|Kapitel 14 - Dunkelheit|

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Ich treibe in vollkommener Finsternis, die mich wie eine zähe Masse umgibt. Immer wenn ich mich versuche frei zukämpfen zieht sie mich tiefer in den Abgrund. Immer tiefer. Weit weg von den Schmerzen, weit weg von den Qualen und Ängsten. Ich schwebe im Nichts. So muss sich Frieden anfühlen.
Stille umgibt mich und erfüllt jede Faser meines Körpers. Ich atme tief durch. Entspanne mich und gleite immer weiter in die süße Dunkelheit hinab. Meine Gedanken verblassen. Lass das niemals enden.

Der Lichtkegel, der mich inmitten der Schwärze trifft, lässt mich unzufrieden brummen. Ich versuche mich wegzudrehen und mich vor dem Licht zu verschließen, doch umso mehr ich mich wehre, desto heller wird meine Umgebung. Schließlich explodiert das Licht in einem Meer aus schillernden Farben. Sie wirbeln wild um mich herum, verschwimmen dann zu einer einzigen grauen Masse, nur um sich dann ruckartig zu klären.
Ich sehe viele Menschen. Menschen ganz in weiß. Sie tummeln sich um ein kleines Mädchen, dessen Gesicht ich nicht sehen kann. Ich höre, wie es bitterlich weint und spüre ihre Verzweiflung, dann ändert sich die Szene.
Das nächste Bild scheint sich in einem Krankenhaus abzuspielen. Ich sehe einen Arzt und rieche die antiseptischen Mittel, mit denen die Oberflächen behandelt werden. Eine Frau schreit im Hintergrund. Sie klingt verzweifelt und alles färbt sich rot.

Mit der Röte kommt auch die Hitze. Sie schießt mir in die Knochen und versengt mir die Haut. Heiß. Viel zu Heiß.
Ich sehe Flammen. Es knistert und knackt. Wieder höre ich Schreie. Eine Hand auf meiner Schulter. »Du musst gehen! Sofort!« Tränen, die mir über die Wangen laufen. Panik. Dann verlässt mich die Hand. Sie nimmt die Hitze mit sich und das Licht kehrt zurück. Es blendet mich, wird gleißend, sodass ich schützend meinen Arm nach oben reißen will.
Dann falle ich. Der Boden rast unaufhaltsam auf mich zu.

Kurz bevor ich zerschelle schlage ich die Augen auf. Mein Herz rast wie wild und mein Atem geht so flach, als hätte ich gerade einen meilenweiten Sprint hinter mir. Mein ganzer Körper schmerzt, sodass es einige Sekunden braucht, bis ich meine Lage vollkommen erfasse. Das grelle Licht über mir ist auch eher hinderlich als hilfreich.
Ich liege auf dem blanken Boden, bin aber nicht gefesselt, was schon einmal gut ist. Vor mir erstreckt sich nach wie vor das leere Labor, doch eine Glasscheibe begrenzt meinen Bewegungsfreiraum. Sie haben mich in eine Glaszelle gesperrt! Als ich mich auf die Seite drehe, um das ganze Ausmaß des Glaskastens zu erfassen, zucke ich vor Schreck zusammen und schreie.

Der Echo neben mir kreischt mich wild an, sodass das Blut aus seinem Mund spritzt. Panisch suche ich nach meinem Schwert, doch das haben sie mir abgenommen. Ich bin vollkommen wehrlos, als der Echo mit seinen gespenstisch weißen Augäpfeln auf mich zuspringt. Er wird mich zerfleischen, schießt es mir durch den Kopf. Und es wird ihm gefallen.
Gerade als ich mein Ende gekommen sehe, prallt die Kratur an einer unsichtbaren Barriere ab, was sie noch wütender werden lässt. Fauchend kratzt und schlägt sie gegen die Plexiglasscheibe, die unsere beiden Zellen säuberlich voneinander trennt. Erleichtert lasse ich mich gegen die Wand sinken. Doch mir bleibt keine Zeit meine Gedanken zu ordnen.

»Du bist also endlich wach. Und deinen Zellennachbarn hast du auch schon kennengelernt.« Die schlanke Frau im Laborkittel vor meiner Zelle klingt ungerührt. Sie betrachtet mich als wäre ich nichts weiter als eine Made. Ihr blondes Haar hat sie zu einem strengen Dutt zurückgebunden, ihre Nägel sind blutrot. Sie sieht prüfend auf mich, dann zu dem wütendem Echo und schließlich auf ihre Armbanduhr. Dabei wandert ihre perfekt gezupfte Augenbraue immer höher. Sie notiert etwas auf dem Klemmbrett in ihrer Hand, sieht wieder zu mir und runzelte dann die Stirn. »Deine Medikamentition war viel höher, als ich angenommen hatte. Du hättest noch mindestens fünf weitere Stunden schlafen müssen.«

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