Something about Love

Kapitel 7

„Ich hab noch nie ein Mädchen geküsst", beginnt Luke das Spiel.

Ich überlege. Habe ich schon einmal ein Mädchen geküsst? Ja, habe ich. Küssen heißt schließlich nicht gleich, dass ich in eine wilde Knutscherei verwickelt war und ich deswegen automatisch auf Mädchen stehe. Es war vielmehr ein Bussi auf den Mund und ganz ehrlich, wer hat das noch nicht gemacht?

Also trinke ich einen Schluck.

Ich spüre, wie der Alkohol langsam Wirkung zeigt. Die Anspannung, welche sich wegen Jason aufgebaut hat, fällt langsam aber doch von mir ab. Ich merke, dass ich lockerer werde und das fühlt sich gut an.

Dass auch Adrian, Luke und Jason einen Schluck nehmen, ist nicht weiter wunderlich. Auch Maddie, Cora und Clara trinken. Die einzige, die anscheinend noch nie ein Mädchen geküsst hat, ist Emma.

Die Jungs beginnen zu jubeln, als sie sehen, dass auch wir Mädchen trinken.

„Wieso war ich da nicht dabei?", fragt Luke uns beleidigt.

„Ihr könnt es ja gerne wiederholen", kommentiert auch Adrian etwas lallend.

„Hättet ihr wohl gerne", antwortet Maddie lachend. „Also gut. Ich bin dran. Ich hab noch nie bei einem Trinkspiel gelogen", sagt sie und trinkt daraufhin gleich einen Schluck, Cora und ich ebenfalls.

„Kommt schon Leute, ihr könnt mir nicht erzählen, dass ihr das noch nie gemacht hat", ruft Cora empört.

„Wir sind eben nicht solche Loser, die es nötig haben, bei einem Trinkspiel zu lügen." Die Meldung kommt von niemand anderem, als Luke.

„Wobei habt ihr denn schon gelogen?", fragt Adrian uns nun interessiert.

„Darum geht es jetzt nicht. Ronnie ist jetzt an der Reihe", sagt Maddie um vom Thema abzulenken.

„Ganz genau." Die Worte aus meinem Mund kommen unklarer, als gewollt hervor. Ich höre mich an, wie ein niesender Pinguin. Diese Vorstellung bringt mich zum Lachen, woraufhin ich nur seltsame Blicke zugeworfen bekommen, aber es ist mir egal.

„Wie du meint, also Ronnie. Du bist", sagt Adrian, aber sein Blick verrät mir, dass er das nicht so auf sich beruhen lassen wird.

Aber das ist im Moment eigentlich unwichtig. Jetzt muss ich mir erst mal was Gutes einfallen lassen, doch das ist nicht so einfach, da meine Gedanken immer noch um den Pinguin kreisen.

Wie hört sich ein niesender Pinguin eigentlich an? Kann ein Pinguin überhaupt niesen?

„Ich habe noch nie gehört, wie ein Pinguin niest", sage ich schließlich. Kurz ist alles still, doch einen Moment später erfüllen schallende Gelächter den Ort. Sogar Jason lacht wegen mir.

Mein Herzschlag beschleunigt sich. Er lacht wegen mir. Ist das ein gutes Zeichen? Ein schlechtes?

Kurz darauf würde ich mich am liebsten selbst ohrfeigen. Als ob das auch nur irgendwas zu bedeuten hätte.

Nachdem wir uns allmählich wieder beruhigt haben, schauen wir in die Runde. Niemand trink etwas. Anscheinend können Pinguine doch nicht niesen. Echt traurig.

„Ich habe noch nie an einem Abend mit mehreren Personen rumgemacht." War ja klar, dass so etwas von Clara kommt. Und noch klarer war es, dass sie etwas trinkt.

Doch am klarsten war es nicht, dass Jason ebenfalls trinkt.

Ob das wohl in Griechenland war? Voriges Jahr? Meine Stimmung verschlechtert schlagartig ohne einen richtigen Grund. Verdammter Alkohol.

Ansonsten bleiben die Getränke jedoch unberührt.

„Ich war noch nie Nacktbaden", sagt Adrian als nächstes.

Jeder trinkt, was auch logisch ist. Es ist inzwischen schon zu einer Tradition geworden, am letzten Abend hier in Griechenland nach dem Feiern Nacktbaden zu gehen. Okay, ich weiß nicht, wann Adrian Nacktbaden war, schließlich ist er zum ersten Mal hier, aber Griechenland ist nicht der einzige Ort, wo man so etwas macht.

Ich muss sagen, es ist einfach zauberhaft in der Nacht ins Meer zu gehen. Auf keinen Fall wegen den nackten Körpern, nein, sondern weil das Meer in der Nacht einen unglaublichen Leuchteffekt hat. Ich weiß nicht, wie das funktioniert, aber bei jeder Bewegung, die man im Wasser macht, leuchtet es an der aufgewirbelten Stelle grün auf. Man kann dieses Glücksgefühl, das es in einem auslöst, nicht beschreiben, so unfassbar schön ist das.

Okay, vielleicht verschönert der Alkohol diesen Effekt auch, aber das spielt jetzt keine Rolle. Vielleicht sollte ich mal einen Pinguin mitnehmen. Vielleicht ist er genauso davon verzaubert, wie ich. Ein Pinguin, der mit uns Nacktbaden geht. Das schreibe ich zu meinen Lebenszielen dazu.

Ich kann nicht anders, als über meine Gedanken zu kichern. Seit wann denke ich ständig nur an Pinguine?

„Schon langsam werde ich müde", meint Emma, die wie als Beweis gähnt. Entweder der Alkohol zeigt bei ihr keine Wirkung, oder sie hat einfach viel zu wenig getrunken. Anders kann ich mir das nicht erklären, dass sie müde ist. Zumindest habe ich absolut keine Lust auf schlafen. Essen. Ja, ich würde gerne etwas Essen. Pizza wäre nett. Aber die ist in Griechenland nicht so gut wie zu Hause. Ich hätte mir Tiefkühlpizza mitnehmen sollen.

„Wir spielen die Runde noch fertig, okay?", sagt Cora, woraufhin Emma nickt.

„Ich will aber noch nicht schlafen. Ich habe Hunger", spreche ich meine Gedanken lachend aus. Was daran so lustig ist, weiß ich selbst nicht so genau, aber ich kann einfach nicht anders, als zu Lachen.

„Ich glaube, du solltest lieber ins Bett", sagt Luke grinsend.

„Ich war noch nie betrunken in der Schule", unterbricht Jason uns. Verdammt. Diese Stimme. Ich liebe diese Stimme. Nein, ich hasse sie. Ja, hassen ist eindeutig die bessere Option.

„Wirklich betrunken, oder zählt mit Kater auch?" fragt Clara nach.

„Sagen wir auch mit Kater."

Ich trinke. Da meine Klasse die Abschlussparty jedes Jahr mitten in der letzten Schulwoche macht, hat man gar keine andere Wahl, als mit den Rest des Alkohols im Blut in die Schule zu gehen. Die Lehrer interessieren sich am Schulende sowieso nicht mehr dafür, was wir machen. Ich kichere, als ich daran zurückdenke, wie die Hälfte meiner Klasse am vorletzten Schultag auf den Tischen geschlafen hat.

Ich achte gar nicht darauf, wer noch alles einen Schluck nimmt, da ich Jason nun eingehend beobachte. Ja, vielleicht sollte ich das lassen, aber ich kann nicht anders. Mein Blick wandert sowieso immer wieder zu ihm, da kann ich doch gleich durchgehend auf ihn starren. Macht doch auch keinen Unterschied mehr.

„Hey, lasst uns doch morgen alle zusammen Baden gehen", schlägt Clara vor, die sich davon wahrscheinlich erhofft Adrian näher zu kommen. Ich hasse sie dafür, dass sie diese Idee hat. So wie ich Jasons Stimme hasse. Also gar nicht. Seine Stimme muss man einfach lieben.

„Hört sich toll an. Treffen wir uns bei der Poolbar?", sagt Emma begeistert.

„Perfekt. Aber jetzt lasst uns noch zu Ende spielen. Emma, du bist die Letzte, also los", fordert Cora sie auf. Anscheinend ist sie auch schon müde. Lächerlich. Wer ist denn um diese Uhrzeit schon müde. Wie viel Uhr ist es überhaupt?

„Maddiiiie, wie spät ist es?", frage ich sie lallend.

„Halb zwei", antwortet sie mir. Ich habe gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergeht. Eigentlich kann sie ja nicht gehen, schließlich hat sie keine Beine.

Schon wieder lache ich über meine eigenen Gedanken. Ich sollte echt aufhören zu trinken.

„Okay. Letzte Runde", kündigt Emma an, bevor sie weiterredet. „Ich habe mich noch nie hier in Griechenland in jemanden verliebt."

Verdammt.