|Kapitel 8 - Sterben|

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»Farang? Ihr seid miteinander verwandt?«, haucht Valerian atemlos und scheint noch immer nicht ganz begreifen zu können, was ich ihm da anvertraut habe. Ich knirsche mit den Zähnen und entferne den Zopfgummi aus meinen Haaren, die in der letzten Stunde völlig durcheinander geraten sind. Wie ein Vorhang fallen mir die glatten Strähnen ins Gesicht, die ich genervt zurück streiche. Sie sind viel zu lang geworden.
»Ja, das ist alles, was wir gemeinsam haben. Und selbst das ist schon zu viel.«

»Lorcan möchte dich sehen«, erklärt Kenshin ohne große Umschweife, sobald wir vor ihm zum Stehen kommen und weist auf die Tür, »sofort.« Wie immer kann ich meinen Mentor nicht ganz einschätzen, doch in seinem ausdruckslosen Gesicht scheint ein Hauch Ärger zu liegen. Letzteres ist nicht verwunderlich, immerhin habe ich mir vielleicht gerade alle Chancen zum Überleben zu nichten gemacht.
»Ich nehme an, dass er nicht nur den aktuellen Lagebericht von mir hören möchte«, erwidere ich ernst und tausche einen wissenden Blick mit Valerian, der deutlich angespannt ist.

»Du steckst gewaltig in der Klemme. Svan ist etwa fünf Minuten vor euch aufgetaucht.« Scheiße!
»Natürlich, was auch sonst.«
»Wir müssen uns ebenfalls dringend unterhalten«, setzt Kenshin hinzu und sieht über meine Schulter zu dem Schwarzhaarigen. Ich nicke.
»Müssen wir. Ich habe Informationen zu Farang, die dich interessieren dürften.« Abgesehen davon, dass er abwartend eine Braue hebt, sieht man ihm sein Interesse nicht im geringsten an. Stattdessen erkundigt er sich nur:
»Wie schlimm ist es?« Ich zucke die Achseln und gehe an Lorcans Aufpassern vorbei. Valerian möchte mir folgen, wird aber aufgehalten.

»Du nicht. Befehl vom Boss«, knurrt einer der Wachen, sodass der grünäugige Mann mit mahlendem Kiefer stehen bleibt.
»Wir müssen mit dem schlimmsten rechnen«, antworte ich auf die vorher gestellte Frage meines Mentors und versuche mir nicht ansehen zu lassen, wie aufgewühlt ich innerlich bin. »Immerhin ist er mein Vater. Er ist zu allem fähig, wenn ich meiner Mutter glauben darf.« Ich stoße die Tür auf und trete zu Lorcan auf die Plattform. Ich schaue nicht zu Valerian zurück, der gerade erfahren hat, wer mein Vater ist. Es ist unbedeutend, wie er darauf reagiert. Wir sind nichts weiter als flüchtige Bekannte.

»... ich danke dir. Du kannst jetzt gehen«, verabschiedet Lorcan Svan in dem Moment, wo ich zu ihnen stoße. Kurz hält Svan inne, sieht mich eindringlich an, dann geht er wie befohlen und lässt uns allein. Die Tür fällt mit einem leisen Klicken ins Schloss und besiegelt meinen Untergang.

»Du wolltest mich sprechen?«, erkundige ich mich und wappne mich für Lorcans Wutausbruch, der zweifellos folgen wird.
»Was? Dieses Mal keine Entschuldigung?«, spottet der tätowierte Mann und erhebt sich von dem Stuhl, auf dem er eben noch gesessen hat. Funken sprühen, sobald sich unsere Blicke treffen, doch ich gebe nicht nach. Ich habe keine Angst vor diesem Mann. Nicht so lange ich noch ein Ass im Ärmel habe.
»Ich wüsste nicht für was.«

Lorcan lacht. Es ist ein schauriges Lachen, was dafür sorgt, dass sich die Härchen in meinem Nacken aufstellen.
»Sie weiß nicht für was. Lass mich deinem Gedächtnis etwas auf die Sprünge helfen, vielleicht erinnerst du dich ja dann an deine Fehler.« Noch ehe ich mich versehe, steht der Muskelprotz direkt vor mir und packt mich grob an den Haaren. Dann schleift er mich wieder das Podest herunter, wo sich bereits zwei Soldaten positioniert haben. Ich habe keine Ahnung seit wann sie dort stehen, sehe nur wie der eine ein quadratisches Gefäß mit Wasser füllt.

Lorcan stößt mich direkt davor, sodass seine nächsten Schritte eindeutig werden. Ich bleibe vor dem Wasserbehältnis sitzen und sehe mein eigenes verzerrtes Spiegelbild. Noch immer sieht man Spritzer von Blut auf meinen Wangen, da ich noch keine Möglichkeit hatte, mich zu säubern.
»Und? Willst du mir helfen das Blut abzuwaschen, oder was?«, provoziere ich ihn weiter und höre das unterdrückte Lachen von einem der Soldaten, während sich Lorcans Mund zu einem grausamen Lächeln verzieht.
»Na klar.«

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