Trauer und Wut

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Bucky

Sie schaute mich mit großen Augen an. Meine Faust steckte in der Tür, und ich bemerkte jetzt erst, was für eine Angst ich ihr einjagte. Ich zog meine Hand langsam weg und entfernte mich von ihr, während sie noch völlig erstarrt vor der Tür stand und mich anschaute. 
Auf der einen Seite hatte ich das Bedürfnis, sie umzubringen. Irgendwas in meinem Kopf sagte mir, dass ich das tun musste. Dass irgendetwas nicht richtig war. Doch die andere Seite sagte mir, dass ich das nicht tun sollte. Ich würde es bereuen, es wäre nicht richtig. 
Plötzlich rutschte sie zu Boden, sie hörte auf mich anzustarrten und fing an zu schreien. Als sie wieder auf schaute, war ihr Gesicht rot. Ihre Augen ebenfalls, ich konnte nicht zurodnen, ob sie Wütend war oder weinte. Vielleicht war sie beides, ich konnte nichts aus ihrer Körpersprache entziffern. 

Sie stand auf und kam auf mich zu. Sie packte mich an der Schulter und rüttelte an mir. 
''Ich habe mir Sorgen gemacht'', fauchte sie. ''Ich habe geweint, oh gott und wie ich geweint habe! Ich habe das Leben meiner Familie Riskiert, um dich zu retten. Ich liebe dich so sehr, dass ich mein eigenes Leben aufs Spiel setzte und du Idiot kannst dich nicht erinnern! Ich werde dir sooft sagen, dass du dich erinnern sollst, wie es nötig ist. Ich habe es damals jeden Tag getan, ich werde es immer noch tun, hast du mich verstanden? Nur musst du dich erinnern. Entweder bringst du mich hier und jetzt rum, oder du versuchst zu kapieren warum IRGENDETWAS in deinem Kopf nicht möchte, dass du mich angreifst.''
Während sie sprach, rollten ihr unzählige Tränen aus den Augen. Ihr Griff lockerte sich auch mit der Zeit, als würde sie mit jedem Wort schwächer werden. Und das wurde sie auch. Sie tat es sich schwer, auf den Beinen zu stehen. Als sie dann drohte, das Gleichgewicht zu verlieren, stützte ich sie. Und als sich berührte, durchfuhr mich ein Gefühl, dass ich nicht beschreiben konnte. Es war kein schlechtes Gefühl, es fühlte sich großartig an. Es machte sich in meinem Bauch breit, sorgte für eine Gänsehaut. 
Ich hörte sie winseln, wie ein kleines Kind. Und da legte sie ihre Arme um mich, als würde sie es jeden Tag tun. Als wäre das das schönste, was es für sie gibt. Sie krallte sich an mir fest, als würde es die letzte Umarmung sein, die sie jemals jemanden geben würde. 
''Erinner dich'', flüsterte sie. 

Cameron

Ich wollte ihn nicht loslassen, doch er drückte mich von sich weg. Als würde die Umarmung nichts bringen, als wäre es nichts. 
Er schaute mich für einen kurzen Moment an, und ein kleiner Funke Hoffnung machte sich bei mir auf. Doch dann kehrte er um und verließ das Haus einfach. Ohne zurück zu Blicken. Der Hund folgte ihm, als wäre er sein einziger Begleiter. 
''Bucky'', jammerte ich. Doch er reagierte nicht. Er war weg. 
Ich hockte mich nun einfach auf den Boden und starrte Löcher in die Luft. Die Stille war das einzige, was mir blieb. Ich konnte Bucky nicht aufhalten, nicht, wenn er es nicht wollte. Vielleicht war es schon viel zu Spät, vielleicht konnte er sich gar nicht mehr erinnern. Wie viel gehirnwäschen kann ein Hirn ertragen, bis es sich an gar nichts mehr erinnert? Oder bis es vielleicht einfach nur große Teile vergisst?
War ich komplett ausgelöscht?

Ich musste wohl eine ganze Weile dort gesessen haben, denn die anderen kamen wieder zurück, um nach mir zu schauen. Sie entdeckten die abgedeckte Sigyn auf dem Boden und dann mich vor der eingeschlagenen Badezimmertür. Steve kam zu mir, ging in die Knie und schaute mich an. 
''Was ist passiert?'', fragte er völlig verwundert. ''Wer war hier?''
Ich wollte den Namen aussprechen, ich wollte ihm sagen wer hier war. Doch sobald ich dabei war, zu sprechen, hatte ich das Gefühl ich würde bei einem einzigen Wort anfangen zu weinen. Der Kloß in meinem Hals verschwand nicht, und mir blieb der Atem weg, wenn ich reden wollte. Es war so schwer, ihn zurückzuhalten, es schmerzte beinahe. 
Ich schaute Steve nur an, nahm seine Hand und schüttelte den Kopf. Selbst das war zuviel, ich schaffte es nicht mehr, das alles zurückzuhalten. Ich fing an Jämmerlich zu weinen. Nie habe ich mich so schwach, so nutzlos gefühlt. Ich hatte nicht einmal mehr die Kraft aufzustehen. 
''Nein..'', flüsterte er und drückte meine Hand fest. ''Hör auf, wir kriegen das hin!''
Doch selbst er war Schwach. Man konnte solche worte nicht ernst nehmen, nicht in dieser Situation. Selbst Steve war geschockt, er wusste ganz genau, was ich meinte. Und selbst er war den Tränen nahen. Doch er war so stark, dass er sich zusammenreißen konnte. Er hob mich Häufchen Elend auf und trug mich auf seinen Armen. Den ganzen weg lang kümmerte er sich um mich, versuchte mich zu beruhigen. Selbst als ich versuchte, zu stehen, hob er mich wieder hoch. Er sagte mir, ich wäre zu Schwach. Angekommen am Wagen sagte er mir, dass ich mich hinlegen sollte. Ich hatte die ganze Rückbank für mich allein. Ich lehnte also meinen Rücken gegen die tür und machte meine Beine lang. 
Clint und Natasha hatten sich vorn auf den Dreisitz zu Steve gesetzt, der am Steuer saß. Keiner von ihnen schaute zu mir, sie wollten nicht, dass ich mich bemitleidet fühlte. Und das schätzte ich sehr. 
Die ganze Fahrt lang starrte ich aus dem Fenster. Es war mittlerweile wieder Dunkel geworden, und das machte mir wieder klar, wie lange ich alle hab warten lassen. 

''Er ist keine Gefahr'', murmelte ich. Steve schaute durch den Rückspiegel zu mir. 
''Die Tür war eingeschlagen'', antwortete er. 
''Ja, aber er hat nichts böses im Sinn, er hat keine Befehle, nichts. Ich glaube, seine Psyche ist nur angeschlagen. Und er erinnert sich nicht.''
''Okay'', sagte Steve. Aber es war kein einfaches Okay. Es war ein ''Okay, wir werden das wieder hinbekommen''- Okay. Das war das 'Okay', dass ich an Steve so sehr schätzte. Für einen kurzen Moment nahm er die Hand von der Gangschaltung und hielt stattdessen meine. 
''Wir haben das schon einmal hingekriegt. Du hast ihn gefunden, du hattest es geschafft. Wir schaffen das auch ein zweites mal.''
''Nicht, wenn er sich nicht wieder erinnern kann.''
''Dann lernt er dich wieder kennen. Ich denke nicht, dass er dich nur liebte, weil du soviel für ihn gegeben hast. Er liebt den Menschen, er liebt dich. Für alles, was du bist. Wenn er sich nicht mehr an dich erinnert, muss er dich neu kennenlernen.''
''Nein, was ist mit dir, Steve?''
Steve nahm seine Hand wieder weg und wagte es auch nicht, in den Rückspiegel zu schauen. Stattdessen gab er Gas und ignorierte meine Frage. 

Angekommen im Tower bekam ich noch mit, dass sie Loki und Narfi wegsperrten. Fürs erste sollten sie nicht aus Tonys und Bruce's selbstgebauten Zellen ausbrechen können. Alle versuchten sich um mich zu kümmern, doch ich wollte keine Aufmerksamkeit. Die würde mir Bucky auch nicht wieder bringen. 
In der Nacht legten sich dann die meisten schlafen. Clint, Natasha und Sam lagen noch auf der Couch und schauten sich einen Film an. Doch wirklich darauf konzentrieren konnten sie sich auch nicht, sie machten sich ebenfalls sorgen. 
Ich schlich mich in die Küche und nahm mir den Whiskey aus dem Schrank. Ich nahm sehr große Schlücke, und jedes mal brannte es im Abgang. Doch es war das einzige, was mich etwas ablenkte. Ich trank selten. Um ehrlich zu sein, trank ich aus Prinzip nie, wenn es mir nicht gut ging. Doch was hatte ich jetzt noch zu verlieren? Wenn Bucky seine Gedanken verlieren konnte, warum sollte ich das nicht für einige Stunden auch können?
Doch leider verlor ich nichts. Es wurde nur schlimmer. Ich hatte das Gefühl, ich würde in ein Loch fallen. Ich war so voller Wut, dass ich mich nicht mehr davon halten konnte, Loki einen besuch abzustatten. 
Also betrat ich den Raum, in dem die Zellen waren. Da ich zugang zu allen räumen hatte, war das kein Problem. 
Das Licht ging an, Loki und Narfis Blicke waren auf mich gerichtet. Ich hockte mich auf die Bank, die mir Sicht zu beiden Zellen gewährte. 

''Ich hoffe du leidest'', sprach ich leise. ''Ich hoffe du quälst dich durch jede Sekunde, die du noch lebst.''
''Ist da jemand traurig?'', fragte er und grinste mich an. Doch er schaute aufmerksam zu mir, während er auf seiner Bank lag. 
Ich holte aus und schmiss die Halbvolle Whiskeyflasche gegen Lokis Zelle. Doch sie zersprang, eine Pfütze aus Whiskey bildete sich. 
Ich stand auf und schlug mit der Faust gegen das Glas. Es tat mir weh, doch ich hatte das Gefühl, ich könnte so meine Wut abbauen. 

''Ich habe mich geirrt'', sagte ich. ''Du bist ein Monster, du besitzt keine Gefühle. Alles an was du denken kannst bist du, du verdienst jeden Schmerz, der dir zugefügt wurde!'' 
Und dann versagte meine Stimme, doch anstatt einfach nur zu weinen, schrie ich dabei. Ich schrie die ganze Wut raus und wurde trotzdem immer Zorniger. 

''Cameron'', murmelte Narfi. Ich schaute blitzartig zu ihm und merkte, wie er nah am Glas stand. Er sah besorgt aus. 
''Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ich euch hasse. Ihr verdient schmerz, den Schmerz, den ich spüre. Ihr habt mir das genommen, was für mich wertvoller war als die ganze Welt. Und das nur, weil ihr so einen drang dazu habt, über die Menschen zu herrschen.''

''Süß'', scherzte Loki. 
Da verlor ich die Kontrolle. Ich lief zum Schalter und versuchte, die Zelle für einen kurzen Augenblick zu öffnen. Als ich irgendwann den Code herausfand, rannte ich sofort zum Tor und trat in Lokis Zelle. Sofort schloss sich die Tür wieder. Ich bemerkte in dem Moment nicht, dass ich mich dort mit Loki eingesperrt hatte. 
Ich rannte auf ihn zu und boxte ihm ins Gesicht. Erst wehrte er sich nicht, doch dann schmiss er mich gegen die Glaswand. Ich stieß mir meinen Kopf und mir wurde für einen kurzen Moment schwindelig und sehr schlecht. 
Ich wollte aufstehen und ihn erneut schlagen, doch da hielt er nur meine Arme fest. Er drückte mich runter und dann bemerkte ich, dass er mich nur auf die Bank drückte. Als ich saß, stand er dort und schaute mich an. 

''Du bist Betrunken'', murmelte er. 
Ich fauchte ihn nur an, war so kurz davor wieder aufzustehen und weiter auf ihn einzuschlagen, auch wenn es im endeffekt nichts gebracht hätte. 

The Winter Soldier - Rise of MischiefNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ