Der Geist im Tower

947 52 3
                                    

Bucky

Bucky hatte sich zurückgezogen, nachdem er Cameron stehen ließ. Er wusste nicht, warum er sich deswegen schlecht fühlte, doch irgendetwas in ihm fand, dass es eine falsche entscheidung gewesen war. 
Er lief an einem See entlang. Wenn er sich den Parkweg anschaute, konnte er sich daran erinnern, dass er damals hier joggen war. Er war oft hier um sich abzureagieren, um den Kopf frei zu bekommen. Irgendwann lief er einen weg hoch, der ihm bekannt vorkam. Nach einigen hundert Metern stand er dann vor einer Wohungstür. Aus irgendeinem Grund war er davon überzeugt, dass er hierher gehörte. Er brach also einfach die Tür auf und schlug sie wieder zu. 
Es war Camerons Wohnung, nur war ihm das nicht klar. Die umgebung war ihm vertraut, doch es kamen einfach keine erinnerungen. Es war nur das Gefühl, das sich veränderte. Hier fühlte er sich sicher. 
Er zog sich seine Klamotten aus, so, dass er nur noch mit Shirt und Boxershorts in der Wohnung stand. Im Bad steckte er sie in die Waschmaschine, doch wie man sie betätigt wusste er nicht. Plötzlich entdeckte er den Rucksack im Badezimmer. Es war Camerons, dort hatte sie damals Buckys Anziehsachen reingepackt. Als er alles auspackte, war er überrascht, dass das doch soviele sachen waren. Er zog sich eine Hose an, zog sein altes Shirt aus um dann ein neues anzuziehen. Er wusch sein Gesicht und lief wieder aus dem Bad, blieb dann mitten in der Wohnung stehen und schaute sich um. 
Immernoch versuchte er zu verstehen, warum das alles so vertraut war. Es war, als würde er hier sein ganzes Leben lang gelebt haben. Es fühlte sich an, als wäre er angekommen, obwohl er nicht wusste, wo er eigentlich war. 

Lange lag er nur auf der Couch und starrte die Decke an. Es wurde mittlerweile Düster draußen, die Sonne ging unter und der Mond kam zum vorschein. Da es Vollmond war, war der ganze Raum vom Mondschein erhellt. Bucky hatte den ganzen Mittag über geschlafen, weswegen es ihm schwerfiel nachts wieder einzuschlafen. 
Er entschied sich entgültig dafür, aufzustehen, als sein Arm ihm wieder probleme machte. Er kalibrierte sich immer und immer wieder, wahrscheinlich war er beschädigt, er wusste es nicht. 
Langsam stand er auf, noch völlig benommen und schläfrig. Er nahm sich ein Glas aus dem Schrank und trank etwas Leitungswasser, doch für ihn war es trotzdem nichts schlechtes. Er wollte einfach nur etwas trinken, er war so durstig, und noch so viel mehr. Irgendwas ließ ihm keine Ruhe, er fühlte sich einsam obwohl er sich nicht daran erinnern konnte, jemals mit jemandem zusammegelebt zu haben. Ihm fehlte etwas, es war eine riesige Leere die sich immer breiter machte. Sie fraß ihn auf und es war beinahe unerträglich. 

Irgendwann setzte er sich an Camerons Schreibtisch. Ihr Computer schaltete sich Automatisch an, weswegen er aufschreckte. Sie hatte noch ihre Kamera angeschlossen, er wollte nicht neugierig sein, doch er konnte nicht anders als auf die Videos zu klicken, und was er sah, schockierte ihn. 

''Buck, schau mal her!'', murmelte Cameron, die die Kamera hielt. Bucky schaute zur Kamera und sah verwirrt aus. 
''Naja, ich glaube, ein Video von dir wäre ganz angebracht, falls du mal entgültig vergessen solltest wer du bist.''
''Das ist bescheuert'', antwortete er, aber er grinste. 

Das Video brach ab, ein neues Startete. Diesmal war es Bucky, der mit Steve auf der Couch saß. Sie versuchten immernoch die Fernbedienung zu betätigen. Während Steve schnell den dreh raushatte, hantierte Bucky noch an der Fernbedienung herum. 
''Buck'', murmelte Steve und wollte ihm die Knöpfe zeigen, da zog der die Fernbedienung weg und schaute Steve grimmig an. 
''Ich schaff das allein, du Idiot!''
Steve lachte, Cameron drehte die Camera zu sich und lachte ebenfalls. 
Das Video stoppte ebenfalls. Nun folgte kein neues, da es für diesen Monat keine mehr gab. Er ging einige Monate zurück und entdeckte ein Video mit Cameron. 
Es war sie, und ein anderer Mann, der einen Arm um sie gelegt hatte. 

''Warum machst du ein Video?'', fragt er sie. 
''Ich kann mir das Video anschauen, wenn ich dich vermisse, während ich in Amerika bin.''
''So lang bist du doch gar nicht weg'', murmelte er. Cameron lachte und lehnte ihren Kopf gegen die Schulter des Mannes. Im laufe des Videos stellte sich heraus, dass es ihr Bruder war. Sie war wohl nach Amerika gereist, um ihren ersten Auftrag zu erledigen. Es war das letzte Video, dass sie mit ihm gemacht hatte. Danach waren die Ordner Leer oder wurden gelöscht. 

Es war die selbe Frau, die er im Haus hat abblitzen lassen. Und Plötzlich erschien vor seinen Augen eine Szene nach der anderen, in jeder konnte er sich und Cameron sehen. Cameron, die ihn anlächelte. Eine Cameron, die sich fürchtete, während er sie würgte. Sie sprach zu ihm, dass es in Ordnung sei. Dass sie nicht böse wäre, sie sagte seinen Namen, immer und immer wieder. Bis er seine Hand wegnahm und aufsprang. 
Er Küsste diese Frau, er verspürte ein wohles Gefühl im Magen, als diese erinnerungen kamen. Sie beruhigten ihn, zeigten ihm, wie schön diese Erinnerungen doch waren. Er konnte ihre Berührungen spüren, ihre Nähe, er erinnerte sich an ihren Geruch, doch trotzdem kam es ihm so vor, als würde er diese Frau nicht kennen. Er erkannte sie nicht, doch trotzdem erwärmte sie sein Herz so sehr. 
Er schlug mit der Faust auf den Tisch, versuchte diese Erinnerungen zu unterdrücken, doch sie schossen so auf ihn ein, und er verzweifelte beinahe daran. Er stand auf, zog sich seine Jacke über und stürmte aus der Wohnung. Er wusste ganz genau wo er hinlief, doch er wusste nicht, warum. Es war, als würde er ein Ziel verfolgen, nur wusste er nicht welches. 
Nach sehr langer Zeit kam er am Stark Tower an. Es wurde mittlerweile wieder heller, es musste mittlerweile schon wieder 4:00 gewesen sein. Es wunderte ihn, dass er zutritt zu dem Tower hatte. Der Roboter begrüßte ihn und nannte ihn bei Namen, er war verdammt verwundert. Und dann stand er dort, in der Etage, die ihm so bekannt vorkam. Die Küche, die Sitzecke, die Couch. Auf der Couch konnte er sich ein Rothaarige Frau vorstellen, ihr Kopf war gegen die Schulter eines Blondhaarigen Mannes gelehnt. Die beiden waren ihm so vertraut, wie der Langhaarige Blonde und all die anderen. Es war, als würde er sie kennen. Und so wurde ihm immer klarer, dass er einfach vergessen hatte, wer er war. Er war so davon überzeugt, dass er wusste, wer er war. Das er wusste, diese Menschen waren nicht wichtig. Doch anscheinend waren sie das, mehr als er wohl zugeben wollte. 
Er hörte auf sein Gefühl und lief durch den Gang zu einer bestimmten Tür. Als er sie öffnete, hatte er wieder diese Bilder vor Augen. Es war wieder Cameron, doch diesmal erinnerte er sich an einen streit. Der Tower war völlig verwüstet, ihm wurde ins Bein geschossen. Und so stolperte er zu Boden, völlig verschreckt und überwältigt von dieser Erinnerung. Er atmete laut und ungleichmäßig, stand völlig unter Schock. Sein Bein war in Ordnung, doch trotzdem hatte er das Gefühl, er hätte eine Kugel dort stecken. 

Er richtete sich leise auf und bemerkte, dass jemand in diesem Zimmer war. Eine Person lag zugedeckt auf dem Bett. Es war Cameron, die vom Mondschein leicht erhellt wurde, sie sah friedlich aus. Und das war sie ganz und gar nicht. 
Langsam lief er zu dem Bett und setzte sich leise neben ihren reglosen körper. Er strich über ihr Haar, und es fühlte sich so schön an. Es war eine berührung, die ihm so vertraut war. Dieses Haar, es war, als würde er hunderte male ihre Haare gefühlt haben. Sie waren Seidig, und von ihnen kam ein Geruch, der ebenfalls so vertraut war. Das war, weil Bucky damals schon verliebt in Camerons duftigem Haar war. Nur erinnerte er sich nicht daran, es schien, als würde er sich neu in diesen Duft verlieben. 

''Ich würde mich so gern erinnern'', flüsterte er sehr leise. ''Aber ich weiß nicht wer du bist. Du bist in meinen Erinnerungen, aber ich weiß nicht wieso.''

Plötzlich griff eine Hand nach seiner. Cameron war wach, und sie drehte sich zu ihm. Große Augen blitzten auf, schauten in Buckys und glänzten von all den tränen. 
Er wollte sie wieder wegziehen, doch er ließ sie dort, wo sie war. Camerons Hand war so warm, und sie fühlte sich so schön auf seiner an.

Sie richtete sich auf und betrachtete ihn ungläubig. Sie konnte nicht glauben, dass er da war. 
Es schmerzte in seiner Brust, als er sah, wie verletzt Cameron war. Ihr Blick war völlig Leer, auch wenn sie überglücklich war, ihn zu sehen, sie war fertig. Ohne Hoffnung, das Glückliche, dass sie in seinen Erinnerungen ausstrahlte, war verschwunden. 

''Damals'', sagte sie mit heiserer Stimme. ''Habe ich dich gebeten zu bleiben, als ich dir etwas zu essen kaufen wollte. Du bist geblieben, du hast meine hilfe angenommen. Wie wärs, wenn du die Nacht nicht gehst, treffe diese entscheidung einfach noch einmal. Wir werden das hinkriegen.''
''Ich weiß was ich dir angetan habe..'', erklärte Bucky. 
''Deswegen brauchst du unsere Hilfe. Es hat lang gedauert, bis du verstanden hast, dass das nicht du warst.''
''Das hast du mir sehr oft gesagt.''
Cameron lächelte schwach. ''Ja.''
Plötzlich veränderte sich ihr Blick. Das lächeln verschwand, der ganze Schmerz, unter dem sie litt machte sich sichtbar. Sie verzerrte ihr Gesicht, versuchte alles, um nicht komplett verrückt zu werden. Sie zog ihre Hand von Bucky weg und schaute ihn an. Sie wollte ihren Blick nicht von ihm nehmen, sie hatte zu große Angst, dass er dann verschwinden würde. Sie wollte ihn sehen, für immer. Nur noch seine Nähe spüren. Doch es tat weh, es war anders, denn es war nicht der Bucky, den sie sich wünschte. Er kannte sie nicht, im endeffekt waren sie fremde. Und so musste sie sich auch benehmen, sie konnte ihm nicht erzählen, was sie empfand. Er würde es nicht verstehen, sie durfte nicht so reagieren wie im Haus. 
Doch er machte etwas komplett unerwartetes. Er richtete sich auf und zog Cameron zu sich. Er fühlte sich so schuldig, und es tat ihm so weh, sie dort weinen zu sehen, da nahm er sie in den Arm. Sie war so warm, und ihr körper zitterte. 

Bucky hielt es für das richtige, ihr diese wärme zu schenken. Sie beruhigte sich, ließ sich irgendwann aufs Bett fallen und starrte in die leere. 
''Wo warst du?''
''Ich denke in deiner Wohnung'', antwortete er. ''Ich.. Ich habe einfach dort hin gefunden.''
''Wirst du hier bleiben?'', fragte sie. 
''Nein''
''Was tust du dann hier? Du kommst.. Und dann gehst du wieder. Wie soll ich dir da helfen?''
''Ich will keine hilfe.''

Da stand er auf und lief zur Tür. Doch bevor er ihr Zimmer und somit auch den Tower verließ, richtete er sich noch einmal zu ihr. 
''Du weißt jetzt, wo ich sein werde.''
Er nickte ihr zu und verschwand wieder. Wie ein Geist, der auftauchte, und dann wieder verschwand. Cameron saß nur dort, nicht glaubend, was eben geschehen war. Sie war verstört, aber sie wusste, dass es diesmal Hoffnung gab. Es würde soviel schwerer werden, es würde soviel Aufwand kosten, doch sie glaubte daran, dass es irgendwann wieder Bergauf gehen würde. Es war schwer, daran zu glauben, doch diesmal hatte Bucky den ersten Schritt gemacht. Also wollte er wohl doch nicht so sehr auf Hilfe verzichten, wie er sagte. 



The Winter Soldier - Rise of MischiefWhere stories live. Discover now