Kapitel 22

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Unruhig drehe ich mich von einer Seite auf die andere, bis ich irgendwo anstehe. Verwirrt öffne ich die Augen, um das Hindernis erkennen zu können.

Verdammte Scheiße. Was zum Teufel macht Jason hier? In meinem Bett? Scheiße.

Panik ergreift mich. Träume ich? Bitte lass es bloß ein Traum sein. Wieso in aller Welt sollte Jason in meinem Bett schlafen? Das kann doch nur ein blöder Alptraum sein. Ich muss hier weg.

Ich setze mich ruckartig auf und plötzlich fährt ein stechender Schmerz durch meinen Kopf. Kurz schließe ich die Augen und massiere meine Schläfen, bis er etwas nachlässt. Erst danach traue ich mich meine Augen wieder aufzumachen und sehe mich um.

Okay. Das hier ist nicht mein Zimmer. Warum ist das nicht mein Zimmer? Und wieso steht hier ein zweites Bett, das leer ist?

Auf einmal überkommen mich die Erinnerungen. Wie ich gestern betrunken war. Wie mich Jason zu sich nach Hause gebracht hat. Und vor allem, wie ICH wollte, dass er bei mir schläft. Haben wir uns geküsst? Oh Gott, das wäre die reinste Katastrophe. Aber an einen Kuss würde ich mich erinnern, oder?

Gut. Ich wandere am besten aus. Ganz weit weg. Ich wollte schon immer eines Tages nach Australien. Ich denke, die Zeit dafür ist nun gekommen.

Vorsichtig, um Jason ja nicht zu wecken, schleiche ich mich aus dem Bett und zupfe mein Kleid zurecht. Wie habe ich darin schlafen können? Aber gut. Immerhin habe ich es noch an. Das ist doch ein gutes Zeichen.

Nachdem ich meine Schuhe vor dem Bett gefunden habe, tappe ich zur Tür, die glücklicherweise nicht zugesperrt ist, und verlasse das Zimmer, das sich irgendwie ein wenig dreht. Ganz nüchtern bin ich wohl noch nicht.

Erleichtert entferne ich mich vom Haus und begegne ein paar Menschen, die mich komisch anstarren. Erst da wird mir bewusst, dass ich vermutlich mehr als schrecklich aussehen muss. Mein zerknittertes Kleid. Meine Haare, die wahrscheinlich in alle Richtungen stehen. Meine verlaufene Wimperntusche und nicht zu vergessen, die Augenringe, die ganz bestimmt gut sichtbar sind. Hoffentlich renne ich meiner Mutter nicht über den Weg.

Aber ich fühle mich auch so schlecht, wie ich aussehe. Mein Kopf protestiert heftig, ich bin trotz des Schlafs mehr als erledigt, mir ist immer noch schwindelig und auch wenn mein Magen noch nicht rebelliert, bin ich mir ziemlich sicher, dass mir bald schlecht werden wird.

Wieso ist das gestern so aus dem Ruder gelaufen? Das war ganz bestimmt nicht meine Absicht.

Aber darüber kann ich später auch noch nachdenken. Erst muss ich heim zu Maddie.

Verdammt, weiß sie, wo ich die Nacht war? Auch wenn ich nicht will, dass sie sich darüber aufregt, will ich noch weniger, dass sie sich die ganze Nacht Sorgen gemacht hat. Hoffentlich ist sie noch im Zimmer, damit ich ihr das in Ruhe erklären kann. Aber wie soll ich ihr das überhaupt erklären? Ich kann es nicht einmal mir selbst erklären. Wie konnte ich so dumm sein und bei Jason schlafen? Und ihn dann auch noch bitten, bei mir im Bett zu schlafen. Das hätte ich meinem betrunkenen Ich nicht zugetraut.

Worüber haben wir geredet? Habe ich ihm irgendwas erzählt, das ich nicht mehr weiß? Oder hat er etwas gesagt, das ich wissen sollte? Und wie soll ich mich verhalten, wenn ich ihn das nächste Mal sehe? Hat sich unser Verhältnis jetzt verändert? So viele Fragen, die in meinem Kopf herumschwirren.

Vor meinem Zimmer angekommen, will ich den Schlüssel aus meiner Tasche holen, doch meine Hand greift ins Leere.

Wo ist meine Tasche?

Vermutlich noch bei Jason. Das Leben hasst mich. Ich werde jetzt auf keinen Fall umdrehen und die Tasche holen, wenn die Gefahr besteht, dass Jason schon wach ist.

Wütend klopfe ich an der Tür und hoffe, dass Maddie hier ist. Schließlich habe ich keine Ahnung, wie spät es ist. Auch mein Handy befindet sich, hoffentlich noch, in meiner Tasche.

Sekunden später wird die Tür vor mir aufgerissen.

„Ronnie. Na endlich. Wird Zeit, dass du hier mal auftauchst", sagt Maddie.

Erschöpft schlendere ich ins Zimmer und lasse mich auf mein Bett nieder. Ich könnte sofort wieder schlafen.

„Wie geht's dir?", fragt mich Maddie.

„Würdest du gerne nach Australien reisen?"

„Was?" Maddie schaut mich verwirrt an. Kein Wunder. „Was hast du angestellt?"

„Ich war bei Jason. Die ganze Nacht", klatsche ich ihr die Wahrheit ins Gesicht. Ich bin viel zu müde für irgendwelche Ausreden und außerdem verdient sie sowieso die Wahrheit.

„Ich weiß", antwortet sie zu meiner Verwunderung. „Jason hat mir in der Nacht geschrieben, dass es dir nicht so gut geht und du bei ihnen im Zimmer schläfst."

„Nein. Ich meine ja, das stimmt. Aber es war nicht nur das. Wir haben zusammen in einem Bett geschlafen. Weil ich es wollte." Wow, laut ausgesprochen hört es sich noch schlimmer an.

Eine kurze Pause tritt ein. Nach einer Weile räuspert sich Maddie und redet weiter.

„Sorry, dass ich das frage, aber habt ihr... nur geschlafen?"

„Das hoffe ich doch", antworte ich.

Plötzlich fängt sie an zu lachen. „Weißt du, du bittest mich darum, dich davon abzuhalten, mit Jason Nacktbaden zu gehen. Ihr zwei wart die einzigen, die nicht im Wasser waren, und dann passiert so was."

„Hey, das ist nicht lustig", beschwere ich mich, kann aber nicht anders, als mitzulachen. Diese ganze Situation ist auch zu absurd.

„Tut mir leid. Und jetzt erzähl mir alles. Von dem Moment an, als wir weg waren", fordert sie mich auf.

„Wenn ich mich nur so genau erinnern könnte. Ich weiß nicht, wie ich so betrunken sein konnte. Normal habe ich mich besser unter Kontrolle. Auf jeden Fall gibt's nicht so viel zum erzählen. Ihr seid ins Wasser gegangen. Ich war schon im Halbschlaf und habe darüber gejammert, dass ich nicht nach Hause will, weil es so weit weg ist. Denke ich. Dann hat er mich zu sich nach Hause gebracht. Keine Ahnung, wie wir dorthin gekommen sind. Ich wollte unbedingt, dass er sich zu mir legt und dann haben wir geschlafen. Achja, ich habe meine Tasche bei ihm vergessen. Ich werde mein Handy wohl nie mehr wieder sehen."

„Und in der Früh? War er wach?", fragt sie nach.

„Nein. Ich habe mich aus dem Haus geschlichen. Da fällt mir übrigens ein, dass Adrian und Cora auch dort wohnen. Scheiße, sie müssen das mitbekommen haben."

„Also ein typischer One-Night-Stand", meint Maddie und lacht erneut.

Ich bin sichtlich verwirrt von ihrer Reaktion. „Maddie, was ist los mit dir? Ich habe erwartet, dass du mich und die Welt angehst, weil du nicht willst, dass ich mit Jason noch was zu tun habe."

„Hör zu, Ronnie." Sie hat wieder einen ernsteren Ton angeschlagen. „Mein Vertrauen zu Jason ist nach wie vor weg, aber ich sehe doch, dass du noch etwas für ihn fühlst. Dich von ihm fernzuhalten wird unmöglich sein, vor allem, da er offensichtlich versucht, dich wieder zurückzubekommen. Vielleicht", sie zögert. „Vielleicht..." Sie beendet ihren Satz nicht. „Bitte versprich mir einfach, dass du auf dich aufpasst."

Hier stimmt doch etwas nicht. Schlagartig wird mir bewusst, was, oder besser gesagt wer, ihre Meinung geändert haben könnte.

„Luke hat mit dir darüber geredet, nicht wahr?"

„Ja. Hat er."

„Weißt du was, ich will gar nicht wissen, was er gesagt hat, dass er es geschafft hat, dich so von Jason zu überzeugen und keine Sorge, ich habe ihm noch lange nicht verziehen. Aber wenn wir schon einmal bei Luke sind, da fällt mir etwas anderes ein", sage ich grinsend.

„Und was?", fragt sie neugierig.

„Ich habe ihm die Geschichte von Jason und mir nicht erzählt. Ich habe die Wette gewonnen."

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