|Kapitel 35 - Drei|

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»Welcher USB-Stick?«

Ein wissender Ausdruck schleicht sich in ihr Gesicht, während sich eine böse Vorahnung in mir ausbreitet. Das Atmen fällt mir auf einmal schwerer und eine Gänsehaut kriecht mir über den Rücken.

»Den, den ich mit sämtlichen Daten füttern musste, während du mit Blaine beschäftigt warst.«

»Das kann nicht ...« Ms Blaine unterbricht mich sofort.
»Doch. Sei ehrlich zu dir, was weißt du von ihm? Was hat er dir je aus freien Stücken erzählt?« Was? Ich starre sie ausdruckslos an, doch sie weiß es bereits und haucht: »Nichts. Du weißt nichts von ihm.« Genauso wenig, wie ich über Sie weiß.
»Lyra.« Es kostet mich alle Mühe nicht herumzufahren, als Ryan direkt neben mir auftaucht und in die Hocke geht. »Bist du mit ihr fertig?« Mir bleibt nur ein Sekundenbruchteil Zeit zu reagieren. Nur ein Wimpernschlag, um mich für eine Seite zu entscheiden. Woran erkennt man einen schlechten Menschen?

Ich hole mit meiner Waffe aus und Ms Bright sackt in sich zusammen.

»Fertig«, entgegne ich. »Was ist mit Blaine?« Ich glaube ein schiefes Grinsen unter seiner Maske zu sehen.
»Schläft tief und fest. Außerdem hat er sich in die Hose gemacht.« Ich sehe den dunklen Fleck von hier aus.
»Also weiter.« Er nickt.
Zügig verlassen wir den Raum, wobei wir sorgfältig darauf achten, die Tür hinter uns zu schließen. Manchmal können Sekunden Leben retten und bei dem flauen Gefühl in meiner Magengrube, können wir alle Zeit brauchen, die wir kriegen können.

Wir streben auf das spärlich ausgeleuchtete Treppenhaus zu und eilen zügig nach oben. Unsere Schritte klingen so laut, wie Pistolenschüsse. Bis zur elften Etage begegnen wir keiner Menschenseele. Alles liegt ruhig und verlassen vor uns. Selbst im Labor ist alles dunkel und die Krankenstation scheint nur im Notbetrieb zu laufen. Man könnte beinahe denken, wir seien die letzten beiden Menschen auf Erden. Wie als hätte Ryan meinen Gedankengang gehört, greift er nach hinten und nimmt meine Hand in seine. Ich will sie ihm zuerst entreißen, schaffe es aber nicht.

Am oberen Treppenabsatz angekommen, halten wir inne und zwingen uns dazu einen Moment zu verharren. Mein Herz klopft schmerzhaft gegen meinen Brustkorb, während ich tief ein und aus atme. Hinter der Tür scheint alles ruhig zu sein. Mehr lässt sich aber erst sagen, wenn wir drin sind. Ich überprüfe die Kamera und das Bedienfeld. Kein blinkendes Licht weit und breit.
»Zeit herauszufinden, ob Ms Bright ihren Job gut gemacht und niemand Verdacht geschöpfthat.« Wir ziehen unsere Waffen.

»Du und ich, Lyra. Wir gegen den Rest der Welt«, wispert Ryan, unmittelbar bevor er die entriegelte Tür aufreißt und ich ins Innere stürme. Die Entschlossenheit in seinen Augen werde ich nie vergessen. Woran erkennt man einen schlechten Menschen?

Alles ist beinahe unverändert. Ich sehe wieder nackten Beton und Stahl und rieche die ekelerregende Mischung aus Fäkalien, Blut und Schweiß. Auch die Käfige und die Sicherheitsschleuse sind noch immer an ihrem Platz. Der einzige Unterschied zu heute Mittag besteht darin, dass Pearson mir keine Knarre an den Hinterkopf hält und mir droht mich umzulegen, falls ich nicht abdrücke.
»Gesichert«, rufe ich Ryan über die Schulter aus zu. Er erwidert es knapp, was mir reicht, um zu den Käfigen zu sprinten.

Er ruft mir irgendetwas hinterher, doch das Rauschen in meinen Ohren ist zu laut, als dass ich ihn verstehen könnte. Schlitternd komme ich zum Stehen. Der erste Käfig ist zu meinem Entsetzen vollkommen leer. Als hätte der Mann nie existiert. Nackte Angst packt mich und ich schaffe es gerade noch, den zusammengerollten Körpern in den verbliebenen zwei Käfigen einen Blick zu schenken, dann reißt mich Ryan zu sich herum.
»Was soll das? Hast du den Verstand verloren?!«, knurrt er mich an. »Wir wissen nicht, wem oder was sie da eingesperrt haben. Wir wissen nicht mal, was das hier ist!«
»Eine verfluchte Folterkammer ist das hier«, zische ich ruppig zurück, in Gedanken bei den verbliebenen zwei Männern. Ich habe nicht ihre Gesichter gesehen. Sind sie tot? Bin ich zu spät? »Außerdem haben die nicht etwas eingesperrt, sondern unsere Kameraden!«

We are never SafeWhere stories live. Discover now