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12. Februar 3026

Heute ist Sonntag. Das bedeutet, dass heute Mittag das Familienessen stattfinden wird und ich Mr Min kennen lerne. Gestern hatte ich keine Chance mehr dazu, denn er muss so lange arbeiten, dass er erst Punkt zur Sperrstunde wieder nach Hause kommt. Und die Sperrstunde ist 0 Uhr in der Nacht. Da schlafen die meisten schon.

Außerdem ist heute mein erster richtiger Arbeitstag. Fertig angezogen mit einem weißen Tshirt, schwarzen Jeans und weißen Turnschuhen, mache ich mich Früh um sechs nach unten in die Küche auf. Natürlich schlafen die anderen noch, schließlich ist ja Sonntag.

Bevor ich los lege, möchte ich etwas kleines zum Frühstück essen, schließlich steht mir das auch zu.

Ich öffne den Kühlschrank, um mir schnell das erst beste zu nehmen, da fällt mir die Kinnlade runter.

"Wow.", hauche ich. Ist das echt alles Essen? Und warum ist das in so bunten Dosen eingepackt?

Bevor ich nicht weiß was das alles ist, belasse ich es doch erstmal auf einem Glas Milch am Morgen. Danach decke ich schonmal den Tisch mit Tellern und Besteck.

Als nächstes gehe ich ins Hundezimmer, um dort erstmal den kleinen Chopa zu füttern.

[...]

"Jimin, warum ist der Tisch nur halb gedeckt?", höre ich die schlecht gelaunte Stimme von Mrs Min.

"Es tut mir leid Ma'am, aber ich weiß nicht was man hier zum Frühstück isst. Bei mir zu Hause gibt es das nicht."

Sie seufzt genervt. "Yoongi, zeig Jimin bitte wie wir den Tisch zum Frühstück decken."

Genervt steht der Angesprochene von seinem Platz auf und legt sein blinkendes Spielzeug weg. Ich glaube die Dinger heißen Handys. Ich bin mir aber nicht ganz sicher.

Yoongi deckt den Tisch zu ende und als er fertig ist und sich wieder setzt, versuche ich mir genau einzuprägen, was nun auf dem runden Glastisch steht.

Yoongi und seine Mutter frühstücken ohne Mr Min. Dieser schläft sich aus, so hat mir die Mutter erklärt.

[...]

Als alle fertig sind, räume ich den Tisch ab und stelle das dreckige Geschirr in die Spülmaschine. Das Gedeck für Yoongis Vater lasse ich stehen.

Erneut an diesem Morgen führt mich mein Weg ins Hundezimmer und ich mache den kleinen Chopa gassigehfertig.

Ich sage schnell bescheid und gehe auch schon los. Das braune, kleine Fellkneul tappelt zufrieden vor mir her.

Ich öffne die Tür des Hauses und trete nach draußen. Das was ich zu sehen bekomme, lässt mich kurz den Atem anhalten. Ich kenne bis jetzt nur die alten, verfallenen, armen Städte und Dörfer in der Nähe von Busan. Aber das hier... Wow.

Gestern habe ich meine Umgebung nicht wirklich wahr genommen, aber jetzt tue ich es. Überall sind hochmoderne Autos, und nirgendwo sind Kutschen, Ziegen oder Pferde auf den Straßen zu sehen. Alles ist asfaltiert und sauber. Es stinkt nicht nach Dünger, aber dafür nach Abgas. Die Häuser sind riesig, alles aus ganz anderen Materialien, als wie ich es von zu Hause kenne. Außerdem läuchtet alles.

Nachdem ich einige Sekunden den ersten Eindruck meiner Umgebungen genossen habe, mache ich mich auch schon auf den Weg.

Ich laufe einfach irgendwo hin, bis Chopa sein Häufchen gemacht hat. Dann drehe ich mich wieder um, um zurück zu den Mins zu laufen, doch ich muss stoppen.

Ich weiß nicht wie man von hier wieder zurück kommt.

Panisch schaue ich mich um, was natürlich komplett sinnlos ist. Ich kenne diese Stadt nicht und dazu kommt, dass sie riesig ist. Ich habe mich ganz auf meine Gedanken konzentriert und mir nicht meine Umgebung eingeprägt.

Ich laufe ein Stück in die entgegengesetzte Richtung und mache an einer Bank halt, die vor einem Basketballplatz steht. Ich schenke den Jungen, die in dem Käfig spielen keine Aufmerksamkeit, es werden reiche sein, und mit mir werden sie nicht reden. Sie können an meiner Dienstleistung erkennen, dass ich hier bloß Angestellter bin.

Ich setze mich also auf die Bank und Chopa springt auf meinen Schoß. Während ich sein weiches Fell kraule, lasse ich meinen Blick in der Umgebung schweifen.

Völlig vertieft in meinen Gedanken, merke ich demnach auch nicht, wie jemand von hinten an mich herantritt. Umso mehr erschrecke ich, als ich plötzlich ein Tippen auf meiner Schulter spüre.

"Jimin?"

Ich drehe meinen Kopf nach rechts und sehe in das fragende Gesicht von Yoongi.

"Yoongi?", frage ich genauso verwirrt wie er, "Was machst du denn hier? Sagte deine Mutter nicht, dass du dich so gut wie nie aus deinem Zimmer bewegst?"

"Das denkt sie bloß. Genauso denkt sie, dass ich keine Freunde habe. Das stimmt aber nicht. Vielleicht habe ich nicht tausend Freunde, aber die, die ich habe, reichen mir."

Ich schaue ihn ungläubig an.

"Aber mal was anders, was machst du hier eigentlich?"

"Eh, naja. Eigentlich wollte ich nur mit Chopa spazieren gehen, aber dann habe ich mich verlaufen." Verlegen kratze ich mich am Kopf. Irgendwie ist mir das gerade voll unangenehm.

"Achso. Ich kann dich mit nach Hause nehmen." Seine Stimme ist wieder gelangweilt und monoton, aber das Angebot an sich rettet mir gerade das Leben. Ob er sich darüber bewusst ist, weiß ich allerdings nicht.

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Nothing ventured, nothing gained ♡

Future Life  ʸᵒᵒᶰᵐᶤᶰWo Geschichten leben. Entdecke jetzt