Morgen dabei war? Naja auch egal.

„Sorry, das ist nicht mein Typ", antworte ich und lasse mich auf den freien Stuhl neben meiner Mutter nieder.

„Und was ist dann dein Typ?"

Ich mag Typen, die braunhaarig sind, gut gebaut und dessen Namen mit J anfangen, aber das sage ich lieber nicht laut. Zumindest nicht vor meiner Mutter.

Something about LoveМесто, где живут истории. Откройте их для себя