Kapitel 27 ❀ ma faute

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ALIÉNOR

Einige Tage, nachdem ich herausgefunden hatte, dass meine ältere Schwester Louis-Antoine mit Alexandre Fournier betrog und meine und Rafaels Beziehung wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt war, war ich trotz meines schlechten Gewissens einigermaßen beruhigt. Jedoch wusste ich nach wie vor nicht, wie ich über welches Problem urteilen sollte.

Charles war nun als rechtmäßiger Thronfolger meines Vaters zusammen mit Florentina zu Gunsten meiner Mutter nach Savoyen-Piemont gezogen. Seine Krönung zum Herzog sollte schon in zwei Wochen erfolgen. Flora hatte ich sogleich am Morgen nach den Festlichkeiten darüber informiert, dass Brienne diejenige war, die uns wohl belauschen lassen hatte.

Rafael war nach wie vor misstrauisch aufgrund des Kaisers und meiner Freundschaft, und ich zerbrach mir den Kopf. Denn ich hatte mich entschieden, ihn darüber aufzuklären, was in dem letzten Sommer geschehen war.

So würde ich mich befreiter fühlen, jedoch konnte Louis-Antoine sich selbst auf diese Art und Weise nicht von meiner Schwester trennen. Denn sie würde schließlich ansonsten alle über der Affäre aufklären; sie hatte ihn in der Hand. Abgesehen davon, dass es nicht sicher war, ob mir Rafael überhaupt vergeben könnte.

Wenn er es jedoch tat, existierte in mir dieses Unwohlsein, Rafael zu ehelichen, wenn ich noch Gefühle für Louis-Antoine hegte. Morgen schon würden wir wieder abreisen.

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Seufzend betrachtete ich den Rücken des Kaisers von Frankreich, nachdem ich ihn nach einem Spaziergang durch die Gänge den Schlosses in Briennes Gemach entdeckt hatte, wie er eine mit blauen Tulpe gestückte Vase begutachtete.

Schließlich fasste ich mir ein Herz und betrat den Raum, bevor ich mich räusperte. „Guten Tag, Majestät."

Er blinzelte unwillkürlich und zog seine Hand von der zierlichen Pflanze zurück, ehe er seinen Kopf zu mir drehte.

„Oh, Guten Tag." Der Anflug eines Lächeln huschte über seine Lippen, und ich merkte, wie mir das Blut in die Wangen schoss, obwohl er mich nur begrüßt hatte.
Um davon abzulenken, reckte ich meinen Kopf und nickte zu den Blumen in der wundervollen Vase hinüber. „Neue Tulpen?"

Nickend wandte er glücklicherweise den Blick von mir ab, um ihn auf die benannten Pflanzen zu legen. „Ich habe Eurer Schwester diese Blumen heute morgen zukommen lassen. Zwar werden wir morgen wieder in Versailles sein, doch sie wollte sie trotzdem."

Vorsichtig trat ich etwas näher heran und betrachtete die zärtlichen Blüten, sodass wir nun nebeneinander standen. „Sie ist tatsächlich schon verrückt nach ihnen."

Louis-Antoine blieb stumm, sodass eine unerträgliche Stille zwischen uns beiden herrschte. Obwohl ich inzwischen bei ihm war, war ich zu angespannt, um ein einigermaßen vernünftiges Gespräch einzuleiten. Ich kam mir bereits wie Flora vor, als sie Charles das erste mal getroffen hatte.
Und was hatte ich ihr in ihre Unsicherheit geraten? Ich sagte zu ihr, sie solle sich locker machen und nicht so viel nachdenken, da man bei meinem Bruder nichts falsches sagen konnte.

„Ich wollte mit Euch über etwas reden", sagte ich also, nachdem ich mir einen Ruck gegeben hatte. „Es betrifft unsere beiden Verlobten."

Zwar runzelte Louis-Antoine die Stirn, doch sagte nach wie vor nichts dazu. „Ich weiß, dass meine Schwester Euch besticht, Majestät."

PRINCESS OF TULIPS  ᵗᵉⁱˡ ᶻʷᵉⁱWhere stories live. Discover now